Elfriede Jelinek: „Angabe der Person“

Elfriede Jelinek: "Angabe der Person"
Kommunikativ schweigen und doch schreiben …

Die Texte von Elfriede Jelinek changieren stets zwischen den Sprachwelten. Sie setzen sich aus Zitaten, Pastiches, aus den verschiedensten Quellen zusammen. Die Schreibende nimmt alles auf, hört Radio, sieht fern, liest Zeitung, Bücher, Theaterstücke, um sich Stichwörter geben zu lassen, mithilfe derer sie improvisierend, paraphrasierend den Rahmen ihrer Gesamtkonzeption füllt. Die Massenmedien taugen als Delphisches Orakel und fungieren wie das Soufflieren im Theater. Konsequenterweise verwirklicht ein solches Schreiben keine hermetische, zeitenthobene Form. Alles bleibt und wird Kommentar. Ob dieser sich als Theaterstück, Blogbeitrag oder Roman realisiert, erscheint nebensächlich. Elfriede Jelinek bricht also kein Schweigen, wenn sie nach 22-jähriger Abstinenz wieder einmal einen verlagsvertriebenen Roman vorlegt, denn auch ohne Roman gab es in dieser Zeit viel von ihr zu hören und zu lesen, bspw. im Theater oder auf ihrem Blog. In Angabe der Person greift sie nun nach langer Zeit wieder zur Prosaform:

Der eine Satz weiß nicht, was der andre zu bedeuten hat, sie hören nicht auf mich, sie hören nicht, was ich sage, sie fühlen nicht, was ich höre, die blöden Sätze, nein, umgekehrt, sie hören nicht, was ich fühle, sie sagen etwas, sie sagen etwas dagegen, doch was sie von mir wollen, das sagen sie nicht, das wissen sie.

Elfriede Jelinek aus: „Angabe der Person“
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Damon Galgut: „Das Versprechen“

Eigentümlich hoffnungsvoll … Booker-Preis 2021.

Mehrere Romane in den Bestsellerlisten dieses Jahres behandeln die emotionalen, politischen, psychologischen Hinterlassenschaften der kolonialen Gewaltherrschaft. In „Das verlorene Paradies“ von Adulrazak Gurnah geht es um Tansania, um den Lebensweg eines kleinen Jungen zwischen preußischem Militär und chaotischer Häuptlingsregentschaft; in „Die Rache ist mein“ von Marie NDiaye unter anderem um die Problematik einer Flüchtlingsfamilie aus Mauritius im Gegenwartsfrankreich. In Leïla Slimanis „Das Land der Anderen“ wird die Geschichte einer Französin in Marokko erzählt und deren gewaltsame Initiation in die dort herrschende Kultur, und in „Schicksal“ beschreibt Zeruya Shalev die Ereignisse in den ersten Jahren des neugegründeten Staates Israel, das Leben, Weiterleben, Fortleben von Terror und Freiheitskampf. Damon Galguts Roman „Das Versprechen“, diesjähriger Booker-Prize Gewinner, lässt das Augenmerk auf die Südhalbkugel wandern, weit über den Mittelmeerraum hinaus auf Südafrika, Pretoria, und erzählt die Geschichte der Familie Swarts.

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