Anne Weber: „Annette, ein Heldinnenepos“

Annette, ein Heldinnenepos … Deutscher Buchpreis 2020

Im Zuge des explorierenden Lesens gehe ich, bislang, unregelmäßig die Buchpreistitel der letzten Jahren durch. Eine Übersicht der bereits gelesenen Titel findet sich hier. Nach Echtzeitalter von Tonio Schachinger, Blutbuch von Kim de l’Horizon und Antje Ravik Strubels Blaue Frau befinde ich mich nun im Jahr 2020: Anne Weber erhielt den Deutschen Buchpreis für Annette, ein Heldinnenepos:

Anne Beaumanoir ist einer ihrer Namen.
Es gibt sie, ja, es gibt sie auch woanders als auf
diesen Seiten, und zwar in Dieulefit, auf Deutsch
Gott-hats-gemacht, im Süden Frankreichs.
Sie glaubt nicht an Gott, aber er an sie.
Falls es ihn gibt, so hat er sie gemacht.

Anne Weber aus: „Annette, ein Heldinnenepos“

Inhalt/Plot:

In Annette, ein Heldinnenepos beschreibt Anne Weber die ersten vier Jahrzehnte des Lebens von besagter Anne Beaumanoir, die laut Erzählinstanz von allen Annette genannt wird. Sie wächst unter ärmlichen Verhältnissen als Tochter einer Fußfischerin, ihre Mémère auf, die ihrerseits aus einer besitzlosen Bauernfamilie stammt, die keine Zeit und keinen Raum für Zärtlichkeiten, Wärme und Empathie entwickeln konnte. Die Familie väterlicherseits spricht sich gegen eine Verbindung mit dieser Bauernfamilie aus, aber Annettes Eltern, bereits in jungen Jahren rebellisch, lassen sich nichts vorschreiben:

Zu diesem Zeitpunkt
sind [Annettes Eltern] fast noch Kinder, nicht volljährig
nach dem Gesetz und ohne elterliche Zustimmung
zur Heirat unfähig, so dass Annette ganz wie in einem
Märchen – einem bretonischen – im armen
Fischerhäuschen von Großmutter eins und
außerhalb der Ehe, aber nicht außerhalb der Liebe
geboren und vorläufig in kein Geburtsregister
eingetragen wird.

Von Anfang an also begleitet Annette ein Bewusstsein für Unterdrückung und Deklassierung, aber auch von Willensstärke, Empathie und Liebe. Jean und Petite Marthe, Vater und Mutter, halten zueinander und gehen durch dick und dünn. Annette lernt eifrig in der Schule und unterrichtet ihre Großmutter gleich mit und zieht 1936 mit dreizehn Jahren zusammen mit ihren Eltern nach Dinan. Sie betreiben dort ein Café-Restaurant und helfen geflüchteten Spanierinnen, denn der Spanische Bürgerkrieg hat bereits begonnen, seine Opfer zu fordern. Von der Lektüre von André Malraux‘ La condition humaine hingerissen, beschließt Annette politisch zu werden:

Annette ist Pazifistin, bis sie mit fünfzehn
lieber Terroristin werden will. Ihr hat es
Ch’en, eine der Hauptfiguren aus Malraux’
‚La condition humaine‘ angetan, der ’27 in Shanghai
während eines Aufstands von Arbeitern und Kommunisten
über den Mord zum Selbstmordanschlag kam.
[… Es geht] um die ‚exaltation‘,
das Mitgerissen-Sein und das Gefühl, für eine
Kausa einen Zweck ein Ideal sein Leben / hingeben zu müssen.

Der Zweite Weltkrieg beginnt und mit ihr Annettes Tätigkeit im Widerstand. Sie beginnt ein Studium der Medizin in Rennes, liest viel Malraux und entschließt sich, der Kommunistischen Partei beizutreten und nach Paris zu ziehen. Sie trifft dort auf den Jung-Kommunisten Roland, mit dem sie zusammen eine jüdische Familie vor dem sicheren Tod rettet. Annettes Eltern helfen ihnen, während Roland und Annette für ihre spontane Rettungsaktion von der Kommunistischen Partei bestraft und nach Lyon zwangsversetzt werden. Dort müssen sie sich 1944 aus organisationstechnischen Gründen trennen und werden sich nie wiedersehen:

Sie trennen sich. Wie/ soll das gehn? Es geht. Haben sie beide was, was
ihnen lieber ist als Liebe? So denken sie in diesen
Augenblicken nicht, aber sie handeln so und darum
stimmt es. Sie trennen sich in Lyon im Parc de la
Tête d’Or unter einem Baum der Gattung charme ,
Carminus, Hainbuche, was vielleicht nicht von
carmen kommt, aber doch nebenbei noch Charme
und Zauber heißt. Sie sehn sich unter diesem Baum
zum letzten Mal.

Roland stirbt in den Händen eines Lynchmobs. Annette überlebt. Die Alliierten gewinnen den Krieg, und sie übt weiterhin Tätigkeiten im Sinne der Partei aus, dient als Richterin in Kollaborationsgerichten und kehrt zu ihren Eltern zurück, um das Medizinstudium wiederaufzunehmen. Die Gewöhnung an die Normalität gelingt aber nicht, und Annette heiratet einen Widerstandskämpfer, der nach Vietnam reisen will. Die Ehe platzt aber wegen politischen Unvereinbarkeiten. Sie bleibt in Marseille zurück, weigert sich schließlich, der Kommunistischen Partei zu gehorchen und eine befreundete Familie auszuspionieren, und schließt ihr Medizinstudium ab, bevor sie 1956 im Alter von 23 Jahren Joseph Roger heiratet, einen Mediziner und aus gutbürgerlichem Hause, aber ebenfalls Kommunist.

Kommunist also, Résistant und dann noch, wie Annette, Mediziner.
Die Voraussetzungen sind sehr gut, zumindest, wenn man
sich die Ehe nicht oder nicht nur als Leidenschaft, sondern
als Bündnis zweier, die sich gut verstehen, denkt.
Außerdem ist sie schwanger. Jo ist ein Freund, ein Kamerad-
Genosse, ein Liebhaber, ein Held. Was will man mehr?
Man will jetzt doch mal einen echten Ehemann:
Da ist er.

Annette bleibt aber politisch. Der algerische Unabhängigkeitskrieg bricht aus, und sie fühlt sich sofort solidarisch mit den rebellierenden nordafrikanischen Massen. Ihr Ehemann unterstützt sie bei dem Unterfangen, für die Nationale Befreiungsfront Algeriens (FLN) als Mittelsfrau tätig zu werden. Sie wird aber verraten oder geschnappt, kommt ins Gefängnis und flieht, da die Verurteilung zu zehn Jahren Haft bevorsteht, in einer Nacht- und Nebelaktion 1960 nach Tunis und dann 1962 nach Algerien, das nach der anfänglichen Euphorie in einen Bürgerkrieg rutscht. Annettes Hoffnungen auf Ahmed Ben Balla, auf einen friedlichen Staat zerschlagen sich. Getrennt von ihrer Familie, versucht sie in dem fremden Land, ganz wie Leïla Slimanis Heldin in Das Land der Anderen, nach dem Militärputsch im Juni 1965 von Houari Boumedienne zu überleben, aber alles in ihrem Leben, auch die Liebe zu ihrem Leibwächter Amara zerbricht. Über Rom, Wien gelingt ihr die Flucht in die Schweiz nach Genf, um dort bis zum Ruhestand in einer Universitätsklinik zu arbeiten.

Stil/Sprache/Form:

Offensichtlich wählte Anne Weber für Annette, ein Heldinnenepos eine ungewöhnliche Form. Die Literaturgattung Epos ist mit dem Anbruch des bürgerlichen Zeitalters aus der Mode gekommen, Nachzügler wie Carl Spitteler einmal ausgenommen. Die für ein Epos angemessene Typisierung hin auf ein Ideal trifft nicht mehr das Lese- und Weltempfinden einer Epoche, die im Individuum eine Repräsentanz sucht. Das Weltempfinden entfaltet sich seit dem 19. Jahrhundert im Roman, und vielleicht das auch nicht mehr lange. Die hohe Abstraktions- und Stilebene des Epos entspricht der Vorstellung einer Götter- und Menschenwelt, die sich einem heilsgeschichtlichen Ziel entgegenbewegen, das besungen und in seiner Notwendigkeit nicht in Frage gestellt wird. Allen voran, lange Zeit als Vorbild, Publius Vergilius Maro mit seiner Aeneis, das von der Gründung Roms handelt:

Singen will ich von Kämpfen und von dem Mann, der zuerst von
Trojas Gestade, vom Schicksal verbannt, zu Laviniums Küste,
Nach Italien kam; über Wasser und Lande verschlug ihn
Göttergewalt, aus unversöhnlichem Groll der grimmen
Juno; der viel auch im Kriege erlitt, bis die Stadt er gegründet,
Götter nach Latium brachte, woher das Latinergeschlecht ward,
Albas Urväter auch und du, hochragende Roma.

Vergil aus: „Aeneis“ (Übersetzung: Wilhelm Plankl)

Die Beobachtungsebene lässt sich als maximal distanziert einstufen. Von sehr weit entfernt werden die verschiedenen Aspekte einer welthistorischen Begebenheit zusammengetragen. Es gilt, die Essenz eines unterstellten Schicksals herauszuarbeiten, auf Einzelheiten, Details wird daher verzichtet. Anne Weber zieht aus dieser Erzählweise den Nutzen, dass Unwissenheiten, fehlendes Detailwissen nicht ins Gewicht fallen. Im großen und groben Schwung wird die Lebensgeschichte Anne Beaumanoirs umrissen. Die Erzählweise passt, denn die Sängerin kennt deren Leben nur vom Hörensagen, nur aus den mündlichen Erzählungen Beaumanoirs selbst:

[die große Deutsche] hört Annettes Geschichte – also die kurze
Fassung – an; sie aufzuschreiben hat sie
noch lange nicht im Sinn. Im Sinn
hat sie eigentlich gar nichts oder wenig,
auch weil sie so beschäftigt ist, in dem
fortwährenden Geklapper und Gebrumm
um sie herum so viel zu hören wie nur
möglich von dem, was ihr Annette erzählt.
Sie schaut die alte Frau mit allen ihren Augen an
und denkt: Dich gibts? Dich gibt es wirklich?
(Annette sagt du zu ihr von Anfang an, und
sie denkt gleich im Du zurück.)

‚Die große Deutsche‘ mag Anne Weber oder eine Kunstfigur sein, aber hier fällt auf diese oder jene Weise sofort auf, dass die Distanz, die das Epos zur Heldenfigur besitzt, eingezogen wird. Es gibt keine, was wiederum mit den stilistischen Mitteln des Epos konfligiert. Textlich bewirkt dies eine Unterwanderung des Heldinnengesanges, die weniger als Heldin, denn als Ritterin der lächerlichen Gestalt vorgeführt wird:

Camus findet sie einen guten Schriftsteller
und einen richtig guten Mann, aber im Gegensatz zu
ihm stellt sie wohl das Prinzip dem Einzelfall voran,
zumal sie noch so gut wie keine Einzelfälle kennt.
Sie kommt erst an.

Das Epos psychologisiert seine Heldenfigur auch nicht, wie Anne Weber es aber distanzlos bei Annette unternimmt. In Annette, ein Heldinnenepos wirkt sie wie ein Don Quijote. Sie habe einfach zu viele André Malraux Romane gelesen und müsse deshalb das Abenteuer suchen, sich in die Welt werfen, um der eigenen Sterblichkeit zuvorzukommen, ja, in der Masse aufgehen, um ein höheres Ziel zu besitzen, als die eigene kleine endliche Glücklichkeit:

[Malraux‘ Held] stirbt dann einen zugleich unabwendbaren,
ersehnten, nutzlosen und dummen Tod, und da ist
auch was in Annette, was sich aufopfern und
sterben will und was sich auflehnt gegen den, der sie
nicht sterben lässt.

Todesversessenheit, Rastlosigkeit, ja Blindheit charakterisieren die idealistische Annette, für die die Erzählinstanz viel, aber auch herablassendes Verständnis hat. Zwar weiß sie, dass im Nachhinein die Dinge leichter zu sehen sind, aber dennoch zeichnet sie Annette als vernunftlos, denn bei der promovierten Neurologin, Résistance-Widerstandskämpferin und Menschenrechtlerin zählt das Herz mehr als der Verstand:

Sie aber glaubt an / nichts als an die menschliche Vernunft, von der aber
bei ihr nicht mehr viel übrig ist, nachdem sie mit den
Augen den endlosen Torso jenes Stimmeninhabers
hochgewandert ist und schließlich angelangt an seinen/ Augen.

Von dem Epos, das eine heilsgeschichtliche Erzählung mit Notwendigkeit beschreibt, und einer Heldin, die typisiert für ein Idealbild eines handelnden Menschen steht, bleibt so am Ende von Annette, ein Heldinnenepos nicht mehr viel als eine Cartoonfigur übrig:

Gerade noch war sie schwanger, hatte ihr erstes
Töchterchen im Arm, da waren Söhne, kleine, war
ihr Mann, war eine Arbeit, die in den meisten Fällen
nützlich ist, und wo das alles war, ist: nichts.
In diesen Abgrund könnte man gut fallen, aber
sie fällt nicht, nein, sie rennt beharrlich weiter,
als wäre unter ihren Füßen Boden; in alter
Zeichentrickmanier wirbeln die Beine unter ihr.

Kommunikativ-literarisches Resümee:

Mit dem eigenartigen Humor eines Wilhelm Buschs und einer an Süffisanz grenzenden Leichtigkeit holpert Anne Weber in Annette, ein Heldinnenepos durch die Lebensgeschichte einer Anne Beaumanoir. Der Rhythmus strukturiert den Text und die vielen, teils gewollten, teils überraschenden Reime erzeugen eine Gesangsform, die durch den Text hindurch leitet und seine leichte Lesbarkeit gewährt. Die Widersprüche glätten sich. Der Ton wirkt versöhnlich, denn die arme Heldin hat sich einfach verrannt und wollte es nicht wahrhaben und rollt weiter den Stein der Weisen einen einsamen Berg hinauf:

Camus war friedlich; Annette war es nicht.
Und doch ist sie es, die mit ihrer Existenz
etwas erhellt, was er geschrieben hat; es reicht dafür,
dass wir in folgender Passage mal kurz im Kopf
den Namen Sisyphos ersetzen durch den ihren

Weber vergleicht ihre Hauptfigur mit Camus, mit Sisyphos, mit Odysseus und den Heldenfiguren bei Malraux, aber im Grunde zeichnet sie die Geschichte des Don Quijote nach, der aus den Artusepen irre geworden in die Welt hinaus zieht, um das Fürchten zu lehren, aber hauptsächlich, auch wenn ihm manches gelingt, gegen Windmühlen kämpft. Die Eposform dient zur Distanzierung und Überhebung wie die Verschiebung ‚Anne‘ zu ‚Annette‘, um die Erzählinstanz nicht in die Bredouille zu bringen, das Leben Anne Beaumanoirs wirklich nahe an sich heranzulassen, in die Abgründe und Widersprüchlichkeiten zu tauchen, um dort den Mut zu sehen, der, obgleich äußerst versteckt und überdeckt, doch zwischen den Zeilen von Annette, ein Heldinnenepos hindurchschimmert, von einer Frau, die sich nicht kleinhalten und sagen lassen wollte, was sie ist und wird.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Nächste Woche am 05. Dezember 2023 auf Kommunikatives Lesen:
Bespreche ich von Joshua Groß‘ Prana Extrem, das für den Leipziger Buchpreis 2022 nominiert gewesen ist.

20 Antworten auf „Anne Weber: „Annette, ein Heldinnenepos““

  1. Christiane – Home of abc.etüden ;-) Christiane lebt im Süden Hamburgs, hat einen bunten Schreib-/Gedichte-Blog und einen Regenblog und schreibt, fotografiert und liest gern ;-) https://365tageasatzaday.wordpress.com/ https://regensucherin.wordpress.com/
    Christiane sagt:

    Moin, Alexander, deine Texte sind immer gut und mit Gewinn zu lesen, aber am Anfang und speziell am Ende merkt man, dass der Text vor der diesjährigen Buchmesse entstanden ist – vielleicht magst du das ändern, mich würde es stören 😉
    Heitere Morgenkaffeegrüße ⛅❄️🍂☕🍪

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Du meinst, weil ich Anne Webers Titel nicht sehr motiviere und nur ein bisschen Kontext durch andere Preisträgerinnen gebe – das stimmt. Ich habe mich sehr schwer getan mit dem Text, aber tatsächlich habe ich ihn letzte Woche geschrieben. Dass das Ende kürzer als sonst ausfällt, hat mit meiner Längenbegrenzung zu tun – ich wollte da nicht noch einmal ausholen. Es ließe sich stärker am Text arbeiten, aber mich hat der Titel ziemlich frustriert, ehrlich gesagt. Ich fiebere lieber mit deinem Fellträger mit!! Danke und viele Grüße!

      1. Christiane – Home of abc.etüden ;-) Christiane lebt im Süden Hamburgs, hat einen bunten Schreib-/Gedichte-Blog und einen Regenblog und schreibt, fotografiert und liest gern ;-) https://365tageasatzaday.wordpress.com/ https://regensucherin.wordpress.com/
        Christiane sagt:

        Äh, nein. Du schreibst, du gehst die Preisträger der letzten Jahre durch, erwähnst die Preisträger der letzten drei Jahre, nicht aber den aktuellen, und kündigst am Ende „Nächste Woche am 12. September 2023“ eine neue Besprechung an. Deshalb dachte ich, dein Text sei älter 😎
        Der Fellträger dankt für den Beistand, schnurrt wie eine Maschine, frisst wieder gut und möchte auf Bäume klettern, die jedoch aktuell anfangen, vereist zu sein – und das mag er gar nicht 😉
        Schönen Abend dir! ❄️🍵🥗

      2. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
        Alexander Carmele sagt:

        Ach herrje, wie nett. Ich habe das sofort korrigiert. Gut geschlossen mit dem älteren Text, das könnte tatsächlich passieren. Dieser war aber ganz frisch, habe nur von einem älteren Artikel den Fuß kopiert 🙂 Danke fürs aufmerksame Lesen. Ach, das freut mich, dass er schnurrt und spielt und Baumkronen erobern möchte. Das hört sich gut an!! Die Krallen wetzen sich dabei so gut ab. Danke euch nochmals!! (Hier in Berlin ist es bitter-bibber-fiese-kalt).

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Geht mir auch so, aber ein Teil meines Blog besteht nun einmal darin, mich ein wenig daran abzuarbeiten an dem, was momentan (in der Breitenwirkung) als „gute Literatur“ angesehen wird. Tatsächlich lässt sich darüber trefflich streiten, deshalb bleibe ich einfach an den Preisbüchern hängen und analysiere sie ein bisschen. Dieses hier hat sehr viel von mir abverlangt. Schön, dass es sich nicht allzu sehr durchgedrückt hat 🙂 Herzliche Grüße!

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Nein, ich wüsste wirklich nicht, unter welchen Beweggründen, außer literaturhistorischen, dieser Titel sich entfalten könnte. Er ist teilweise viel zu herablassend und gönnerisch. Mir ist das Buch ein Schleier geblieben. Ein Heldinnenepos ist es bei weitem nicht – selten habe ich eine so kompromisslose Dekonstruktion einer Persönlichkeit erlebt. Ich war ehrlich gesagt etwas baff. Danke fürs Lesen und Kommentieren!!

      1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
        Alexander Carmele sagt:

        Liebe Myriade, mir fehlt nichts anderes ein, als mit zu seufzen!

      2. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
        Alexander Carmele sagt:

        Ich habe mal gehört und seitdem auch festgestellt, was für ein positives und gutes Wohlfühlereignis das Seufzen ist! Seufzen macht glücklich 🙂 Es erleichtert. Ich stelle mir eine Menge vor, die fröhlich seufzt und friedlich bleibt 😁 wie schön!

  2. hibouh – Grand Turc – read me! Und weiterhin.... Die Labyrinthe von Hibouh: Orte der Sehnsucht. Oasen für alle Umtriebigen und Nachtschönheiten. Inseln im opaken Licht der Phantasie unter einem fleischig dahinziehenden Mond. Leise Dämmerung auf den Höhen. Neugierig geworden? Wir bringen Sie hin, wo Erleben und Erkennen eins werden. Nur Mut - lüften Sie dieses Geheimnis!
    hibouh sagt:

    seufz… („Seufzen macht glücklich“ 🙂 )

  3. Sorry, ich klappe hier jetzt total nach, weil ich es jetzt gelesen habe. Allerdings fand ich dieses Formexperiment so ungelungen gar nicht, gerade weil hier ‚Heldentum‘ in seiner ganzen Brüchigkeit vorgeführt wird. Und dass, indem ‚gesungen‘ und ‚im Singen kritisch reflektiert‘ wird.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Nun, einerseits mag ich das Epos, mag ich den Mut zu etwas anderem. Ich mochte auch den Anfang. Nur fand ich, dass das Heldentum nicht so recht herauskommt. Es wird sehr sehr schnell klar, dass die Erzählerin Anne Beaumanoir für eine Ritterin der lächerlichen Gestalt hält. Das aber finde ich problematisch, denn, so zeigt der Inhalt des Textes, weiß sie zu wenig, lässt sich nicht genug auf sie ein. Ich spüre eine zu große Distanz, die ich nicht mag – Anne Beaumanoir hat mich fasziniert, ihr Willen, ihr Mut, ihre Intensität. Hier stecken Widersprüche, Paradoxien, für die Anne Weber nicht viel Sinn gehabt hat (meine ich). Das Epos selbst entsteht aus einem stofflichen Überschwang, hier aber aus einem Versuch, die Lücke zu kaschieren – nee, das Buch hat mir diese wahre Anne interessant gemacht, insofern ein schöner Gedankenanstoß, aber ich denke, es hat, sogar absichtlich, nicht versucht, dieser Figur gerecht zu werden. So war mein Gefühl. Vielleicht bin ich zu nostalgisch, vielleicht auch zu sentimental, aber mir ist Empathie wichtig, und die habe ich in dem (prätendierten homerischen) Gestus nicht gerade gespürt. Schön, wenn es bei dir anders gewesen ist. ABER: ich fand die Idee, einen Epos zu schreiben, super!! 😁 Ich bin sehr offen, wenn du mir Seiten an dem Text offenbarst, die mir entgangen sind, lieber Lyrifant, zumal ich deine Wortakrobatik stets mag! Und deine Kritik mit Freuden antizipiere!

      1. Ich will es mal so versuchen:

        Meines Erachtens ging es Anne Weber ja nicht darum, eine Biografie von Anne Beaumanoir zu schreiben, denn im Grunde macht das Epos von Anfang an klar, dass es sich um eine Kunstfigur handelt (deswegen ja auch: Annette), anhand derer Anne Weber über das Heldin-Werden, das Heldin-Sein, das Als-Heldin-Leben oder eben -Nicht-Leben nachdenken will: wie frau dazu wird, was die Antriebe sind, was das überhaupt heißt, eine Heldin zu sein sein, was frau dabei riskiert und eben auch verliert, was es bringt … Wobei die Diminutivform Annette für mich nicht bedeutet, dass sich die Autorin Anne ihr gegenüber (gönnerhaft) erhebt, dass sie sie klein machen will; meines Erachtens will sie sie damit bewusst in den Bereich des Normalsterblichen rücken, um überhaupt erst einen Maßstab zu gewinnen für das Heldisch-Transgressive dieser Frau, um darin gleichzeitig das Unheldisch-Absurde eines Sisyphos freizulegen, das als Folie dieser Lebensbeschreibung unterlegt wird (dies macht das Camus-Zitat am Ende überdeutlich, finde ich).

        Vorbehalte der Erzählerin gegenüber ihrer Heldin sehe ich nur im zweiten Teil; da hatte ich auch den Eindruck, dass Annettes Einsatz für den FLN der Erzählerin eher unverständlich bleibt (ganz anders im Resistance-Teil). Doch scheint mir auch das ein Thema des Epos zu sein: die Auseinandersetzung mit der Begreiflichkeit und Unbgreiflichkeit von Leben, von Lebensentwürfen; das wird für mich an den folgenden beiden Zitaten deutlich:

        „So / lebt der Mensch, indem er stirbt. Indem er stirbt / für andere? Oder indem er sterben, nichts als / sterben will. Das Sterben-Wollen, rettet ihn vorm / Sterben-Wüssen und somit vor der condition human.“ (S. 21 Taschenbuchausgabe)

        „Denn wie das meiste / ist auch das Widerstehen anders, als man es sich / denkt, nämlich kein einmaliger Entschluss, / kein klarer, sondern ein unmerklich langsames /Hineingeraten in etwas, wovon man / keine Ahnung hat.“ (S. 24)

        Die stärkste Stelle aber ist für mich diese, weil es sehr gut deutlich macht (vielleicht ein bisschen plakativ), um welch hohen Preis dieses Leben gelebt wurde:

        „Da ist der Traum vom guten Land. Dann gibt es noch / den Traum vom guten Leben , in dem sie endlich wieder / ihre Kinder bei sich hat.“ (S. 150)

        „Es gibt die Träume. Und es gibt das Erwachen in diesem / neuen, ungeträumten Leben kann man – kann sie – nicht / alles haben: streiten für eine bessere Welt, Gefahren trotzen, / Kinder kriegen. Vielleicht doch Kinder kriegen, doch; / aber Kinder behalten, Kinder haben! Kinder spielen / und wachsen sehen, Kinder anfassen können und / liebkosen. Ein Vierteljahr nach ihrer Flucht / wacht sie erst auf und merkt, dass sie die Kinder, / ihre drei, womöglich endgültig verloren hat.“ (S. 151)

        Ganz große Klasse finde ich hier, wie Anne Weber die Vers-Umbrüche setzt. Das sind echte Widerhaken für die Gedanken. Das Widerständige, Widersetzliche wird zur Form: Und es zeigt sich hier für mich das Widerständige des Widerständigen in seiner ganzen Tragik, um nicht zu sagen: das Leben in seiner grundsätzlichen Absurdität …

        Ich muss damit nicht Recht haben, aber ich habe das Buch ganz anders gelesen als Du. Und es hat mich vor der Lebensleistung sowohl Annettes, als auch vor der Lebensleistung einer Anne Beaumanoir dennoch ehrfurchtsvoll niederknien lassen … das wurde mir durch dieses Buch nicht genommen, im Gegenteil.

        So, das müsste Dir ja jetzt gefalllen, denn das ist „Kommunikatives Lesen“! Ich war konsterniert, dass Du ein so vernichtendes Urteil zu diesem Buch hattest (das hatte ich zum Glück nicht mehr in Erinnerung, als ich es mir jetzt gekauft habe). Manches an Deiner Kritik kann ich auch nachvollziehen … aber mich hat das Buch eher in positivem Sinne geflasht …

        Liebe Grüße, Deine Lyrifant

      2. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
        Alexander Carmele sagt:

        Liebe Lyrifant,

        Danke für dein kommunikatives Lesen. Ich bin sehr dafür zu haben. Es ist eine Weile her, dass ich das Buch las, aber an manches kann ich mich noch erinnern. Ich möchte erst mal ganz unumwunden sagen, was mich gestört hat: die fehlende Empathie und auch das sehr äußerliche Aufgreifen einer nicht-bekannten Biographie, als eine Form von Trittbrettfahrerei. Ich fand, dass das epische Moment nur als „quasi“-Fingerzeig und „Augenzwinkern“ die fehlende ausgiebige Arbeit mit der Figur von Anne Beaumanoir entschuldigt, also ich fand, dass das Thema gar nicht episch, der Stoff nicht hymnisch gewesen ist.

        Davon abgesehen: mit einem Punkt bringt mich deine Kritik zurück zum Buch. Ich habe durch das Buch eine sehr intensive Auseinandersetzung mit Beaumanoir gehabt, und ich kann nun nicht einfach sagen, dass das nicht durch das Buch selbst geschehen wäre. Ein Teil vom Buch war also sehr erfolgreich und hat sehr intensive Gefühle in mir ausgelöst, und das ist ohne Frage eine Qualität, die ich nicht wirklich auf Anne Webers Text zurückgeführt habe, wie mir scheint. Von dieser Warte aus gesehen, trifft die Kritik, denn ich habe Ähnliches, wenn nicht Gleiches nach dem Buch geführt. Ohne zu denken, dass die Beaumanoir alles richtig gemacht hat, war ich sehr beeindruckt von ihrem Mut.

        Nun zu deinen Punkten: Ich habe tatsächlich ein Problem damit, dass eine „Kunstfigur“ einen historischen Namen mit historisch belegbaren Ereignissen bekommt. Ich bin da eigenartig idiosynkratisch – ich mag das gar nicht, und das halte ich wiederum für eine Form von „ich mache es mir leicht“-Schreiben. Ich nehme eine Kunstfigur namens „Richard Wagner“, der sich mit seinem Freund „Friedrich Nietzsche“ um eine Frau namens „Lou Andreas-Salomé“, die auch noch Psychoanalytikerin ist, streitet, aber alles andere schmücke ich auch … etc … was ich daran nicht mag, es zeugt nicht von Selbstbewusstsein, einen eigenen Stoff zu schaffen, und dieses Selbstbewusstsein würde auch (wie ich es mir wünschte) episch sein, episches Ausmaß haben und so daherkommen können. (Auch hier weiß ich, dass ich vielleicht etwas zu lernen habe – aber für mich schwingt zu viel Bedeutungsschwangeres mit historischen Figuren einher, das Nebulöse mag ich leider nicht 🙁 … auch nicht, dass ich jetzt dastehe und im Grunde eine Biographie von Anne Beaumanoir lesen muss, da ich ja nun Dinge „weiß“ unwillkürlicherweise.

        Ich gebe dir in Sachen Versmaß und Verse dahingehend recht, dass es einige Stellen gibt, in denen das gut funktioniert. Du führst ein paar an. Auch sehe ich, dass ich wohl manches überlesen habe – denn die Versumbrüche, diese Form, habe ich nicht wirklich berücksichtigt. Ich bespreche zu wenig Lyrik, leider, aber ich bin gerade woanders – wühle mich eher durch die Prosa. Gedichte liebe ich gedankenlos (zu unrecht). Hier aber muss ich sagen, dass viele Stellen eben nicht aufgingen, insbesondere die mit der Cartoonfigur, oder andere die ich in meiner Besprechung aufzähle.

        Ich denke, dass sich in diesem Heldinnenepos viel mischt, Gutes wie Schlechtes, und ich bestimmt das Schlechte zu sehr herausgestrichen habe. Gut finde ich, dass du mich nochmal dazu bewegst hast, darüber nachzudenken, dass es ein Buch ist, das ich nicht vergessen habe und das tatsächlich etwas hinterlassen hat. Gemischte Gefühle sind immerhin etwas, und die habe ich – du vielleicht auch, und da in der Gemischtheit viel entstehen kann, mag es sogar ein eher gelungeneres Exemplar dieser etwas ausgetretenen „historisch-fiktionalen“ Schreibweise sein, die sehr modern geworden ist. Denke ich darüber nach, ist es sogar vielleicht die einzig mögliche Form von Historie-Fiktion die funktioniert, als gebrochene, rhythmische, eben auch etwas humorvolle. Ich weiß nicht, ob ich einfach in Sachen Geschichtsklittung zu humorlos geworden bin.

        Danke für die Gedankenanstöße,
        Grüße
        Alexander

      3. Lieber Alexander, Danke, dass Du Dich jetzt noch einmal so intensiv mit meinen – ja eher unsystematischen – Eindrücken beschäftigt hast. Mir ist jetzt auch viel deutlicher geworden, was Dich an diesem Text so aufgebracht hat: der geliehene Stoff und das vielleicht doch Anmaßende, ihn sich (so) zu eigen zu machen. Da ist was dran, ja. Danke, dass ist mir jetzt durch unser Gespräch viel klarer geworden … Liebe Grüße!

      4. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
        Alexander Carmele sagt:

        Liebe Lyrifant,

        auch mir ist klar geworden, dass sehr viel Dynamisches und Gutes in dem Text steckt, und ich auch ein wenig mehr auf die formalen Errungenschaften des Textes hätte achtgeben können. Schön, wenn Texte durch das Gespräch sich so entwickeln und entfalten können. Ich werde ihn vielleicht irgendwann nochmals lesen und dann werde ich auf Vieles von dir Gesagtes zurückgreifen können.

        Einen schönen Wochenstart wünsche ich dir!!

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