David Foster Wallace: „Unendlicher Spaß“ (i: Inhalt)

Unendlicher Spaß
Gewollt prätentiös, aber formwiderständig … laut TIME Top 100 der englischsprachigen Romane.

1996 erschien David Foster Wallaces Unendlicher Spaß. Ganze dreizehn Jahre später legte Ulrich Blumenbach seine Übertragung ins Deutsche vor, die über 1500 Seiten umfasst, und gewann 2010 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie: Übersetzung. Im selben Jahr nahm das Magazin Time Unendlicher Spaß in die Liste der 100 besten englischsprachigen Romane aller Zeiten auf. In der deutschsprachigen Kritik, bspw. von Richard Kämmerlings, wird David Foster Wallaces Roman auf einer Stufe mit Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften gestellt. Die US-Schriftsteller Jonathan Franzen und Dave Eggers, beide National Book Award Gewinner, halten es „für das größte Buch unserer Gegenwart“, oder, um Franzen aus seiner Trauerrede anlässlich David Foster Wallaces Freitod direkt zu zitieren:

[Er besaß] die erregendste, die erfindungsreichste rhetorische Virtuosität aller lebenden Schriftsteller. Weit draußen bei Wort Nummer 70, 100 oder 140 in einem Satz in den Tiefen eines drei Seiten langen Absatzes voll makabrem Humor oder irrwitzig netzartiger Bewusstheit roch man noch das Ozon der knisternden Präzision seiner Satzstruktur.

Jonathan Franzen (Trauerfeier)

Weitere Superlative lassen sich leicht finden. Auch Gegenstimmen, wie die von Harold Bloom, für den verglichen mit David Foster Wallace Stephen King ein Cervantes scheint und der bekanntlich in einem Interview über Unendlicher Spaß sagte:

Wissen Sie, ich möchte nicht unhöflich sein. Aber ‚Unendlicher Spaß‘ ist einfach schrecklich. Es scheint verrückt, dies [Offensichtliche] überhaupt sagen zu müssen. Er kann nicht denken, er kann nicht schreiben. Er hat kein erkennbares Talent.

Harold Bloom (Interview)

Im folgenden nun das Ergebnis meiner Lektüre, das in drei separaten Teilen (i: Inhalt; ii: Form; iii: kommunikatives Resümee) gepostet werden wird und vielleicht dabei hilft, sich selbst ein Urteil zu bilden oder das eigene Leseerlebnis neu zu organisieren. Zuerst zum Inhalt.

Inhalt/Plot:

Hauptsächlich findet die Handlung in Enfield, Massachusetts, statt. Dort befindet sich die Enfield Tennis Academy (ETA) und das Ennet House für genesende Drogen- und Alkoholabhängige. Zwei weitere, aber nachgeordnete Schauplätze befinden sich in Arizona, Tucson und Phoenix, und rahmengebend wirken die Bostoner Elendsviertel und Slums.

In der ETA befindet sich der siebzehnjährige, Marihuana süchtige Hal, der Protagonist, mit seinem geistig behinderten, älteren Bruder, Mario, und seiner Mutter Avril Incandenza, die zusammen mit ihrem Stiefbruder Charles Tavis die Leitung der ETA innehat. James, ihr Ehemann, ehemals vielversprechender Junioren-Tennisspieler, nun Alkoholiker, hat zwar die ETA gegründet, sich aber vor vielen Jahren von dem Posten des geschäftsführenden Direktors zurückgezogen, um sich auf seine Filmmacher-Karriere zu konzentrieren.

Avril – die das M.I.T. verlassen, eine halbe Stelle an der Brandeis angenommen und in jenem ersten Jahr sogar ein traumhaft dotiertes Stipendium am Bunting Institute in Radcliffe ausgeschlagen hat, um den Lehrplan der E.T.A. zu entwerfen und selbst das Steuer zu übernehmen – ist es zu verdanken, dass die Enfield Tennis Academy das einzige sportorientierte Internat in Nordamerika ist, das noch pingelig an Trivium und Quadrivium des klassischen Artes-Liberales-Kanons festhält, und damit auch eine der ganz wenigen Sport-Academies, die noch ernsthaft versuchen, ihre Eleven aufs College vorzubereiten, und nicht zu reinen Sportskanonenschmieden Marke Eiserner Vorhang verkommen sind.

David Foster Wallace aus: „Unendlicher Spaß“

Orin, der älteste Sohn, lebt in Phoenix als NFL-Profi der Arizona Cardinals. Er hat den Kontakt zu seiner Mutter abgebrochen, ruft hier und da Hal in der ETA an und lebt das promiskuitive Leben eines Sportstars, nachdem er seine Beziehung mit Joelle van Dyne, die auch in den Filmen seines Vaters aufgetreten ist und in Boston lebt, beendet hat.

[Orin] blickte in den Whirlpool, in dem es um das Bein herum gurgelte, blubberte und schäumte. Urplötzlich war Knall auf Fall ein Vogel in den Whirlpool geplumpst. Mit einem nichtssagenden, nüchternen Plop. Knall auf Fall. Aus dem weiten leeren Himmel. Über dem Whirlpool war nichts als Himmel. Der Vogel musste mitten im Flug einen Herzinfarkt erlitten haben, gestorben, aus dem leeren Himmel gefallen und tot direkt neben dem Bein im Whirlpool gelandet sein. Mit einem Finger schob Orin die Sonnenbrille auf die Nase und betrachtete ihn. Der Vogel hatte nichts Besonderes. Kein Raubvogel. Ein Zaunkönig vielleicht. Das konnte einfach kein gutes Zeichen sein.

Joelle van Dyne studiert Filmwissenschaften und nimmt seit frühester Jugend Drogen. Ihr Drogenkonsum eskaliert dermaßen, dass sie sich selbst in die Obhut des Ennet House begibt, in welchem sie Don Gately, den zweiten Protagonisten, kennenlernt. Don Gately, ehemals vielversprechender Junioren-Footballspieler, dann Einbrecher, schmerzmittelabhängig, 29 Jahre alt, kämpft sich in sein Leben zurück und jobbt als Faktotum in Enfield und Umgebung und besucht diverse Anonyme Alkoholiker-Treffen.

Wenn sich Gately durch seine tägliche Morgenmeditation fieselt, schreibt er sich jedes Mal wieder ins Stammbuch, dass dies der Job eines Betreuers in Ennet House ist: Verschaff den armen Nischenlurchen ein bisschen Zeit, ein dünnes Tortenstückchen abstinenter Zeit, bis sie unter der dünnen Oberfläche dessen, was sie zu tun versuchen, einen Hauch des Wahren und Tiefen, fast Magischen spüren können.

Auf einem Gipfel, Tucson überschauend, diskutieren Rémy Marathe, im Rollstuhl sitzend, Teil einer Terroristischen Vereinigung, die die Unabhängigkeit Quebecs vom Rest Nordamerikas anstrebt, und Hugh Steeply, als Frau verkleidet und im Dienste einer US-amerikanischen Geheimorganisation namens die Unspezifischen Dienste, über Sinn und Unsinn ihrer Bemühungen, einen gefährlichen Unterhaltungsfilm namens ‚Unendlicher Spaß‘ oder Samisdat sicherzustellen. Marathe und seine Organisation wollen diesen süchtig-machenden und Geist versklavenden Film nämlich auf die US-amerikanische Öffentlichkeit loslassen, was Hugh Steeply und seine Organisation mit allen Mitteln zu verhindern sucht:

Düster lächelte Marathe das Chiaroscuro-Fleisch des runden und haarlosen USA-Gesichts [von Steeply] an. »Vielleicht stimmen die Tatsachen nach dem ersten Ansehen [von ‚Unendlicher Spaß‘]: dass es dann keine Wahl mehr gibt. Aber zu entscheiden, überhaupt erst so lustvoll unterhalten zu werden. Das ist immer noch eine Wahl, nicht ist das so? Unangetastet für das zuschauende Selbst und frei? Nein? Ja?«

Zwischen diesen vier Polen spinnt sich die gesamte Handlung von David Foster Wallaces Unendlicher Spaß auf. Die Handlung setzt ein Jahr nach James Incandenzas Freitod ein, der vermeintliche Regisseur und Produzent von dem Film ‚Unendlicher Spaß‘ , und zwar im sogenannten Jahr der Inkontinenz-Unterwäsche. Die Hinweise im Roman deuten auf das Jahr 2009 hin. Die verfremdete Zeitrechnung in Form von Sponsorenjahren, die die Jahresnamen als Reklameträger zur Verfügung stellt (2002 ist bspw. das Jahr des Whoppers) zeigt aber an, dass Foster Wallace von einer alternativen Zeitlinie ausgeht. Er schreibt in diesem Sinne über eine fingierte Welt mit erfundener Technologie, um sich diverser Anschlussprobleme mit einem Schlag zu entledigen.

Die Welt von Unendlicher Spaß steht für sich und muss die Wirkungsweise der neuen Unterhaltungsindustrie deshalb nicht plausibilisieren. Sogenannte Filmpatronen haben das herkömmliche Fernsehen völlig ersetzt. Unterhaltungen laufen nun selektiv und maßgeschneidert auf den Zuschauer ab, werden in Kassettenform geliefert und über Teleputer abgespielt. Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist die Wirkung von Incandenzas Film auf die Sehnerven und direkte Gehirnmanipulation der Zuschauenden, den James in diabolischer Form und Produkt seiner jahrelangen Forschungen über optische Physik auf seine Zuschauerschaft losgelassen hat:

Dass die digitale Bolex-H32-Kamera […] der tödlichen Patrone Unendlicher Spaß (V) oder (VI) mit einem äußerst seltsamen und extrusiven Objektiv versehen worden sei und beim Filmen entweder auf dem Boden oder auf einer Pritsche oder einem Bett gelegen […] und der Kamera als Synekdoche des Publikums von oben herab – in beiderlei Wortsinn, was von der kritischen Warte aus eine synästhetische Doppeldeutigkeit in den Film eingeführt habe […]

All diese Vorgänge finden zu einer Zeit statt, in der Mexiko, Kanada und die USA in der Organisation nordamerikanischer Nationen aufgegangen sind, und die USA weite Teiles ihres Nordosten an Kanada zur Giftmüllentsorgung abgetreten hat, die sogenannte Große Konkavität. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Gift mit Gift bekämpft werden kann wie Krebs mit Krebs, was aber zu Mutationen und beschleunigten Wachstum führt, so dass große und ungestörte Areale zur Entsorgung, Entgiftung und Energieerzeugung benötigt werden. Boston grenzt direkt an die Große Konkavität an, in die mittels riesiger Katapulte Giftmüll aus allen Ecken und Enden des Landes geschleudert werden:

»– nur und aus diesem mikromedizinischen Modell folgte das Korollar dieser genauso radikalen Idee, man könnte vielleicht zu einer hochmüllannulierenden Kernfusion gelangen, wenn man hochtoxische radioaktive Teilchen mit massiven Dosen einer Substanz bombardiert, die noch toxischer war als die radioaktiven Teilchen. Eine Kernfusion, die von Giften gespeist wird und relativ stabile Plutoniumfluoride und Urantetrafluoride produziert. Letztlich brauchte man nur Zugang zu irren Mengen an toxischen Stoffen.«
»Dafür platzierte man die natürliche Kernfusionsanlage in der Großen Konkavität.«

Nun sind alle entscheidenden Punkte für den Handlungsablauf von David Foster Wallaces Unendlicher Spaß beisammen. Selbstredend dienen diese mehr oder weniger wie bei allen Folianten nur als Anlässe, viele bunte Details, Anekdoten, Reflexionen und Geschichten zu erzählen und lose zusammenzuhalten. Es fehlt noch eine bindende Konfliktstruktur, ein Paradigma, das dem Erzählten eine Dramaturgie verleiht.  Viele Hinweise im Text von Foster Wallace deuten darauf hin, dass dieses Paradigma in William Shakespeares Hamlet zu finden ist. Bevor ich dazu komme, noch eine detaillierte Inhaltsangabe von beiden, die auch übersprungen werden können.

Detaillierte Inhaltsgabe: „Unendlicher Spaß ▼

  1. (+1, Phoenix): Hal Incandendenza, 18, einer der Protagonisten, sitzt bei einem Vorstellungsgespräch in der Universität von Arizona. Seine Noten an der Enfield Tennis Academy (ETA) und abgegebenen Essays in Massachusetts stehen im eklatanten Widerspruch zu seinen Zulassungstestergebnissen. Er wird von seinem Onkel Charles Tavis, Direktor der ETA und Bruder von Hals Mutter Avril, unterstützt. Statt sich zu erklären, bricht er zusammen und wird ins Krankenhaus gebraucht. Er hatte ein schweres Jahr. Es beginnt ein Rückblick auf das vergangene Jahr, das Jahr der Inkontinenz-Unterwäsche (JDIU).
  2. (JDIU, Boston): Ken Erdedy wartet auf seine Dealerin. Er hat vor 200g Marihuana in vier Tagen zu rauchen und hat alles dafür präpariert. Seine Versuche, mit der Drogensucht aufzuhören, sind einmal wieder gescheitert. Er will nur noch Filme schauen, Schnellgerichte essen und sich volldröhnen. (Drogensucht).
  3. (-6, Enfield): Hal ist 11 und bei einem Therapeuten, zu dem ihn sein Vater James, von seinen Söhnen Er selbst genannt, geschickt hat. Der Therapeut spricht über Avrils Promiskuität. Sie habe mit über dreißig Gesundheitsattachés aus dem Nahen Osten geschlafen. Dialog geht unvermittelt über in ein Vater-Sohn-Gespräch.
  4. (Mai, Enfield): Orin, der älteste Bruder, ruft Hal, den jüngsten, an. Es kommt kein Gespräch zustande. Mario, das zweite Kind, der mit Hal an der ETA wohnt, fragt, wer angerufen habe. Hal verheimlicht, dass es sich um Orin gehandelt habe.
  5. (JDIU, Boston): Ein Gesundheitsattaché aus dem Nahen Osten erhält aus Arizona ein Päckchen mit einem ihm unbekannten Unterhaltungsfilm, den er beschließt, während seine Frau einen Frauenabend verbringt, anzusehen. (Unterhaltungsfilmsucht).
  6. (-5, Boston): Drogen und Elend und Gewalt in Brighton, erzählt von einem Afro-Amerikaner namens Clenette. Leben im Rausch und Selbstzerstörung.
  7. (JDIU, Enfield): Hal und Mario reden über Gott und ihre Mutter, nachdem Tod von ihrem Vater. Hal spricht sich ausdrücklich gegen den Tod aus. Der Gesundheitsattaché schaut sich noch den Unterhaltungsfilm an.
  8. (Oktober, Phoenix): Orin sorgt sich um die Kakerlakenplage in seinem Haus, die er nicht loswird und träumt von seiner Mutter. Um sich von seinen Sorgen abzulenken, ruft er eine Geliebte an (Sexsucht).
  9. (JDIU, Enfield): Hal raucht, obwohl verboten, Marihuana gegen den Wunsch seiner Mutter. Peinlich bemüht jedwede Spur zu verwischen. Der Gesundheitsattaché kann nicht aufhören den Unterhaltungsfilm zu sehen.
  10. (-1, Boston): Der drogensüchtige Don Gately, 27, einer der Protagonisten, bricht in das Haus von Guillaume DuPlessis ein, der zu den Anführern des Widerstandes gegen die Nordamerikanische Vereinigung O.N.A.N. gehört. DuPlessis ist schwer erkältet. Gately knebelt ihn. DuPlessis erstickt.
  11. (3.11., Enfield): Jim Troeltsch, Tennisspieler, Konkurrent und Freund von Hal, ist erkältet und sieht Gespenster.
  12. (JDIU, Enfield): Hintergrundkapitel über James Incandenza. James und sein Vater James Sr waren erfolgsversprechende Tennistalente, die aber den Sprung zum professionellen Tennis nicht geschafft haben. James Jr, Vater von Orin, Hal und Marion, studiert Optische Physik, gründet eine Tennisschule und heiratet Avril, eine erfolgreiche Akademikerin, lose verbunden mit einer Quebec-Separatisten-Vereinigung. Fünf Jahre vor James‘ Freitod im Alter von 54 übergibt er Avrils Bruder Charles Tavis die Leitung der Tennisschule und konzentriert sich ganz auf seine neue Karriere als Filmmacher und Alkoholiker.
  13. (1.11., Enfield): Hal raucht Marihuana gegen wiederkehrende Alpträume, in welchen er vor einem riesigen Publikum Tennis spielt.
  14. (JDIU, Enfield): Kate Gompert erwacht im Krankenhaus nach einem Selbstmordversuch. Gespräche über Drogensucht, insbesondere Marihuana. Die Frau des Gesundheitsattachés kehrt zurück und findet ihn verwahrlost vor und beginnt selbst auf den Bildschirm zu starren.
  15. (2.4., Boston): Tiny Ewell, drogenabhängig, fährt ins Krankenhaus. Alle, die nach dem Gesundheitsattaché sehen, verfallen dem Unterhaltungsfilm, der sie hypnotisiert und in eine Katatonie verfallen lässt.
  16. (30.4., Tucson): Rémy Marathe, im Rollstuhl, angehöriger einer Anti-ONAN-Terrorgruppe namens A.F.R., trifft sich mit Hugh Steeply, Mitglied eines US-Geheimdienstes namens Unspezifische Dienste und verkleidet als Frau. Sie suchen den Versender des gefährlichen Unterhaltungsfilms, genannt Samizdat [aus Zeit der UdSSR: Verbreitung von alternativer, nicht systemkonformer, zumeist verbotener „grauer“ Literatur über nichtoffizielle Kanäle], der den Gesundheitsattaché dahingerafft hat. Rémy benötigt medizinische Unterstützung für seine kranke Frau, die der US-Militärdienst willig ist zu organisieren, solange dieser nützliche Informationen liefert. Doppel-Doppel-Agent-Struktur. Eine Wilde-Hamster-Plage in der großen Konkave wird erwähnt.
  17. (3.11., Enfield): Hal fragen sich gegenseitig ab und beklagen sich über allgemeine Erschöpfung, unterscheiden verschiedene Typen von ETA-Studenten. Hal sehnt sich nach einem weiteren Joint.
  18. (10., Enfield): Mario trifft auf einen Spaziergang Millicent Kent, die von ihrem Transvestit-Vater erzählt. Sie befummelt Mario, der ist aber kitzlig. Sie gehen zusammen mit Hal zurück zur ETA.
  19. (30.4., Tucson): Marathe und Steeply wissen, dass Samizdat in Boston gedreht wurde, die Stadt, die sich auch am nächsten zur Großen Konkavität befindet.
  20. (30.4., Enfield): Die ETA besitzt auch einen Guru, namens Lyle, der Asketen ähnlich, der im Kraftraum residiert und vom Schweiß der Schüler lebt, den er ablenkt. Wechsel auf die Straßen von Boston. Ein Ich-Erzähler geht mit Poor Tony und einem anderen Süchtigen auf die Suche nach Drogen, rauben einen Betrunkenen aus und kaufen sich gestrecktes Heroin. C stirbt an der Droge, Poor Tony und der Ich-Erzählerin geloben auf Entzug zu gehen.
  21. (3.11., Enfield): Orin ruft Hal an, der vom Marihuana high ist. Das Ennet House, ein Ort, wo Drogensüchtigen geholfen wird, den Entzug durchzustehen und wieder auf die Beine zu kommen, wurde im Jahr -7 von einem Ex-Süchtigen gegründet, der den Erfolg vom Entzugsprogramm nur in der völligen Unterwerfung gesehen hat, und 5 Jahre nach der Gründung im Alter von 68 verstarb.
  22. (Dokumente): Ein alkoholisierter Arbeiter, Dwayne R. Glynn, verunglückt. Mitarbeiter einer Versicherung machen sich über ihn lustig und weisen seine Geldforderungen. Hal untersucht das Konzept von Held in der Klassik und in der Postmoderne mit der Vorhersage, dass es bald zu einem Helden der Nicht-Aktion kommen wird. Hugh Steeply schreibt über ein künstliches Herz, das in einer Handtasche herumgetragen wird, geklaut und zerstört wird. Liste von Anti-ONAN-Organisationen. Bericht über Bild-Telefon, das sich aus Eitelkeitsgründen nicht durchsetzt.
  23. (1960, Tucson): James Sr hält eine Rede an den zehnjährigen James, später Vater von Orin, Hal und Mario, auf dass diesem nicht dieselben Fehler wie ihm selbst unterlaufen, nämlich sich aufgrund von Unaufmerksamkeiten eine fatale Knieverletzung zuzuziehen. Er soll sich als Körper und sonst als nichts empfinden.
  24. (4.11., ETA): Michael Pemulis, Student an der ETA, schmuggelt Drogen in die Schule. Die härteste Droge namens DMZ findet Erwähnung. Sie wächst als Schimmel von Schimmel und besitzt den Spitznamen ‚Madame Psychosis‘ nach einer Kultradio-Persönlichkeit, von der Mario keine einzelne Sendung verpasst.
  25. (Dokument): Zusammenfassung von Hals Dokumentation über die ETA und Tipps, die das Leben in der Tennisschule erleichtern. Aufgenommen drei Jahre nachdem James Freitod begangen hat.
  26. (4.11., Enfield): Transkript diverser Aussagen im Ennet House, die sich überall Kleinigkeiten beschweren.
  27. (Oktober, Boston): Tontechniker der Madame Psychosis-Sendung. Mario würde sich gerne mit Madame Psychosis unterhalten. Historische Details zu Avril, die ihre Studien am MIT aufgegeben hat, um sich Vollzeit der ETA zu widmen und wie in Kanada üblich sehr spät, manchmal mit Hal, Charles und Mario zusammen isst.
  28. (6.11., Enfield): Thema Drogensucht. Reflexionen, Analysen. Tiny Ewell interessiert sich für Tätowierungen. Bruce Green hat ein Schriftzug als Tattoo mit „Mildred Bonk“. An der ETA: Hal und Michael Pemulis haben DMZ Tabletten vor sich, planen sie einzunehmen, müssen aber genügend Tage für den Trip und das Ausnüchtern einplanen. Sie nehmen sich das Wochenende 20.-21.11. vor.
  29. (7.11., Boston): Joelle van Dyne träumt davon, sich im Badezimmer von Molly Notkin, eine Überdosis zu geben. Sie hasst Crack, aber hat es nicht mehr unter Kontrolle. Joelle geht verschleiert durch Boston, erinnert sich daran, wie James sie über mehrere Stunden gefilmt hat, und an die zweijährige Beziehung zu Orin. Sie beschließt eine Überdosis zu nehmen. Joelle ist Madame Psychosis. Sie schließt sich in Mollys Badezimmer ein und raucht das ganze Crack auf einmal und übergibt sich. Beschreibung von den Örtlichkeiten in Enfield.
  30. (5.11., Enfield): Orin ruft Hal an, während dieser seine Zehnägel schneidet. Orin erzählt, dass er von Rollstuhlfahrern verfolgt wird. Er fragt nach dem schönsten Mädchen aller Zeiten (SCHMAZ), Joelle, und wer James gefunden hat. Halt hat die Leiche seines Vaters gefunden und ist danach durch eine schwere Traumaverarbeitung gegangen.
  31. (6.11., Long Island): Wettkampf zwischen der ETA und Port Washington Tennis Academy. Gately ist seit 421 Tagen drogenfrei. Die ETA hat gegen PWTA gewonnen. Am 1.4.JDIU-5 James Incandenza bringt sich um. Orin wechselt zwei Jahre vor James‘ Freitod vom Tennis zum Football wegen eines Mädchens (Joelle). Zufällig wird sein Puntertalent entdeckt. Er kommt mit Joelle zusammen, besucht mit ihr seine Eltern zum Erntedankfest und ihre Eltern zum Neujahrstag.
  32. (14.11., Boston): Poor Tony verwahrlost völlig und bricht in der Öffentlichkeit, stinkend und übelriechend, zusammen.
  33. (7.11., Enfield): Studien und Fächer an der ETA. Thema der Anti-ONAN-Widerstandskampf und Avrils Arbeit über Emily Dickinsons Zeichensetzung. Telefonat zwischen Orin und Hal. Umstände von Marios Frühgeburt, die ihn sowohl körperlich wie geistig in Mitleidenschaft gezogen hat. Er lebt an der ETA, ohne am Schulunterricht teilzunehmen und filmt.
  34. (30.4., Arizona): Marathe und Steeply diskutieren über Freiheit, Unterhaltung, und das Recht, das Gift, das einen tötet, selbst zu wählen.
  35. (8.11., Enfield): Kapitel über das Spiel Eschaton. Es kommt zu Handgreiflichkeiten und ein Tumult bricht aus.
  36. (8.11., Boston): Gatelys Geschichte, wie er zu den Anonymen Alkoholiker fand und durch sie die Kraft, mit den Drogen aufzuhören. Geschichten über Sucht. Kate Gompert und Ken Erdedy, beide sind nach ihrem Absturz im Ennet House, auch Joelle van Dyne.
  37. (30.4., Boston): Eine Drogensüchtige spricht über ihr totgeborenes Baby, darüber, dass sie trotz Schwangerschaft nicht aufhören konnte, über die Schuld, die Verzweiflung, die Unfähigkeit das tote Baby aufzugeben, anzuerkennen, dass sie Schuld an dessen Tod trägt.
  38. (8.11., Enfield): Mario drehte seinen ersten Film mit Handpuppen und war sofort ein Hit an der ETA. Der Film erzählt über Johnny Gentle, wie die ONAN zustande gekommen ist und die USA sich zur Großen Konkavität entschloss, um ihr Giftmüllproblem loszuwerden. Die Anekdote von Eric Clipperton, der im Tennis seine Siege erzwang, indem er damit drohte, sich im Falle einer Niederlage zu erschießen. Zudem die Geschichte der neuen Unterhaltungsfilmbranche wird rekapituliert. Hal raucht seinen vierten Joint.
  39. (30.4., Tucson): Marathe und Steeply diskutieren über Willensfreiheit, darüber, ob es nicht jedem überlassen sein sollte, zu konsumieren, was sie jeweils wollen. Marathe spricht über Aufopferung statt über Hedonismus, über seine Frau Getraude, die ohne Schädel geboren wurde. Ende von Clippertons Geschichte. Er erschießt sich vor James. Gately arbeitet nebenher noch als Hausmeister im Haus für obdachlose Männer.
  40. (Juli, Enfield): Gately gibt zu, immer noch nicht an eine höhere Kraft zu glauben. Gatelys traurige Kindheit, in der er den Alkohol der Mutter auftrank, auf dass sie ihn nicht trinken kann.
  41. (Oktober, Enfield): Hal hat Alpträume, dass seine Zähne zerbröseln. Mario ist nervös über das Ausbleiben der Madame Psychosis-Sendungen.
  42. (9.11., Enfield): Charles Tavis möglicherweise Marios Vater. Schtitts hartes Morgentraining. Gatelys Grund, ins Ennet House zu ziehen, um das Gefängnis zu vermeiden.
  43. (1.5., Tucson): Steeply und Marathe diskutieren über Stimulationsexperimente mit Tieren. Gately muss einkaufen fahren, um Joelles und Amys kulinarische Interessen zu befriedigen. Gately ist 29 Jahre alt und hat wieder aus Sexmangel feuchte Träume. Die AFR überfällt einen Unterhaltungsfilmverleih und bringt auf brutale Weise Freunde vom verstorbenen DuPlessis um, und zwar mit einem Besen in die Kehle.
  44. (1963, Sepulveda): Matratzenschieberei von James Sr und James samt Mutter. Narcotics Anonymous mit Ken Erdedy und Kate Grompert, das Unterschätzen der Drogen Marihuana. Beim anschließenden kollektiven Sich-Umarmen weigert sich Erdedy teilzunehmen. Roy Tony wird wütend. Steeply und Marathe reden über Samizdat, den Unterhaltungsfilm. Marathe ist im Gegensatz zu Steeply nicht neugierig auf den Inhalt, nur interessiert an seiner Verwendung.
  45. (10.11., Enfield): Avril interviewt die Mädchen der ETA, ob sexuelle Übergriffe standgefunden haben. Hal sorgt sich über ein Eschaton-Nachspiel wegen der Massenschlägerei. Charakterisierung von Avril. Hal wird in Charles‘ Büro gerufen, wo ein Urologe der ONAN-Tennis Association auf sie wartet und einen Drogentest durchführen und ein Ergebnis desselben diskutieren wollen wird.
  46. (1.5., Tucson): Marathe und Steeply diskutieren die Odaliske und andere Mythen der Ottomanischen Kultur.
  47. (11.11., Enfield): Joelle erzählt Gately über ihren Schleier, über LARVE, die Ähnlichkeit zu den Anonymen Alkoholiker hat, nur das Leiden unter dem eigenen Aussehen betrifft. Randy Lenz‘ Charakter wird eingeführt, seine Ersatzhandlungen beschrieben, Tierquälerei, natürliches Kokain.
  48. (November, Washington): Rodney Tine, Kopf der Organisation für unspezifische Dienste, zu denen Steeply gehört, sucht den Unterhaltungsfilm Samisdat. Opfer des Films werden genannt.
  49. (9.11., Enfield): Avril und John Wayne, ein Schüler der ETA, haben Sex, sie als Cheerleaderin verkleidet, Wayne als Football-Spieler. Analogie zu Joelle und Orin.
  50. (11.11., Enfield): Randy Lenz und Bruce Green auf dem Rückweg von einem AA Meeting. Lenz ist high und redet auf Green ein.
  51. (11.11., Enfield): Transkripte aus dem Ennet House. Orin hat Sex mit einem Schweizer Handmodell, nachdem er Steeply in Verkleidung als Helen, die Reporterin, zum Flughafen gebracht hat. Orin vertraut Avril nicht, wird von einem Rollstuhlfahrer vor dem Hotelzimmer interviewt. Green und Lenz sprechen über ihre Kindheit, werden aber getrennt. Green verfolgt Lenz, beobachtet wie dieser einen Hund umbringt, wird von den Besitzern verfolgt. Sie fliehen zurück ins Ennet House. Die Besitzer, französischsprechend aus Quebec, finden ihn aber. Gately versucht die Sache zu bereinigen, aber es kommt zu einem Kampf. Gately wird schwer verletzt, einige sind tot. Polizei und Krankenwagen kommen.
  52. (11.11., Enfield): Essen in der Mensa der ETA. Hal hat sich vorgenommen, keine Joints mehr zu rauchen, und steht neben sich. Er will den Urintest am 30.11. ohne Betrug bestehen.
  53. (1.5., Tucson): Steeply spricht über die M.A.S.H.-Manie seines Vaters. Marathe will gehen.
  54. (13.11., Enfield): Ennet House, die Insassen sprechen über die Ereignisse und sind noch schockiert. Kate Gompert und Geoffrey Day sprechen über Depression.
  55. (11.11., Enfield): Steeply (als Helen) führt Interviews an der ETA durch. Sie wird aber nicht zu Hal gelassen, keiner weiß, wo Avril ist. Ihr Brief an den Kindheitsfreund von Orin, Marlon K. Bain, führt sie nicht weiter, außer dass Orin die Tendenz hat, die Wirklichkeit zu verdrehen und in der Jugend Drogen nahm. James‘ Nervenzusammenbruch führt dieser auf den Film mit Joelle zurück. Der Tunnelclub untersucht den Unterbau der ETA und findet vergammelte Nahrung in einem Kühlschrank.
  56. (14.11., Boston): Michael Pemulis‘ Bruder wurde von seinem eigenen Vater missbraucht. Er sieht Poor Tony durch das Schaufenster eines Restaurants.
  57. (11.11., Enfield): Hal sieht sich Filme von seinem Vater an.
  58. (14.11., Boston): Poor Tony raubt zwei Mitglieder des Ennet House aus. Im Ennet House wird über Depression geredet, Anhedonia. Spekulation über James‘ Freitod. Kate Gompert erinnert sich an eigene Depression, ihr ‚Es‘, und jemand, den sie in einer Klinik kennenlernte, der sich aber aus Liebe zu seiner katholischen Frau nicht umbrachte.
  59. (14.11., Boston): Ruth van Kleve und Kate gehen spazieren, werden von Poor Tony Krause beraubt. Hal schaut sich weiter Filme an. Joelle bei den Cocaine Anonymous hört sich Geschichten von Süchtigen an. Hals Filmabend zieht noch andere an.
  60. (14.11., Boston): Randy Lenz high raubt zwei Chinesinnen aus. Die AFR zieht zwei Methoden in Betracht, an das Original-Tape von Samisdat zu gelangen, James‘ Angehörige und Joelle auf Informationen zu foltern, oder weiter zu suchen.
  61. (14.11., Boston): Poor Tony flieht, wird von Ruth verfolgt. Die AFR will Samisdat veröffentlichen, so dass die US-amerikanische Mehrheit in den Unterhaltungsrausch versinkt. DuPlessis hat Kopien von dem Film durch einen befreundeten Athleten erhalten.
  62. (14.11., Enfield): Joelle sorgt sich um ihre Zähne. Die AFR findet eine Kopie in dem überfallenen Filmverleih. Zwei befinden sich bereits in Katatonie. Marathe verschleiert unter falschem Namen bewirbt sich beim Ennet House. Die AFR sucht Testsubjekte und hat Joelle im Visier. Randy Lenz trifft auf Poor Tony und Ruth, ekelt sich vor einer sexlosen Person am Boden. Marathe trifft auf offene Ohren im Ennet House und darf bleiben. Joelle erinnert sich an Beziehung zu Orin, an ihren Putzfimmel, an die toxische Verbindung zwischen James, Orin, Avril und ihr.
  63. (11.11., Enfield): Mario dreht einen Dokumentarfilm über die ETA. Gespräch mit Avril spät in der Nacht. Frage nach Traurigkeit. Mario trifft Hal, Hal gibt Marihuana-Konsum zu, das Gespräch mit dem Urologen der Tennis Association, wie Permulis‘ einen Monat herausgehandelt hat. Marathe und Kate Gompert reden über Liebe, Marathe erzählt, wie er seine Frau Getraude getroffen hat.
  64. (17.11., Enfield): Hal erkundigt sich im Ennet House nach Hilfe. Molly gibt Auskunft über den Unterhaltungsfilm Unendlicher Spaß. In ihrer Version habe Joelle keinen Sex mit James, nur mit Orin gehabt. Joelle hat James vom Alkohol geheilt, was Avril nicht geschafft habe. Das Original könne sich in Avrils Händen befinden. Molly erzählt Joelles Geschichte, wie ihre eigene Mutter sie mit einer Chemikalie bewarf, die ihr Gesicht verätzte, weil der Vater inzestuöse Gefühle hegte. Hal fährt zu einem Narcotics Anonymous-Treffen, trifft den Bruder von Marlon K. Baine, der über sein innere Kind spricht. Gately liegt im Krankenhaus und wehrt sich gegen Beruhigungs- und Schmerzmittel. Er sieht einen Geist, der von einem Film spricht, der die Anhedonia seines Sohnes heilen soll (James seinen Sohn Hal?). Gately erinnert, fantasiert traurige Kindheitsereignisse.
  65. (19.11., Enfield): Marathe zusammen mit der AFR finden Joelle nicht. Sie überlegen einen Bus voller ETA Zöglinge zu entführen. Gately hat einen erotischen Traum von Joelle, erinnert sich an Mrs. Waite.
  66. (20.11., Enfield): Hal auf Entzug träumt von einem Zoo. Gately fühlt sich zu Joelle hingezogen, ersetzt die Lust auf Drogen mit der Lust nach ihr. Hal, in erster Person, geht mitten in der Nacht durch die ETA, trifft Stice, der an einer Fensterscheibe festgefroren ist. Stice spricht von einem Gespenst, Schatten, den er in der ETA sieht.
  67. (20.11.,Boston): Warnung über gefährliche Unterhaltungspatronen. Gatelys Doktor will ihn überzeugen, Demerol zu nehmen. Gatelys Sponsor geht. Gately wird aggressiv, erinnert an das erste Mal, als er Demerol nahm. Er wird von einer Krankenschwester gewaschen und versorgt und schämt sich. Charles ist lediglich Avrils Stiefbruder. Hintergrundgeschichte von Avrils Eltern. Gately spielte Football als Jugendlicher und galt als großes Nachwuchstalent. Gately wählte Drogen statt Football. Hal schaut sich einen weiteren Film von seinem Vater an. Gatelys Drogenkarriere und Einbrecherlaufbahn, und seine Beziehung zu Pamela Hoffmann-Jeep, der Betrug seines Kompanions, der Drogenrausch und Exzess. Steeply warnt Joelle. Über den Verbleib des Orginals von Unendlicher Spaß oder Samisdat gefragt, vermutet sie, dass es möglicherweise keines gibt, und wenn, dass es mit ihm vergraben worden sei. Hal schaut Filme von James, denkt an seinen Vater, will nicht mehr Tennis spielen und überlegt sich absichtlich zu verletzen. Erinnerungen an Orin, Avril und James. Joelle fragt Pat, sie unter Quarantäne zu stellen, um sie vor der AFR zu schützen.
  68. (20.11., Enfield): Familiengeschichte von Barry Loach, der als Obdachloser verkleidet Passanten darum bittet, ihn anzufassen, sehr viel Geld verdient, aber keiner berührt ihn. Nur Mario. Orin wurde gefangen genommen und wird mit Kakerlaken gefoltert. Er soll sagen, wo sich das Original von Samisdat befindet. Gately erinnert sich an die Party in der Wohnung, in der er mit Pamela Hoffmann-Jeep lebte, seinem Partner werden die Augen zugenäht, alle nehmen Heroin, er bekommt die dritthärteste Droge gespritzt. Gately erinnert sich nur noch an Strand und Sonnenschein.

Detaillierte Inhaltsgabe: „Hamlet“ ▼

  1. Setting:Die Ereignisse am dänischen Königshof finden vor dem Hintergrund statt, dass 1. Hamlet, Prinz von Dänemark, eine heimliche Affäre mit Ophelia, der Tochter des königlichen Ratgebers Polonius, hat; 2. Hamlets Vater plötzlich verstorben und sein Bruder Claudius, Hamlets Mutter heiratend, zum König gekrönt worden ist; 3. sowie ein politischer Konflikt mit dem Königreich Norwegen aussteht, nach welchem Hamlets Vater norwegische Gebiete unrechtmäßig in einem Duell mit Fortinbras erworben hat und nun an Fortinbras‘ Sohn abzutreten habe.
  2. Akt 1:Es gibt also ein territoriales, inter- und intrapersonales Konfliktpotential, die jeweils in Shakespeares Tragödie nach und nach eskalieren und zum Tode fast aller Beteiligten führen. Im Zentrum steht Hamlet, der Claudius weder als Stiefvater noch als König zu akzeptieren vermag, zumal ihm der Geist seines Vaters erscheint und ihn über die Umstände seines Todes aufklärt. Er wurde von Claudius hinterhältig ermordet. Um Claudius zu überführen, stellt er sich vorerst wahnsinnig.
  3. Akt 2: Polonius, der seiner Tochter Ophelia jeglichen Kontakt zu Hamlet bereits untersagt hat, bezieht Hamlets Wahnsinn auf den so erzeugten Liebeskummer und berichtet seiner Mutter Gertrude und Claudius davon. Derweil erreicht den Hof die Nachricht, dass eine diplomatische Einigung mit dem norwegischen Hof in Aussicht steht, nachdem Claudius Fortinbras‘ Sohn erlaubt hat, Dänemark auf einem Feldzug Richtung Polen zu durchqueren.
  4. Akt 3: Mit Hilfe einer Schauspielertruppe inszeniert Hamlet am dänischen Hof ein Schauspiel namens „Die Ermordung des Gonzago“, das verfremdet den Mord an Hamlets Vater nachstellt. Claudius bricht die Inszenierung ab, was Hamlet als Schuldeingeständnis wertet, und plant, ihn in England hinrichten zu lassen. Gertrude will zwischen den beiden vermitteln und bittet um ein Gespräch, das der Ratgeber Polonius hinter einem Wandteppich versteckt belauscht. Hamlet ereifert sich im Gespräch und jagt seiner Mutter Angst ein. Ihr Geschrei veranlasst Polonius, noch immer versteckt, um Hilfe zu rufen, woraufhin Hamlet, der in ihm Claudius vermutet, kurzerhand durch den Teppich hindurch ersticht.
  5. Akt 4: Claudius zwingt Hamlet mit dem Schiff nach England zu reisen, was Ophelia im Verbund mit dem Tod ihres Vaters in den Tod treibt. Ein Piratenüberfall gibt Hamlet die Gelegenheit und das Zusammentreffen mit Prinz Fortinbras‘ Truppen den Mut, nach Helsingør an den dänischen Hof in Schloss Kronborg zurückzukehren. Claudius, von Hamlets Rückkehr informiert, kann Polonius‘ Sohn Laertes, der einen Aufstand angezettelt hat, dazu bewegen, sich mit ihm gegen Hamlet zu verbünden. Laertes soll Hamlet in einem sportlichen Duell mit einem vergifteten Rapier töten und so den Tod seiner Schwester und seines Vaters rächen und Claudius Thron sichern.
  6. Akt 5: Bei der Beerdigung Ophelias kommt es zum Streit zwischen Hamlet und Laertes, und das Duell wird anberaumt. Laertes Fähigkeiten nicht trauend, hat Claudius Vorbereitungen getroffen, Hamlet mit einem Siegestrunk zu vergiften. Vor Aufregung greift Gertrude zu dem vergifteten Trunk und stirbt. Hamlet zwingt Claudius ebenfalls davon zu trinken, derweil er sowie durch eine zwischenzeitliche Verwechslung auch Laertes durch den vergifteten Rapier verwundet wurde. Beide sind bereits tot, als Prinz Fortinbras von seinem Polenfeldzug zurückkehrt und die Gebiete, wie von Hamlet gewünscht, übernimmt .

Erzählparadigma:

In Shakespeares Tragödie Hamlet, Prinz von Dänemark verläuft der zentrale Konflikt zwischen Hamlet, dem Prinzen und Sohn des verstorbenen Königs, und Claudius, dem Nachfolger und frischgebackenen Stiefvater. Hamlet erscheint der Geist seines verstorbenen Vaters, der ihn zur Rache für den an ihm verübten Mord anstachelt. Auf Unendlicher Spaß gemünzt lässt sich in Avril Gertrude, die Königin, und in Charles Tavis, Claudius, der Bruder des Königs erkennen mit dem Unterschied, dass Claudius Hamlets Onkel, Charles aber nur der Stiefbruder Avrils ist. In diesem Fall wäre Hal auch Hamlet, der ähnlich wie dieser zögerlich und zaghaft wirkt und wenig handlungsgetrieben:

Hal selbst hat seit Winzlingstagen kein intensives Innenlebengefühl mehr gehabt; Begriffe wie Lebensfreude oder Wertschätzung sind für ihn wie Variablen in erlesenen Gleichungen, und er kann sie gut genug handhaben, um jedermann zufriedenzustellen bis auf ihn selbst, der da drin ist, als Mensch in seiner eigenen Hülle – aber in Wirklichkeit ist er weit robotischer als John Wayne. Eines seiner Probleme mit der Moms ist, dass Avril Incandenza ihn als Menschen, und zwar als guten Menschen in- und auswendig zu kennen glaubt, während in ihm, wie Hal weiß, in Wirklichkeit praktisch gar nichts ist. Seine Moms Avril hört ihre eigenen Echos aus ihm heraus, glaubt aber, ihn zu hören, und das gibt Hal das einzige Gefühl, das er seit einiger Zeit bis Oberkante Unterlippe fühlt: Er ist einsam.    

Um das Erzählschema von Hamlet auf Unendlicher Spaß zu pressen, bedarf es mehr als nur die Namensverwandtschaften: Claudius/Charles, Hamlet/Hal, und der angebliche Geist in der ETA, den einige Zöglinge nachts vermeinen gesehen zu haben, sowie das Zitat aus Akt 5, Szene I in Hamlet:

Hamlet: Let me see. [Takes the skull.] Alas, poor Yorick! I knew him, Horatio. A fellow of infinite jest, of most excellent fancy. He hath borne me on his back a thousand tunes. And now how abhorred in my imagination it is!

Hamlet: Laß mich sehen. [Nimmt den Schädel.] Ach armer Yorick! – Ich kannte ihn, Horatio; ein Bursch von unendlichem Humor [Spaß], voll von den herrlichsten Einfällen. Er hat mich tausendmal auf dem Rücken getragen, und jetzt, wie schaudert meiner Einbildungskraft davor!

William Shakespeare aus: „Hamlet, Prinz von Dänemark“

Tatsächlich fügt David Foster Wallace dem Hamlet-Topos nichts als Diffusion zu. Statt eines Sohnes gibt es nun derer drei: Orin hat Probleme mit seiner Mutter und streitet mit ihr; Hal sieht Gespenster und hört seinen Vater durch die Filme hindurch; und Mario strebt danach, die Erbschaft des Vaters, das Filmen, fortzuführen. In diesem Sinne wären Orin/Mario/Hal das Analogon zu Hamlet, sowie Marathes Frau Gertraude, nur ohne Schädel, Avrils Namen bekommen hat, die wiederum auf Joelle/Ophelia eifersüchtig ist, mit der Orin eine Affäre hat wie Hamlet in der Tragödie. Joelle ist die Schutzbefohlene von Don Gately, der hiermit Polonius darstellt, und Laertes, der einen Aufstand anzettelt, wäre dann Randy Lenz. Trotz entfernter alliterativer Ähnlichkeit, Sinn ergibt das nicht:

Stice hatte gefragt, ob ich [Hal] an Geister glaube. Ich fand es immer ein bisschen grotesk, dass Hamlet all seiner lähmenden Erkenntnisskepsis zum Trotz die Realität des Geists nie anzweifelt. Sich nie fragt, ob sein eigener Wahnsinn in Wirklichkeit nicht ungeheuchelt sein könnte. Stice hatte versprochen, mir etwas Irrsinniges zu zeigen. Ob Hamlet also das Heucheln nicht nur heuchelte.

Im Grunde genommen handelt es sich bei Unendlicher Spaß um einen Drogenroman in der Tradition von Kai Hermanns und Horst Riecks Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Irvine Welshs Trainspotting, William S. Burroughs Soft Machine oder Junkie, der sowohl dokumentarische, medizinische, sozioökonomische Hintergründe beleuchtet sowie Ersatzdrogen und Kompensationsmechanismen aufzählt. Eine alles verbindende Struktur lässt sich nicht finden. Sucht- und Abhängigkeit, Sehnsucht nach Exzess, Sinnverlust gemahnen an Shakespeares Worte:

Was ist der Mensch,
Wenn seiner Zeit Gewinn, sein höchstes Gut
Nur Schlaf und Essen ist?
Ein Vieh, nichts weiter.
Gewiß, der uns mit solcher Denkkraft schuf,
Voraus zu schaun und rückwärts, gab uns nicht
Die Fähigkeit und göttliche Vernunft,
Daß ungebraucht sie in uns schimmle.

William Shakespeare aus: „Hamlet, Prinz von Dänemark“

David Foster Wallace zeichnet eine Welt nach, in der nur noch Rausch, nur noch Drogen, Essen, Sex bleiben, oder, als Gegenbild, nur ungebremste Leistungssportwut und Arbeitssucht herrschen. Liebe, Nähe, Intimität existieren nicht. Konsequenterweise bleibt jedwede Konsistenz, Zusammenhang, jede narrative Geschlossenheit verwehrt. Unendlicher Spaß löst absichtlich inhaltlich nicht ein, was es verspricht.

So bleiben inhaltlich gesehen Szenen von enormer Dichte, wie der innere Monolog Ededys, als dieser auf seine Dealerin wartet; Joelle, wie sie sich eine Überdosis verabreicht; diverse Erzählungen von Drogenabhängigen, wie sie ihren Familien, Kindern, Partnern geschadet oder sie sogar getötet oder zu ihrem Tod beigetragen haben; neben abstrusen, sich in die Länge ziehenden, an den Haaren herbeigezogenen Episoden wie das Spiel Eschaton; das Matratzen-Herumschieben von James‘ Vater; seitenlange Beschreibungen von Technologien und Elektrogeräten und Filmen, die nicht existieren, oder von Serien wie M.A.S.H. oder Hawaii-5-0, die in jedem einzelnen Detail auseinander genommen werden.

Am stärksten wirkt David Foster Wallace in diesem Auf und Ab dort, wo er sich beschränkt und fokussiert, bspw. auf Hal, wenn dieser sich an seine Kindheit und an glücklichere Zeiten erinnert:

Eine seltsam isolierte Erinnerung an Sommerschnaken, die die Luft über dem zotteligen Tierkopf der Topiarihecke eines Nachbarn tüpfelten. Unsere eigenen runden Stauden, die die Moms oben immer flach wie Tischplatten schor. Noch mehr Horizontalen. Das Aufjaulen der Heckenscheren mit ihren Kabeln in leuchtendem Orange. Ich musste bei praktisch jedem Atemzug schlucken. Ich erinnerte mich daran, wie ich mit schwerem Trödelschritt die Zementtreppe von der Straße zu dem spätviktorianischen Gebäude mit Krüppelwalmdach hinaufgestiegen war, dessen knappe Höhe von der Treppe aus ihm das verzerrte Aussehen einer zähflüssig herabhängenden Flüssigkeit gab: überladen verzierte Traufen, wellige Schindeln aus verwittertem Rot, Zinkregenrinnen, die von den Studenten der Moms gesäubert wurden.

Was aber inhaltlich nicht überzeugt, vom Plot her gesehen zu zerfahren, zu zusammenhangslos, beliebig und zusammengewürfelt erscheint, rettet sich durch den Stil, wie ich im nächsten Teil darstellen werde.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Außerplanmäßig werde ich ab und zu Besprechungen zu Klassikern posten. In diesem Zuge soll nach und nach mein Ein Kanon an Leben und Inhalt gewinnen.
Andere aktuelle und Klassiker-Kurzrezensionen findet sich vorab bereits hier.

5 Antworten auf „David Foster Wallace: „Unendlicher Spaß“ (i: Inhalt)“

  1. Ein Buch, von dem ich immer mal wieder gedacht habe, ich sollte/wollte es lesen, aber … es gibt so viele, lesenswerte Bücher!
    Die Kritiker spannen einen großen Bogen – da befindet man sich immer in bester Gesellschaft, egal, zu welcher Position man selbst findet.
    Der Plot, den du schilderst, reizt mich überhaupt nicht, dieses Buch zu lesen, doch die Eigencharakteristik, die Hal in dem Zitat in deinem zweiten Teil zeichnet, schon, reicht aber nicht als Motivation meine bestehenden Lesepläne umzuwerfen.
    Die Hamlet-Parallelführung finde ich nicht ganz überzeugend, sie klingt wie der Versuch, einem losen Haufen durch Kontext Bedeutung zu verschaffen. Vieles, was du erwähnst, deutet für mich auf eine Parabel auf den Zustand der US-amerikanischen Gesellschaft hin, Zerfall der Strukturen, Beziehungslosigkeit, Projektion …
    Buchbesprechung mit Cliffhanger ist was Neues, Alexander, nicht ohne Reiz – deine Stilanalyse erwarte ich gespannt.

    1. Liebe Ule! Danke. Dieses Buch ist ein Brocken, den ich quasi anderthalb Jahrzehnte vor mir her geschoben habe 😀 Leider ist es zu lang, zu vielfältig, so konnte ich es nicht in mein übliches Format stecken und dachte, nun, ich schreibe einfach drei kürzere … der Cliffhanger war so gar nicht geplant. Er beschreibt auch mein Leseerlebnis. Zuerst völlig ernüchtert, dann doch etwas besänftigt … es ist ein sehr zeitgemäßes Buch. Ich selbst empfinde die Hamlet-Parallele als äußerst bemüht und an Joyces Odysseus in „Ulysses“ angelehnt.

      „Die Hamlet-Parallelführung finde ich nicht ganz überzeugend, sie klingt wie der Versuch, einem losen Haufen durch Kontext Bedeutung zu verschaffen.“

      Das trifft es genau! Ich werde die Stil-Besprechung übrigens heute noch hochladen, muss noch einige Korrekturen daran vornehmen. Morgen folgt dann mein Resümee. Ich habe es seinerseits auch mit Ayn Rands „Atlas Shrugged“ so gehalten – anders schaffe ich es nicht, ein Schlussstrich unter dieses etwas verstörend umfassende Prosawerk zu ziehen. Nochmals Danke, Ule, für deine Worte. Das Buch liegt längst nicht mehr im Fokus des Interesses, aber es nagte in meinem Unbewusstsein an mir, es noch nicht gelesen zu haben. Viele Grüße!!

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