David Foster Wallace: „Unendlicher Spaß“ (ii: Form)

Unendlicher Spaß
Die neue Ernsthaftigkeit … formalästhetische Aspekte von “Unendlicher Spaß”

Im vorherigen Beitrag (i:Inhalt) lag der Fokus meiner Besprechung von David Foster Wallaces Hauptwerk Unendlicher Spaß auf den mannigfaltigen Plotaspekten. Wegen seines Titels wird Foster Wallaces Roman oft mit William Shakespeares Hamlet in Verbindung gebracht, was nach eingehender Lektüre nur oberflächlich zutrifft. Auch von einer Dramaturgie à la Hamlet ist Unendlicher Spaß weit entfernt. An entscheidender Stelle wird der Handlung von Hamlet sogar der Boden unter den Füßen weggerissen, als Hal, der Protagonist aus Unendlicher Spaß, bezweifelt, dass Hamlets Vater Hamlet erschienen sei und dieser über Claudius die Wahrheit gesagt habe. Mit anderen Worten, die literarische Verlässlichkeit der Fiktion wird hinterfragt. Konsequenterweise wird bei Foster Wallace alles von einem misanthropischen Strudel des Skeptizismus erfasst:

Hal, der leer, aber nicht blöd ist, postuliert insgeheim, dass das, was sich als hippe zynische Transzendenz des Gefühls ausgibt, in Wahrheit Furcht vor dem echten Menschsein ist, denn ein echter Mensch (zumindest so, wie er ihn begreift) ist wahrscheinlich unvermeidlich sentimental, naiv, schmalzanfällig und ganz allgemein erbärmlich, er ist in seinem innersten Inneren lebenslänglich infantil, ein irgendwie nicht ganz richtig aussehendes Kleinkind, das sich anaklitisch [sich nach der Mutterbrust sehnend] über die Karte schleppt, mit großen feuchten Augen, froschweicher Haut, riesigem Schädel und schmalzigem Dummschwätz.

David Foster Wallace aus: “Unendlicher Spaß”

Von einem Plot bleibt aufgrund eines völlig inkohärenten Menschenbildes nicht viel übrig. Es zeigt sich, dass gerade dieser Aspekt den Weg und Blick auf einen anderen Reichtum von David Foster Wallaces Roman freigibt.

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