Judith Hermann: „Wir hätten uns alles gesagt“

Wir hätten uns alles gesagt
Mit Prosa gegen Prosa … Spiegel Belletristik-Bestseller 14/2023.

Judith Hermanns Texte drücken vor allem ein Lebensgefühl aus, eine Stimmung. Sie besitzen eine gewisse Melodie, Rhythmik, eine Unnahbarkeit, die hermetischen Gedichten eignet. Das Medium Prosa, in welchem sich Hermann bewegt, erscheint nur als Projektionsfläche der Gedichte, die sie umschreibt, wenn sie schreibt, als noch nicht geschriebene. In Wir hätten uns alles gesagt erweitert sie diese Form auf die Poetikreflexion. Sie fasst ihre Frankfurter Poetik-Vorlesungen erzählerisch, anhand von Motiven und Figuren zusammen, und distanziert sich zugleich vom Sinn- und Bedeutungsgehalt des Schreibens, Sagens, Theoretisierens komplett:

Ich versuchte zu sagen, dass ich am Ende einer Mutmaßung angelangt sei, zunächst nicht mehr weiterwisse, aber ich kam nicht auf den Punkt, und letztlich war es mir da auch schon gleichgültig, ob er mich verstand oder nicht, ob ich ausdrücken konnte, was ich ausdrücken wollte, oder ob ich und die Worte versagten. Es war egal.

Judith Hermann aus: “Wir hätten uns alles gesagt”
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