Juli Zeh, Simon Urban: „Zwischen Welten“

Zwischen Welten
Im Räderwerk der Eitelkreiten … Spiegel Belletristik-Bestseller (08/2023)

Der bekannteste Briefroman in deutscher Sprache ist bislang Johann Wolfgang Goethes Die Leiden des jungen Werthers geblieben. Zu den hervorragenden Eigenschaften dieser Romangattung gehört, die Inszenierung, scheinbar in Echtzeit ablaufende Vorstellung von Authentizität. Das Publikum darf sich angesprochen fühlen. Es ist Teil eines privaten Vorganges, einer intimen Geschichte, die sich vor den eigenen Augen entfaltet. Zumeist, um das Erlebnis zu steigern, wird eine auktoriale, die Schriften herausgebende und kommentierende Stimme zugeschaltet. Diese bestätigt vor allem, dass das, was zu lesen ist, der Wahrheit entspricht und vom Publikum skrupellos verfolgt werden darf. Dieses Stilmittel findet in Juli Zehs und Simon Urbans E-Mail- und Whatsapp-Roman Zwischen Welten keine Anwendung. Das Publikum gehört zu einer Art Nachrichtendienst, der ungefragt die Aufzeichnung zweier Privatmenschen tickerartig aufzeichnet. Der Roman beginnt, indem er mit der Tür ins Haus fällt:

17:22 Uhr, Stefan per E-Mail:
Hallo Theresa!
Trotz meines WhatsApp-Terrors von heute Morgen keine Nachricht von dir. Das kann man konsequent nennen. Oder sadistisch. Diese Seite an dir ist neu. Aber ich habe ja gestern Abend viel Neues entdeckt. An dir und an mir.

Juli Zeh, Simon Urban aus: „Zwischen Welten“
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