Raphaela Edelbauer: „Die Inkommensurablen“

Die Inkommensurablen
Sprachfreudige Ideologiekritik im Vorkriegswien … Longlist des Deutschen Buchpreises 2023

Raphaela Edelbauers neuer Roman Die Inkommensurablen lebt von dem Zauber, den die Moderne Anfang des 20. Jahrhunderts ausstrahlte. Er steht im Zusammenhang mit dem kollektiven Unbewussten eines Carl Gustav Jungs, mit dem Geheimnisvollen der Mathematik des Unendlichen eines Georg Cantors und dem nationalistischen Zeitgeist eines Vorkriegswiens im Jahre 1914, auf das die kommenden Schrecken des 1. Weltkrieges noch warten. Sprachlich und stilistisch stellt sich Edelbauers Roman in die Tradition eines Robert Musils aus Der Mann ohne Eigenschaften, Alfred Kubins Die andere Seite und Hermann Hesses Die Morgenlandfahrer. Zwischen den Zeilen schimmert ein Unbehagen an einem selbstbezogenen ästhetisch-begründeten Hedonismus hindurch, dem David Foster Wallace auf eigenwillige Weise in Unendlicher Spaß eine Absage erteilt. Im Gegensatz zu diesem verbleibt Edelbauer aber ganz und gar klassizistisch:

Wer die Karlskirche betritt, befindet sich in zu Stein gewordenem Gedächtnis. Sie ist aber – ganz als hätte ihr Grazer Architekt auch der österreichischen Seele als Ganzem ein Denkmal setzen wollen – nicht nur ein eklektizistisches Kind eines Vielvölkerstaates. Sie ist auch ein Meisterstück abgeschlossener Vereinzelung. Fischer von Erlach orientierte sich beim Bau an den Schriften des Mathematikers Gottfried Wilhelm Leibniz, und so ist die Karlskirche, ganz wie Wien selbst, Monade: fensterlos und gegen Veränderung indifferent.

Raphaela Edelbauer aus: „Die Inkommensurablen“

Inhalt/Plot:

Die Inkommensurablen handelt von der Freundschaft zwischen Hans, Adam und Klara. Adam stammt aus einer Militärfamilie und wartet auf seine Einberufung in den drohenden Krieg mit dem russischen Zarenreich. Klara steht vor ihrem Rigorosum an der Universität in Wien, um ihren Doktorgrad in Mathematik zu erwerben; und Hans ist aus Innsbruck in die Großstadt Wien geflohen, um seinem Elend als Pferdeknecht zu entkommen. Als uneheliches Kind durfte er die Firma seines Vaters nicht erben, als dieser bei einem Unfall ums Leben kam, und wurde gezwungen das Leben am Gymnasium und die bürgerliche Existenz gegen ein Leben als Knecht auf einem Hof in Tirol einzutauschen. Sieben Jahre später, hier setzt die Handlung des Romans ein, entscheidet er sich, in die Großstadt Wien zu entfliehen, um sich dort, ohne Geld, Abschluss, ohne Referenzen einer Psychoanalytikerin namens Helene Cheresch vorzustellen und sich als Versuchsobjekt anzubieten, denn er vermeint sich im Besitz einer besonderen Gabe:

»Fassen Sie zusammen, weswegen Sie gekommen sind, sonst vertun wir unsere Zeit.« Mächtig blies sie eine Wolke aus. »Eine Gabe wollen Sie also haben?« […]
»Seitdem, in Summe also schon fünf Jahre, bemerke ich nahezu pausenlos, dass andere Menschen – meist solche, die ich gar nicht kenne – meine Gedanken aussprechen. Es ist unmöglich, ich weiß« – er glaubte, sie wollte etwas sagen, doch sie spornte ihn durch eine Handbewegung an weiterzureden.

In der Hoffnung, zu Besonderem erwählt zu sein, erzählt er Helene seine Lebensgeschichte und trifft dort auf die miteinander befreundeten Klara und Adam, die sich ebenfalls in Behandlung bei Helene befinden: Adam wegen Angststörungen und halluzinatorischer Selbstgespräche, Klara aber wegen einer von Helene durchgeführten Feldforschung in Sachen Traumdeutung. Die Stadt Wien empfängt Hans freundlich. Bereits am Bahnhof schenkt ihm jemand Brot und Adam und Klara nehmen ihn wie einen altbekannten Freund auf, kleiden ihn ein und versorgen ihn. Es beginnt eine 24-stündige Odyssee durch die finsteren und hellen Ecken Wiens, über dem das Damoklesschwert eines Krieges mit Russland hängt, denn das Ultimatum, das Kaiser Wilhelm II. an den Zaren gestellt hat, steht kurz vor dem Ablauf, bis es schließlich so weit ist:

Eine neue Gerichtsbarkeit hatte sich über die Welt gesenkt, eine Kriegsordnung, die mit einem Schlag das zivile Recht ersetzt hatte. Selbst wenn sie nach Hilfe schreien würden, würde niemand kommen. Selbst wenn sie alle gegen einen aussagen würden, würde er die Oberhand behalten. Jeder Mensch hatte an diesem Morgen einen neuen Wert erhalten. Jedes Glas Wein, das man trank, jedes Stück Brot, das man verzehrte, war nun Staatsangelegenheit, weil er von der Solidarität oder Abweichung mit und von dieser Masse zeugte, die da unten wogte. Die Volkskörper, die dies kontrollierten, standen stramm vor ihnen.

In den erwähnten 24 Stunden erleben Hans, Klara und Adam allerhand. Zuerst begleitet Hans Adam zu einer Orchesterprobe, in der wegen des bevorstehenden Krieges ein Streit ausbricht und es zu Handgreiflichkeiten kommt. Adam zieht den Kürzeren. Klara, die zu ihnen stößt, rettet ihn, bevor er noch schwerere Wunden davonträgt. Sie gehen zu Adams Wohnung, wo sie ihn verarzten, Hans einkleiden, ein Bad gewähren und schließlich zusammen mit Offizieren dinieren, mit denen Klara einen Streit über den Krieg anfängt:

 »Ich spreche davon, dass keiner von Ihnen hier am Tisch ins Feld ziehen wird, während Sie Millionen junger Menschen an die Front schicken. Um sie zwischen Gegnern zu zerreiben, an denen ihnen gar nichts liegt. Und dann sprechen Sie von Volksfeinden, wenn die Sozialdemokratie den Schulterschluss der Völker fördert, um den wahren Feind zu enttarnen –«
»Na, ganz so ist es ja nicht«, sagte Adam, wie in einem letzten Versuch, den Schaden zu mindern.
»– den Nationalismus!«, schrie Klara triumphierend.

Sie entfliehen der elterlichen Gesellschaft und retten sich in die Wienerische Dämmerung und in ein Lokal, wo Klara und Hans Stammgäste sind. Es kommt dort zu Intimitäten: Adam bittet Hans ihn vor einer Prostituierten zu schützen; Klara erweist sich als Lesbierin, und Hans scheitert beim Versuch, die Prostituierte von Adam fernzuhalten, die sich als Freundin von Lotte entpuppt, mit der Adam ein uneheliches Kind namens Marie hat. Später greift ein gewisser Heinrich, der zu Feldforschungsgruppe der Psychoanalytikerin Cheresch gehört, Klara mit einem Messer an, um von ihr Informationen über seine Alpträume zu erpressen, denen er seit der Therapie ausgesetzt ist. Sie überwinden ihn und sperren ihn ein und ziehen dann weiter:

Die nahe Turmuhr schlug halb zwei, da waren sie den Naschmarkt wieder heruntergestolpert. Hans war sicher, dass sie, nach allem, was geschehen war, den Weg nach Hause antreten würden. Es waren 42 Stunden vergangen, seit er zum letzten Mal geschlafen hatte, und langsam fühlte er wirkliche Schwäche. Als sie aber am Karlsplatz anlangten – dort, wo vor einem jetzt endlos scheinenden Halbtag sein neues Leben begonnen hatte –, bogen sie nicht zur Innenstadt hin ab.

Sie gehen nun in ein Untergrundsvarieté namens Trabant, um Lotte und Marie Geld zu überbringen, hören dort eine Art Predigt unter Drogeneinfluss, geraten in eine Massenpanik als das Ultimatum abläuft und Russland eine Generalmobilmachung ausruft. Klara, Hans und Adam arbeiten sich durch die aufgebrachte Menge zum Wiener Bezirk Favoriten durch. Klara benötigt dort, bei ihren ärmlichen Eltern deponierte Unterlagen, die kein Verständnis für Klaras berufliche Entscheidungen aufbringen können. Wie bei Adams Eltern kommt es erneut zum Streit. Sie erkämpfen sich den Weg in die Universität. Klara hält ihren Vortrag. Es kommt zu Protestaktionen, und der Roman endet mit Hans und Helene Cheresch, die in einem Vorstadthaus über Träume und menschliche Manipulierbarkeit sprechen, bis Hans der Geduldsfaden reißt und sich entschließt, freiwillig in den Krieg zu ziehen. 

Stil/Sprache/Form:

Die Inkommensurablen erzählt die beschriebenen 24 Stunden in Wien linear, unterbrochen nur durch jeweils am Ende des Kapitels gesetzte Erinnerungsstücke der jeweiligen Figuren, die deren Hintergrund beleuchten, bspw. wie Adam zum Bratsche-Spielen kam, dass Klara aus ärmlichen Verhältnissen stammt, oder wie Helene ihrem bürgerlich-konservativen Elternhaus entflieht. Zudem gehen weite Passagen über psychoanalytische, mathematische, philosophische Themen, die die Figuren mehr oder weniger inkohärent darstellen. Die Improvisation bleibt oberflächlich und zeigt, dass die Figuren keinerlei tieferes Interesse an den Thematiken besitzen. Es geht um Schlagwörter, um Modebegriffe, schließlich um Sex und Drogen und Ausschweifungen ohne jedwedes Verantwortungsgefühl. Alle Figuren bleiben darum bemüht, ihre eigene Libido so ungestört wie möglich auszuleben: Adam in Bordellen; Helene und Klara bei den lesbischen Suffragetten; Hans bei der großstädtischen Décadence, fernab von seinem Leben als Pferdeknecht. Helene fasst ihren geteilten Zynismus zusammen, ohne ihn hinter einer Maske des Humanismus und wissenschaftlichen Interesses zu verstecken:

»Ich glaube, es hat keinen Sinn, hier ein großes Theater aufzuführen, deswegen beginne ich von vorn. Also. Die Masse zeichnet sich durch mehrere Gefühlsregungen aus«, sagte sie. »Triebhaftigkeit, Reizbarkeit und Unfähigkeit zu logischem Denken. Deswegen sind Gefühle in ihr auch grundsätzlich von einem zum anderen übertragbar. So berichtet es wenigstens Gustave Le Bon. Die Dummen verlieren in ihr das Gefühl, dumm zu sein – die Planlosen glauben, einen Plan zu haben. Und wenn dann eine große Idee kommt, die all das orchestriert, dann kann man mit bestimmten Bildern eingreifen. Denn das Kollektiv denkt immer nur in Bildern, musst du wissen. Das Unwirkliche wird dann so echt wie das Reale.«

Edelbauer erzählt geradeheraus, lässt Traumsequenzen und Realität ineinander übergehen, stets die Grenzen des Wahrscheinlichen und Unwahrscheinlichen benennend, walzt nichts aus und lässt das bunte Nachtleben des Vorkriegswiens in allen möglichen und kunterbunten Farben schillern. Ihre Sprache vermag, was die Figuren sich für ihren Alltag wünschen, dem Grau in Grau Neues, Abenteuerliches abzugewinnen, die Sinne zu entriegeln. Die Sätze wirken nie bemüht. Die Wortwahl erfindungsreich. Der Erzählfluss wohltemperiert.

Die Erinnerung an seine Freunde stieß immer wieder in ihn – Freunde! Die einzigen! – und sie gemeinsam in dieser letzten Nacht der Menschheit. Dumpf, nur mehr ein Schemen. Hans war noch nie im Meer gewesen, doch er stellte es sich so vor: Wellen um Wellen an Erinnerung, an denen man sich halten wollte, doch was man verzweifelt schlug, war Schaum. Nichts – nichts. Und dennoch stieß immer wieder das Glück in ihn, dass es geschehen war. Eine heiße Klinge war diese Freude.

Vielleicht ist die Zahl der Themen bei Edelbauers Die Inkommensurablen etwas zu hoch, und vielleicht vertragen sich die Symboliken von Jungs Archetypen mit den irrationalen Zahlen und den Dedekindschen Schnitten nur oberflächlich im phantasmagorisch-antizipierten Unendlichen, die kleinen Szenen jedoch, in denen die Figuren die Welt erleben, der sie zu entfliehen suchen, überzeugen durchweg und stellen den Sinn für das Hintergrundrauschen des Diskurses über Traum, Moral und Libido dar.

Kommunikativ-literarisches Resümee:

Die Inkommensurablen steht in einer ganzen Reihe von ähnlichen Romanen. Hermann Brochs Die Schlafwandler tauchen fast direkt auf. Karl Kraus‘ Die letzten Tage der Menschheit schimmert überall hindurch, und die Stimmung und Atmosphäre schließt sich an Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften an, dessen Diktion Edelbauer ebenfalls übernimmt. Von diesen offensichtlichen Parallelen abgesehen, die allesamt auch in Wien spielen, steht Erich Kästners Fabian – Die Geschichte eines Moralisten Pate für die Beschreibung des Nachtlebens:

In Haupts Sälen war, wie an jedem Abend, Strandfest. Punkt zehn Uhr stiegen, im Gänsemarsch, zwei Dutzend Straßenmädchen von der Empore herunter. Sie trugen bunte Badetrikots, gerollte Wadenstrümpfe und Schuhe mit hohen Absätzen. Wer sich derartig auszog, hatte freien Zutritt zum Lokal und erhielt einen Schnaps gratis. […] Der Tanzmeister schrie, man möge sich auf die Damen stürzen, und das geschah. Die dicksten und frechsten Frauenzimmer wurden bevorzugt. Die Weinnischen waren schnell besetzt. Die Barfräuleins hantierten mit dem Lippenstift. Die Orgie konnte beginnen.

Erich Kästner aus: „Fabian“

Im Gegensatz aber zu Kästners Erzähler in Fabian enthält sich Edelbauer der Wertungen. Die Erzählweise bleibt dicht an den Szenen, beschreibt, füllt, lässt der Imagination freien Lauf und erzeugt so eine enge, bedrückende Stimmung. Die Inkommensurablen betreibt Ideologiekritik durch die Hintertür, wo Kästner kein Blatt vor den Mund nimmt und kurzerhand sogar seine Protagonisten über die Klinge springen lässt. Inhaltlich verschwistert besitzen Fabian und Edelbauers Roman jedoch formal keinerlei Ähnlichkeiten. Kästner schreibt klare, kurze, schnelle Sätze, die ihre Pointe nicht aus den Augen lassen. Edelbauer verliert sich in langen, aufwendig konturierten, aber nie gewollt erscheinenden Satzkonstruktionen:

Oft balgten sich die Atmosphärengefälle bis zum Atlantik – warfen und drehten sich über Frankreich und in die Schweiz, wo sich in der Nacht auf den 3. Februar ein Gewitter zwar nur sporadisch, aber stellenweise heftig in elektrischen Entladungen manifestierte, wie es in der Zeitung hieß. Eine über den ganzen Kontinent ausgebreitete heftige Wetterdepression begann auch in Europa – strenge Frostperioden, die die schlecht in Stand gehaltenen Fenstergiebel sprengten, in denen das Sickerwasser gärte. Der Tod hatte seine Eintrittspforte gefunden.

Der Vergleich zum Beginn von Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften drängt sich auf:

Über dem Atlantik befand sich ein barometrisches Minimum; es wanderte ostwärts, einem über Rußland lagernden Maximum zu, und verriet noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren taten ihre Schuldigkeit. […] Der Wasserdampf in der Luft hatte seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft war gering. Mit einem Wort, das das Tatsächliche recht gut bezeichnet, wenn es auch etwas altmodisch ist: Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913.

Robert Musil aus: „Der Mann ohne Eigenschaften“

Und in der Tat wirkt Raphaela Edelbauers Die Inkommensurablen wie eine kondensierte Version von Robert Musils großangelegtem Roman. Wo dieser lang und breit die Ideenwelt des Vorkriegswiens beschreibt, deutet Edelbauer nur an. Aus der Parallelaktion wird eine Parallelwelt, die Realität gerät zum Traum, der Hedonismus zerbirst am eigenen Anspruch. Edelbauer lässt kein gutes Haar an den realitätsfremden Gesprächen ihrer Protagonisten. Der Rigorosumsvortrag Klaras gerät zur akademischen Makulatur, und der Rest bleibt Krieg und Verheerung. Schließlich wollen auch die Inkommensurablen einfach nur in Saus und Braus dazugehören:

Für einen Augenblick wollte er unterm Trugbild dieser Lichtspiegelung die Menschen warnen, wollte wenigstens die Kinder herausziehen. Doch er begriff, dass es vergebens war. Nein, das waren keine Menschen mehr, es war eine Masse. Grobkörnig war dieser Zug und doch ganz uniform. Etwas gestern noch Mannigfaltiges war vom Gewicht des darauf abgestellten Sommertags zusammengepresst wie von einem kosmischen Glasblock. Wohin mit sich? Es zog ihn ja auch mächtig hinein, das spürte er.

Eloquenter und mit mehr Sprachfreude lässt sich Ideologiekritik wirklich nicht betreiben.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Nächste Woche am 19. September 2023 auf Kommunikatives Lesen:
Bespreche ich Hanna Bjørgaas‘ Das geheime Leben in der Stadt, das einen ungewöhnlichen Blick auf die Welt des Großstadtmenschen wirft.

Eine Kurzversion der Besprechung und noch andere aktuelle Kurzrezensionen findet sich vorab bereits hier

7 Antworten auf „Raphaela Edelbauer: „Die Inkommensurablen““

  1. Hmmm, zu Beginn deiner Rezension dachte ich „Ein Roadmovie in einer Nacht“ Aber so despektierlich will ich dann von einem an den „Mann ohne Eigenschaften“ angelehnten Roman doch nicht reden 🙂

    1. Doch, das passt sehr gut! „Roadmovie“ und die Anleihen zu Kerouac, ein bisschen Beatniks, ein bisschen Swingkids … irgendwo zwischen Drogen, Musik, Psychoanalyse und kollektivem Unbewussten lauert da die Nacht der Tausend Eulen, die glotzen und schmunzeln. Es gibt einen sehr untergründigen, feinzisilierten Humor in Edelbauers Stil, den ich schwerlich in Worte fassen vermochte – dein Kommentar fängt diese Fabulierlust ein wenig ein. Schön!

  2. Immer noch, seit längerem und auch jetzt noch nach deiner Beschreibung, bin ich im Zweifel, ob ich dieses Buch nun lesen möchte oder nicht.
    „Mann ohne Eigenschaften“ habe ich gerne gelesen, Bücher, die sich über einen kurzen Zeitraum erstrecken, mag ich auch, aber ungare Zeitgeisthopper reizen mich eher nicht. Ich werde meine Entscheidung noch etwas offen halten.

    1. Dann habe ich nicht deutlich genug heraus gestellt, wie angenehm sich Edelbauers Stil lesen lässt, wie die Sätze fließen, wie diese Nacht vor dem inneren Auge entsteht, sich aufbaut und wieder verpufft. Sie schreibt exakt gegen das Schnelle, das Zeitgemäße, indem sie das Modische in seiner zeitlosen Vergänglichkeit darstellt. Aber ja, es muss einem der Sinn danach stehen – die Kürze des Buches, das ist, was ich wirklich bedauere. Es hätte gerne 1500 Seiten haben können. Ich hätte es gerne gelesen 🙂

      1. Das war jetzt ein ganz wichtiger Nachtrag für mich, lieber Alexander. Es ist aber gut möglich, dass ich einfach zu flüchtig gelesen habe – und weniger, dass es deiner Rezension an Deutlichkeit fehlt.

  3. Ich bin nicht überzeugt, dass es ein Buch für mich ist, aber ich wollte dir bekunden, dass ich nach der Lektüre deiner Rezension doch zumindest stark ins Zweifeln geraten bin. Hm. Ich überlege weiter.
    Abendgrüße 🍵🍪🧀

    1. Ich glaube, dass du das Buch vom Stil her mögen würdest, nur antwortet das Buch auf eine Diskussion oder eine Problemstellung, die vielleicht nicht unbedingt so interessant ist. Robert Musil beschrieb es in „Die Schwärmer“, die, die einfach nur träumen wollen, ganz weit weg, etwas ganz Besonderes sein, mit dem Alltag nichts zu tun haben, sich abheben, etwas Besseres sein – Edelbauer unterläuft ihre Tendenzen und Diskurs mit tollem Humor, ohne anzugreifen, aber ein neues Selbstverständnis entsteht aus dieser Behandlung nicht wirklich. Ich mochte das Buch gerade wegen seines Sanftmutes. Abendgrüße zurück!!

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