Joshua Groß: „Prana Extrem“

Prana Extrem von Joshua Groß … Shortlist des Leipziger Buchmessepreises (2023).

Erweckungsliteratur entspringt dem Bedürfnis, einer ersehnten und erlangten Form des Bewusstseins Öffentlichkeit zu verschaffen. Sie entstammt meist mythischen, politischen oder esoterischen Inspirationen. Werden sie institutionell gebündelt, also zu einer Religion gefasst, heißt diese Form des Textes Erbauungsliteratur und hat die Literaturgeschichte seit je begleitet. Literarisch und konfessionell divergente Formen subsumieren sich neuerding unter dem Begriff des New Age und verbindet so unterschiedliche Schriftsteller wie Robert M. Pirsigs Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten mit Hunter S. Thompsons Angst und Schrecken in Las Vegas, Carlos Castanedas Die Kunst des Pirschens oder, bis hin zu Vertretern der Gegenwartsliteratur, mit Paulo Coelhos Der Alchimist und eben Joshua Groß‘ Prana Extrem:

Es gibt einen Ort für uns. Wir erschaffen ihn gemeinsam, durch unsere Offenheit und durch unseren Hustle, durch unseren Humor und durch die wahnwitzigen und wunderbaren Wiederholungen. Wir kontaminieren uns gegenseitig, immerzu; es ist eine Verunreinigung, die elektrisierend ist, weil sie aus unseren Gedanken, unseren Körperflüssigkeiten und unserem Lachen besteht. Wir befinden uns in einem subatomaren Zueinanderfinden; ein Zueinanderfinden, in dem wir beide luxurieren als zwei.

Joshua Groß aus: „Prana Extrem“

Inhalt/Plot:

In Prana Extrem heißt die Hauptfigur Joshua. Der Roman beginnt mit seinem Aufenthalt in Innsbruck. Seiner Freundin Lisa wurde nämlich ein Tiroler Stipendium als Stadtschreiberin von Hall zugesprochen, und da er sein Geld mit dem Schreiben von Fan-Fiction verdient, kann er sie begleiten. In Innsbruck lernt er bei einem Besuch der Bergiselschanze den Jung-Skispringer Michael Stienig kennen, der kurz vor seinem Durchbruch als Profisportler steht. Er lädt ihn zu einem Joint ein, den sie beide dann mit Blick auf das Bergpanorama des Karwendelgebirges und mit der Bergiselschanze im Rücken rauchen:

Also stellten wir uns gemeinsam draußen in die Sonne, stützten uns aufs Geländer und schauten schweigend die Schanze an; die Höhenangst fickte mir kurz das Gehirn weg.
Ist das nicht geistesgestört, da runterzuspringen?, fragte ich.
Irgendwie schon, antwortete er, aber es ist halt auch immer dasselbe, also wirklich fast dasselbe. Die vielen Tausend Sprünge, die man macht, sind fast nur ein einziger Sprung, aber jedes Mal wird es unmerklich intensiver.

Michael lädt Joshua daraufhin zu sich nach Kurbruck ein, wo er von seiner Schwester Johanna, die auch gerne Marihuana raucht, auf der dortigen Mattenschanze saisonvorbereitend trainiert wird. Bei dem Besuch trifft Joshua dort auf eine überraschend lebendige Flora und Fauna- Insbesondere übergroße Libellen, die umherschwirren, fallen ihm auf. Joshua und Johanna verstehen sich derweil so gut, dass diese ihn und Lisa kurzerhand dazu einlädt, mit ihnen zusammen im Haus der Eltern zu wohnen, solange es noch freisteht und an Touristen weiter vermieten worden ist. Am ersten gemeinsamen Abend brummt Johannas Smartphone, weil ihre Partnerin Karina, eine Astronautin auf der ISS, der Internationalen Space-Station, kurzzeitig über Tirol hinweg schwebt:

Die Berge waren fast unsichtbar, über den fernen, schwarz gezackten Kämmen konnten wir das Universum erahnen, weil es etwas blasser war oder unnahbarer, und weil sich die verschiedenen Materialitäten oder Entfernungen zumindest in der Wahrnehmung, die über die Hautporen ins Innere dringt, voneinander unterscheiden ließen. Johanna zeigte nach oben, auf einen Lichtpunkt, der sich über den Himmel bewegte. Das ist die ISS, sagte sie, ich bekomme Pushnachrichten, wenn sie sichtbar ist.

Hauptaugenmerk liegt aber weniger auf Astrophysik und Weltraumfahrt als auf der Skisprungentwicklung Michaels, der zwischen den Erwartungen und Vorgaben des Vaters und den Plänen seiner Schwester hin und her gerissen wird. Er setzt alles auf den Erfolg als Profisportler. Seine Schwester, die wegen einer Verletzung schon früh den Traum von einer Karriere an der Wintersportweltspitze aufgeben musste, hilft ihm, sich psychisch und physisch darauf einzustellen. Sie hat hierfür eine ganz eigene Methode, gänzlich unabhängig vom Skiverband, vor Augen:

Die wollen, dass ich die Juniorinnen komplett coache, sagte Johanna, aber ich habe keine Lust darauf, zumindest gerade. Ich will am liebsten eh nur kiffen. Michi wird bestimmt in den nächsten Jahren den Weltcup gewinnen. Ich muss nur drauf achten, dass er nicht abdriftet. Das ist gut, wenn man drüber nachdenkt, dass es meine Arbeit ist. Und wenn so Geld in die Familie reinkommt, dann habe ich eh auch was davon.

Bald darauf stößt auch Karina zu den Freunden und den beiden Geschwistern, und auch noch die kleine Tilde, die Nichte Johannas, da ihre Mutter Elena wegen eines Paintball-Trainingslagers in einem Militärcamp in Ungarn keine Zeit für sie hat. Das Szenario wird von der steinreichen Suzet komplettiert, die Oma von Joshua, die früher von ihrer Weltreise nach Mitteleuropa zurückgekehrt ist, nachdem ihr totkranker Lebenspartner in Los Angeles gestorben ist:  

Dann sagte Suzet: Weißt du, er starb in einem voll verglasten Wolkenkratzer in Los Angeles, im neunzehnten Geschoss einer Privatklinik, während er auf den Pazifik schaute. Dieser fieberhafte, gleißende, überwältigende Ausblick, mit diesen Wellenlinien, die über die brüchige Fläche geschoben wurden. Er hat so schnell abgebaut zuletzt, körperlich, aber er behielt seine gute Laune. Er wusste, was kommen würde. Ich meine, deswegen befanden wir uns ja auch in diesem schrecklich klimatisierten Zimmer.

Der Plot um Michaels Profikarriere erhält ein paar Höhen und Tiefen bis zum Finale, dazwischen feiert Joshua noch seinen dreißigsten Geburtstag in der Nähe von Nürnberg, zieht zu Lisa nach Braunschweig, und erhält von seinen Freunden als Geburtstagsgeschenk einen tonnenschweren Asteroiden, den diese aus dem Museum gestohlen haben und auf den der Künstler Ignar Drugh für seine nächste Ausstellung und Kunstperformance scharf ist. Ignar Drugh soll Suzet aufheitern, zumal dieser ebenfalls seine große Liebe, seine Lebenspartnerin Gertrude Rhoxus, vor ein paar Jahren verloren hat, eine Schriftstellerin, die Joshua gerne liest:

Überall standen sie herum. Auch das wenige Getreide wurde geerntet, sodass ich oft gelbliche Dunstwolken sehen konnte, die eigentlich unbeweglich herumwaberten. Mähdrescher verschwanden darin, Mähdrescher tauchten wieder auf. Heuballen wurden gestapelt und mit rosa Plastik umhüllt. Ich setzte mich gerne auf die knisternden Heuballen, um Gertrude Rhoxus zu lesen; umringt von Bergmassiven, von brütenden Steinwänden, von schreienden Felsen. Vielleicht lag das Geheimnis von Cam’rons Voraussage gerade darin, dass nichts passieren würde, gar nichts – die langen, heißen Sommer selbst waren die Bedrohung. Ein Rave für Ektotherme.

Am Ende jobbt Joshua für eine Dinosaurier-Ausstellung, die Pleite geht. Michael schafft seinen Durchbruch, und die Welt erscheint für einen kurzen Moment ziemlich in Ordnung, wäre nicht das ganze normale andere existenzielle Desaster:

Ich positionierte Tageslichtlampen und Zimmerpflanzen um meinen Schreibtisch herum. Wann würde sich die Kontraktion lösen, die uns heimgesucht hatte? Wann würden wir anerkennen, in unserer ekelhaften Gepanzertheit, dass die Psychose nicht im Dunkelflug lauerte, sondern in uns selbst? Was sollte aus der Überlagerung von Raumzeiten werden, was aus der Aufsplitterung, was aus den Knotenpunkten? Ich saß kiffend auf meinem ergonomischen Bürostuhl und hatte Visionen davon, wie sich die Vernunft verfremdete.

Als Plot ergibt sich eine Mélange aus harmonischer Künstlerbeziehungsbeschreibung, Trauerarbeit, ein Museumsdiebstahl, Drogenpartys und Profiskisprung-Intrigen voller Cocktails, Lollipops, Rauschzuständen und großzügig ausgestatteten Kunststipendien. Die psychedelischen Farben des Covers bereiteten auf den Inhalt von Prana Extrem gut vor.

Stil/Sprache/Form:

Prana Extrem zeichnet vor allem ein sehr friedlicher Ton aus. Die Hauptfigur bleibt gelassen. Sie beschreibt, sehr entrückt, sehr entzerrt und urteilsfrei die Welt um sie herum. Sie driftet auf einer Luftmatratze auf dem Swimmingpool, schaut sich die Reflexionen auf dem Wasser an, genießt das Sonnenlicht in den Hautporen, verfolgt bläulich schimmernde Libellen und möchte eins mit dem Kosmos, eins mit Lisa, eins mit allem Guten und Schönen sein. Joshua Groß‘ Sprache imitiert den Moment des Schwebens beim Skispringen, der kurze Augenblick der Schwerelosigkeit, wenn sich aufwärtstreibende kinetische Kräfte und die abwärtsziehende Erdanziehungsbeschleunigung kompensieren:

Ich schaute ins Tal, wobei ich mich darum bemühte, dass sich die Bewegungen um mich herum verlangsamten; die Ausbreitung des Universums, die Kollision von Galaxien, implodierende Sterne, die Erdrotation, das Verblassen der Kondensstreifen am Himmel, die Bewegung der Wellen im Pool, das Schmelzen der Eiswürfel, das Weiterwachsen meiner Fingernägel, der Zerfall meiner Zellen.

Deutlich wird auch ein enorm gesteigertes Körperbewusstsein. Jedes Follikel, jede Pore, Haarwurzel, jeder einzelne Zahn und Zeh, jedes Atmungsmoment steht für sich, vereinzelt dar, wird problematisch, gefährlich, bedroht von einer Umwelt, die unzuträglich für sie, für Joshua, für seine Existenz ist. Joshua repräsentiert einen Geist, der sich von der Materie befreien möchte, von der Angst vor den Zerfallsprozessen, der sich zurückziehen möchte in das Flair und die Virtualität reinster schwebender Imagination. Die Erzählinstanz empfindet so bereits den Sonnenschein als „brachial“ und „radikal“ und mit der schweren, vollen Materialität der Berge vermag er nichts anzufangen:

[Ignar Drugh] streckte dem Meteoriten seine offenen Handflächen entgegen. Kurz flatterten seine Augenlider. Melierte, fluoreszierende Stoppeln sprossen dicht von seinem Kinn weg. Ich selbst lehnte währenddessen an der kühlen Wand und betrachtete den Meteoriten. Dabei lächelte ich. Minuten vergingen. Ich versprühte Raumspray. Allmählich vergaß ich die ballernde Sonne draußen, allmählich vergaß ich die bestialischen Berge. Die Hände von Ignar Drugh vibrierten.

Prana Extrem wirkt zeitweise wie ein Prosagedicht. Die farbigen, dichten, melodiösen Sätze zittern, flirren, schweben in einem bedeutungsschwangeren Raum, ohne sich festigen zu können, ohne es zu wollen. Die Worte kleben nicht aneinander. Sie berühren sich kaum. Groß beschreibt impressionistisch, sensualistisch, mit mikroskopischer Akribie die Welt um sich herum. Zusammenhänge gibt es kaum noch. Im Grunde bedürfen alle Einzelteile der rettenden Hand, der Loslösung vom Krampf, für die der Skisprung steht:

Und ich [sagt Johanna] glaube, man kann dagegen nur ankommen, indem man eine fortlaufende Verflüssigung anstrebt. Prana muss ungehindert zwischen Scheitelpunkt und Beckenboden fließen.
Was?, fragte ich.
Das hat mit Skispringen überhaupt nichts zu tun, antwortete Johanna.
Na ja, sagte ich.
Es geht eher darum, die feinstofflichen Energiekanäle zu steuern, sagte Johanna, damit das Springen zu einer über den Scheitelpunkt hinausweisenden Transzendenzerfahrung werden kann. Pranamuskulatur. Michael soll lernen, jeden Muskel zu kontrollieren, jede Faser eigentlich. Damit es nicht zu Verspannungen kommen kann.

Lange und kurze Sätze fügen sich nahtlos ineinander. Orte und Zeiten wechseln, verschwimmen. Die Erzählinstanz besitzt ein poröses, extensives, wenig dichtes Dasein. Sie fließt. Sie breitet sich über die Welt aus. Sie will mit Schwere, Trägheit, mit Abläufen und Zusammenhängen nichts zu tun haben. Sie radikalisiert das synkopische Moment des Solipsismus zum Erotomanen und löst eine ganze Welt in Rausch und Bausch, ohne zu zögern, auf, um allen Widersprüchen und Ängsten zuvorzukommen.

Der Fakt, dass ich überhaupt dazu fähig war, meine rechte Hand für vierzehn Stunden ins [fließende] Wasser zu halten [um den Fingernägeln die Scharfkantigkeit zu nehmen], zeigt zumindest, welches Zeitempfinden das meine war, während der Juni zu Ende ging. Manchmal musste ich Auftragstexte schreiben, das will ich nicht unterschlagen, aber es hinderte mich nicht daran, geleeig zu sein.

Die Erzählweise ahmt eine in impressionistischer Diffusion begriffene Erzählinstanz nach, die „schlurcht“, nicht schreitet und poetisch ihre Wurzel klar in der Lyrik eines Hugo von Hofmannsthal findet, bspw. aus seinem Gedicht Für mich (1890):

Der Rausch ist süß, den Geistertrank entflammt,
Und süß ist die Erschlaffung auch, die weiche.
So tiefe Welten tun sich oft mir auf,
Daß ich drein glanzgeblendet, zögernd schleiche,
Und einen goldnen Reigen schlingt um mich
Das längst Gewohnte, das alltäglich Gleiche.
Hugo von Hofmannsthal aus: „Gedichte“

Hugo von Hofmannsthal aus: „Gedichte“

Kommunikativ-literarisches Resümee:

Joshua Groß‘ Stil und Erzählweise stehen in der Gegenwartsliteratur sehr für sich. Er thematisiert kaum Politisches. Er verwendet keine Beziehungsprobleme mit den Eltern als Aufhänger. Er arbeitet weder die Vergangenheit noch die mögliche Zukunft auf. Seine Prosa liest sich als Rausch, als New-Age-Trip, der durch die Zeiten, Weltdimensionen, Bedeutungsmaterialitäten schweift. Henri Michaux nennt so etwas Turbulenzen im Unendlichen oder Unselige Wunder, die sich bei diesem aus dem experimentierfreudigen Meskalinkonsum ergeben:

Einsam wie ein Schiffbrüchiger auf einer Insel, war [das Wort] mein ein und alles, aber auch der wildbewegte Ozean, aus dem es gerade auftauchte und den es dem Schiffbrüchigen, der ich ja gleichfalls war, einsam und Widerstand leistend im Scheitern, in Erinnerung rief. Bekleckst von Helligkeiten, taumelte ich im ungeheuren Butterfaß aus Lichtem trunken und hingerissen voran, nie zurück.

Henri Michaux aus: „Unselige Wunder“

Der Drogenkonsum bleibt auf jeder Seite zentral für die Erzählweise von Groß. Die Drogen entfremden, aber befreien auch. Sie steigern das Körpergefühl, indem die Sinneswelt fortwährend dissoziiert wird, so dass auch das Miteinander mehr ein Voreinander wird, was deutlich in Prana Extrem in der Weise zu erkennen ist, wie Lisa und Joshua am Weihnachtsmorgen Sex miteinander haben:

Am Weihnachtsmorgen setzten Lisa und ich uns einander gegenüber, auf eine Wolldecke. Wir waren nackt. Wir befriedigten uns jeweils selbst. Dabei schauten wir uns ununterbrochen an. Lisa sprach, während sie kam, aber ich konnte nichts davon verstehen. Sie sprach leise und entrückt. Ich wischte mir Sperma von meiner Handfläche, sorgfältig, mit einem endorphinierten Weltraumgefühl im Körper.

Die Kluft zwischen den Menschen scheint überbrückbar nur im Drogenrausch, in der körperlichen Widerspiegelung des eigenen Begehren. Nähe, schon gar sprachliche wie sie in Niklas Luhmanns Liebe als Passion deutlich wird, wird gar nicht mehr angestrebt. Die Kohärenz fehlt. Wörter schneiden das Weltall lediglich in wahr und falsch auseinander. Groß schreibt dagegen an, getrieben, getragen vom Freudschen ozeanischen Gefühl. Vor diesem Hintergrund erscheint Prana Extrem als kulturell deeskalierte Variante bekannter Drogenbücher wie die erwähnten von Henri Michaux und Hunter S. Thompson oder Aldous Huxley in Die Pforten der Wahrnehmung. Die Sinne entriegeln wird nicht mehr ästhetisch angestrebt wie noch im Surrealismus. Kunst gerät zum Medium der Selbstbespiegelung der eigenen Entsagung, dem allgegenwärtigen Gewaltzusammenhang zu entfliehen, quasi die säkularisiert Drogen-induzierte Variante von Theodor W. Adornos Utopie in Minima Moralia, ausgesprochen im Aphorismus Sur l‘eau:

Genuß selber würde [vom Versuch der Not zu entgehen] berührt, so wie sein gegenwärtiges Schema von der Betriebsamkeit, dem Planen, seinen Willen Haben, Unterjochen nicht getrennt werden kann. Rien faire comme une bête, auf dem Wasser liegen und friedlich in den Himmel schauen, »sein, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und Erfüllung« könnte an Stelle von Prozeß, Tun, Erfüllen treten und so wahrhaft das Versprechen der dialektischen Logik einlösen, in ihren Ursprung zu münden.

Theodor W. Adorno aus: „Minima Moralia“

Dieser Stimmung kommt Joshua Groß nahe. Am Ende jedoch zerfällt alles ins Nichts. Da helfen keine Meteoriten und keine Drogen, die haben nämlich jeder Handlung bereits Grund und Boden entzogen. Den freien Fall ins Nichts hält kein Trost mehr auf, oder mit den Worten von Ignar Drugh in Prana Extrem zu sagen, nachdem seine Geliebte gestorben ist:

Und ich denke, in subatomaren Sphären ist Gertrudes Existenz noch immer spürbar. Sie ist immer noch hier, ihre Nachwärme. Mir wurde mal gesagt, wir sollten Meteoriten sein, ohne zu verglühen. Aber ich schätze, das ist unmöglich.

Ob von der Unmöglichkeit auch die subatomaren Sphären seiner Geliebten betroffen sind, bleibt unklar. Friedlich dem Wärmetod entgegenstreben, scheint die Devise der poetischen Resignation von Prana Extrem, denn so richtig wichtig und verständlich ist eigentlich nämlich nichts. Ein entschieden unentschiedener Trip.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Nächste Woche am 12. Dezember 2023 auf Kommunikatives Lesen:
Bespreche ich Kruso vom diesjährigen Georg-Büchner-Preisträger Lutz Seiler.

Eine Kurzversion der Besprechung und noch andere aktuelle Kurzrezensionen findet sich vorab bereits hier

6 Antworten auf „Joshua Groß: „Prana Extrem““

  1. Das klingt wie ein Drogentrip (wie das, was ich mir darunter vorstelle 😉), nicht ganz in der Welt, alles etwas neblig. Bücher, die mich erfreuen, haben meist eine weniger zerfließende Struktur, etwas knackigere Entwicklungen. Das ist, was ich deiner interessanten Lesebeschreibung entnehme, lieber Alexander, ohne dass ich dieses Buch gelesen hätte. Es lockt mich nicht sehr dazu.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Ich würde sagen, in diesem speziellen Fall, handelt es sich tatsächlich um einen maßgeblichen Einblick in eine Generation, die mir fremd geblieben ist, bislang. Joshua Groß‘ Stil zeigt etwas sehr Neues an – er befindet sich jenseits von vielen typischen Konflikten und strahlt mit seiner Selbstbeschau Frieden aus. Da gibt es einen sehr mysteriösen, pixelhaften Kosmos, etwas, was ich vielleicht gar nicht so recht nachempfinden kann, und diese Art der Bücher faszinieren auch auf längere Hinsicht. Ich bin dieses Mal eher geneigt, eine Leseempfehlung auszusprechen. Hier handelt es sich um etwas ganz anderes und neues – vielleicht. Ich muss da vielleicht auch noch mal ein weiteres Buch von diesem Groß lesen. Danke für den Feedback, liebe Ule, und herzliche Grüße in die Adventszeit!

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