Sigmund Freud: „Jenseits des Lustprinzips“

Einem neuen dynamischen Materiebegriff entgegen.

Einer der Schlüsseltexte der klassischen Psychoanalyse erschien 1921 und heißt Jenseits des Lustprinzips. In diesem Aufsatz führt Sigmund Freud zum ersten Mal den Todestrieb ein, der zu Zerwürfnissen innerhalb der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung führte. Die meisten Psychoanalytiker, bspw. Wilhelm Reich, versuchten weiterhin, Aggression als Reaktion auf sozial auferlegte Entsagung und Frustration zurückzuführen. Sigmund Freud bestand jedoch auf seiner Neuerung, zumal sie einen gesicherten Begriff für die von ihm beobachteten selbstzerstörerischen Tendenzen des Menschen liefert. Die Lektüre von Marie Kjos Fonns Roman Heroin Chic bot nun einen willkommenen Anlass, sich erneut und eingehender mit Freuds metaphysischen Spekulationen auseinanderzusetzen:

Irgend einmal wurden in unbelebter Materie durch eine noch ganz unvorstellbare Krafteinwirkung die Eigenschaften des Lebenden erweckt. Vielleicht war es ein Vorgang vorbildlich ähnlich jenem anderen, der in einer gewissen Schicht der lebenden Materie später das Bewußtsein entstehen ließ. Die damals entstandene Spannung in dem vorhin unbelebten Stoff trachtete darnach, sich abzugleichen; es war der erste Trieb gegeben, der, zum Leblosen zurückzukehren.

Sigmund Freud aus: “Jenseits des Lustprinzips
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Kalenderwoche 34/35. Lesebericht.

Viel Platon gelesen, mich mit Kummer aller Art von Mariana Leky amüsiert und Ferdinand von Schirach zur Kenntnis genommen. Die Mühe mit Platon hat sich jedenfalls gelohnt. Im Gegensatz zu den kürzeren Dialogen spannte Der Staat eine ganze Bandbreite an Problemen auf und bearbeitete sie über Hunderte von Seiten immer wieder aus mehreren Perspektiven aus. Hierdurch entstand ein sehr lebendiger Eindruck von Platons Metaphysik, der ich schriftlich noch diese Woche etwas nachgehen und nachspüren möchte. Die Zahlenmystik der Pythagoreer hat mich etwas abgehängt – die Verhältnisse von Rechtecken, von platonischen Zahlen, das Oblong sind mir ein Rätsel geblieben. Wahrscheinlich werde ich nach Der Staat nun auch noch einmal Lukrez Die Welt aus Atomen zur Hand nehmen. Warum ich aber plötzlich in die antike Philosophie gerutscht bin, weiß ich nicht. Lukrez schlägt jedenfalls einen viel fröhlicheren Ton an als der etwas resignative Platon:

Aber an keinem Teil dagegen kann und zu keiner
Zeit das stofflose Leere ertragen irgend etwas nur,
ohne, was seine Natur verlangt, ihm [dem Wasser] weiter zu weichen.
Darum muss auch alles hindurch durch das ruhige Leere
gleichschnell, obschon mit Gewichten die ungleich, erregt sich bewegen.

Lukrez aus: “De rerum natura – Welt aus Atomen”
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