Haruki Murakami: „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“

Die Stadt und ihre ungewisse Mauer
Die Stadt und ihre ungewisse Mauer … Friede, Freude, Eierkuchen?

Von phantastischer Literatur lässt sich nur vor dem Hintergrund eines entzauberten Weltbildes sprechen. Erst wenn alles scheinbar erklärbar, rationalisierbar und mit Wahrscheinlichkeitsattributen versehbar geworden ist, gibt es eine diesen Erwartungshorizont durchbrechende Fiktionalität, die vordem lediglich Teil einer mystisch aufgeladenen Welt gewesen ist. Phantastik zeichnet sich nämlich in Abgrenzung zum Märchen und zur Fantasy-Literatur dadurch aus, dass die Ambiguität der anderen Welt thematisiert und mit einer wahrscheinlichen (realen, quasi deterministischen) kontrastiert wird, indessen das Märchen oder das Fantasy-Setting die Imagination absolut setzt und immersiv wirken lässt. Gebrochene Fantasy schreiben Mary Shelly, Edgar Allan Poe oder im deutschen Sprachraum Alfred Kubin mit Die andere Seite oder Gustav Meyrink Der Golem, in deren Tradition Jorge Luis Borges und auch Haruki Murakami stehen, der nun einen neuen Roman herausgebracht hat mit dem Titel Die Stadt und ihre ungewisse Mauer:

Waren wir ein Liebespaar? Konnte man das so nennen? Ich weiß es nicht. Doch zumindest waren wir, du und ich, fast ein Jahr lang unzertrennlich. Und irgendwann schufen wir uns eine besondere geheime Welt, nur für uns beide – die wundersame Stadt, umgeben von der hohen Mauer.

Haruki Murakami aus: „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“

Inhalt/Plot:

In Die Stadt und ihre ungewisse Mauer spricht ein namenloser Ich-Erzähler über die Liebe seines Lebens. Sie, sechzehn Jahre alt, er, siebzehn, treffen sich bei einem Literaturwettbewerb. Keiner der beiden gewinnt den Preis, aber sie lernen sich kennen, schreiben sich Briefe und nähern sich sanft an:

Wir besuchen einander nie zu Hause. Auch unsere Eltern und Freunde stellen wir einander nicht vor. Kurz gesagt, wir wollen von niemandem – in welcher Welt auch immer – gestört werden. Unsere Zweisamkeit stellt uns vollauf zufrieden, und wir empfinden keinerlei Bedürfnis, ihr irgendetwas hinzuzufügen. Auch körperlich ist kein Platz für mehr. Denn wie gesagt, haben wir uns so unendlich viel zu sagen, und unsere gemeinsame Zeit ist begrenzt.

Er begehrt sie sehr, sie aber zieht sich zurück, will sich öffnen, kann aber noch nicht. Sie tröstet ihn mit der Erzählung von der geheimnisvollen Stadt, die eine bewegliche Mauer besitzt mit nur einem Toreingang, der zudem von einem Wächter streng bewacht und geschlossen gehalten wird. Die Menschen führen in der Stadt ein einfaches, zurückgezogenes Leben ohne moderne Technologie, ohne Wissenschaft, Automobile oder Internet. Ihr Leben gleitet zeitlos dahin. Der Uhrturm in der Mitte der Stadt hat ein Ziffernblatt ohne Zeiger. Sie, das wahre Ich des Mädchen, arbeitet dort im Archiv als Bibliothekarin. Neben den friedlichen, leisen Menschen leben noch Einhörner in der geheimnisvollen Stadt, die aber für eine Woche im Jahr aus der Stadt vertrieben werden, wenn sie sich paaren:

In dieser Zeit sind [die Einhörner] unvorstellbar wild, ganz anders als sonst. Die Bullen fressen nicht mehr und liefern sich tödliche Kämpfe um die Kühe. Unter lautem Röhren versuchen sie ihrem Rivalen ihr spitzes Horn in die Kehle oder den Bauch zu stoßen.
Während der Paarungszeit dürfen die Tiere eine Woche lang nicht in die Stadt. Der Wächter hält das Tor geschlossen, um die Einwohner vor der Gefahr zu schützen […] Die blutgetränkte Erde bringt eine neue Ordnung und neues Leben hervor.

Bevor sie sich beide auch körperlich lieben können, denn sie hat ihm bereits versprochen, ganz ihm zu gehören, verschwindet sie spurlos und hinterlässt in ihm eine lebensbestimmende Sehnsucht. Er wächst heran, bindet sich, aber findet keine Liebe mehr. Er bleibt Single, arbeitet bei einem Buchverlag, bis er es nicht mehr aushält. Er muss sein Leben verändern, kündigt und versackt, bis er sich so sehr langweilt, dass ihn wilde Träume von einer Bibliothek ergreifen. Er nimmt sie zum Anlass nach einer Position als Bibliothekar zu suchen und findet eine in der Präfektur Fukushima. Dort lernt er seinen Vorgänger Tatsuya Koyasu kennen und beginnt eine Liebesbeziehung mit der Wirtin eines Cafés, die eine Scheidung verarbeitet und aus Angst vor körperlicher Nähe ein Korsett trägt:

Mein Bewusstsein kehrte ins Hier und Jetzt zurück. Ich befand mich im ersten Stock über dem Café in ihrer bescheidenen Behausung. Wir saßen eng umschlungen auf dem Sofa. Sie hatte sich in ein strammes Korsett gezwängt, um sich so gut wie möglich vor »hypothetischen Dingen« zu schützen.
»Es tut mir leid, dass ich nichts für dich tun kann«, sagte sie. »Ich mag dich wirklich. Deshalb würde ich es gern können. Wirklich. Aber ich kann einfach nicht.«

Wieder steht die innerliche Distanz, das Misstrauen zwischen dem Ich-Erzähler und seiner körperlichen Erfüllung. Er akzeptiert diese Tatsache umstandslos, verbleibt aber unruhig und verspannt. Die Fiktion, die geheimnisvolle Stadt, ersetzt nur sehr bedingt die Nähe, nach der er sich sehnt, die körperliche Erfüllung, die ihm im wahren Leben versagt bleibt:

»Ich bin ans Warten gewöhnt«, hatte ich zu ihr gesagt. Aber stimmte das denn wirklich? Mein Atem kondensierte zu einem weißen Fragezeichen in der Luft. Vielleicht war ich gar nicht ans Warten gewöhnt, sondern man hatte mir nur keine andere Wahl gelassen?
Außerdem – worauf hatte ich denn gewartet? Wusste ich es überhaupt? Oder hatte ich immer nur geduldig darauf gewartet, dass mir klar wurde, worauf ich wartete?

Der Roman kulminiert nun in der Entdeckung des Supranaturalen und Mysteriösen, als ein Junge spurlos in einer Winternacht verschwindet. Der Ich-Erzähler weiß, dass es diesen Jungen in die geheimnisvolle Stadt gezogen hat, von der er ihm erzählt hat, dass er also in dessen Verschwinden unfreiwillig verwickelt ist. In der Nacht, in der er von dem Korsett der Café-Besitzerin erfährt, sprechen sie auch über den Schriftsteller Gabriel García Márquez. Mit Hilfe eines Zitats gelingt es dem Ich-Erzähler zurück in die geheimnisvolle Stadt zu gelangen und den Jungen zu treffen, der ihm ein eigenartiges Vereinigungsritual vorschlägt:

»Du warst das also. Du hast mir schon ins rechte Ohrläppchen gebissen?«
»Ja, das war ich. Ich bin in die Stadt gekommen, indem ich dir auf der anderen Seite der Welt ins rechte Ohrläppchen gebissen habe. Und wenn ich dir hier auf dieser Seite ins linke Ohrläppchen beiße, werden wir eins sein.«

Die mögliche Vereinigung impliziert Abschied wie Neuanfang, und so endet das Buch, wie es angefangen hat, mit einem Rätsel.

Stil/Sprache/Form:

Die Stadt und ihre ungewisse Mauer situiert sich selbst als magischer Realismus. Weniger die Sprache, der Duktus, als das Sujet bezaubern, irritieren und lösen einen Schwebezustand aus. Die Welt entgleitet den Signifikanten, d.h. oft bleibt sehr ungewiss, worüber der Ich-Erzähler schreibt, aus welcher Realitätsebene er berichtet, ob er Gespenster sieht, Träume nachempfindet oder einfach nur sich Märchen ausdenkt. Die Ich-Erzählung wird nur selten durch Briefe unterbrochen, und am Anfang, im ersten Teil, wird das Mädchen auch direkt mit „Du“ angesprochen, eine zweite Person Singular verwendet, die postmodernes Erzählen à la Italo Calvino Wenn ein Reisender in einer Winternacht gerne wählt, um literarischen Hyperrealismus zu betreiben. So auch Haruki Murakami:

So freimütig alles erzählen, was ich dachte und fühlte, dass es an ein Wunder grenzte. Zum ersten Mal in meinem Leben flossen mir die Worte so leicht aus der Feder. Wie gesagt, hatte ich bis dahin geglaubt, nicht schreiben zu können. Ganz gewiss hattest du diese Fähigkeit in mir geweckt. Besonders gefalle dir, sagtest du, der Humor in meinen Briefen, denn das war es wohl, woran es dir in deinem Dasein am meisten mangelte.
»So wie man Vitaminmangel haben kann?«, fragte ich.
»Ja, genau«, sagtest du und nicktest zustimmend.

Typisch auch das Hinzufügen von naturwissenschaftlichen Parerga wie „Vitaminmangel“ oder das „in Genen angelegte kollektive Gedächtnis“ oder „chaotischer Mikrokosmos“, die eine subkutane Wirklichkeit unter der beobachtbaren vermuten, ohne dieser Beschreibungsebene aber mehr als nur in Stichwörtern Raum zu geben. Die zweite Person Singular verschwindet aber im Text alsbald, und es bleiben nur die unsicheren, vagen Vermutungen des Ich-Erzählers übrig:

An diesem Abend ging ich wie immer gegen zehn ins Bett. Aber ich konnte nicht einschlafen, was bei mir selten vorkommt. Normalerweise schlafe ich sofort ein, wenn ich mich hinlege […] aber in dieser Nacht konnte ich aus irgendeinem Grund nicht einschlafen. Trotz des natürlichen Schlafbedürfnisses, das ich hätte haben müssen, lag ich wach. Vielleicht war ich zu aufgeregt.

Der Ich-Erzähler bleibt sich durchweg bei allen Beschreibungen unsicher. Er weiß tatsächlich weder was er will noch was er sich wünscht, noch was ihn umtreibt, noch in welcher Realitätsebene er sich befindet. Er gleitet, driftet durch sein Leben, friedlich, reumütig, stets zur Selbstkritik bereit und möchte es gerne allen Recht machen, selbst um den Preis logischer Widersprüche und physikalischer Unplausibilitäten:

Ja, ich bin eine eiserne Kugel, die über dem Boden schwebt. Eine schwere, zentripetale Kugel, die mein ganzes Denken einschließt. Äußerlich ist sie unscheinbar, aber sie hat ein enormes Gewicht. Wenn nicht jemand vorbeikommt und sie mit aller Kraft anstößt, kann sie nirgendwo hingehen. Sie kann sich in keine Richtung bewegen.

Die Katachrese nimmt Murakami in Kauf. Die schwere, eiserne Kugel, die schwebt und ruht, enormes Gewicht hat (obwohl sie schwebt) und (obwohl sie schwebt) sich erst in Bewegung setzt, wenn sie mit aller Kraft angestoßen wird und zudem noch als „zentripetal“ eingestuft wird, was typischerweise höchstens mit dem Verlauf von Nervenerregung oder einer wirkenden Kraft in Verbindung gebracht wird, aber nicht mit einer Kugel, die ein „ganzes Denken einschließt“.

Kommunikativ-literarisches Resümee:

Die Sexualität als pubertäres Trauma zieht in Die Stadt und ihre ungewisse Mauer ihre Bahn. Murakamis Roman lässt sich als Allegorie auf den berechtigten Selbstschutz der jungen Frau vor körperlicher Zudringlichkeit und dem brennenden Wunsch des ebenfalls jungen Mannes nach sexuell befriedigender Intimität lesen.

Nein, daran will ich nicht denken. Auf keinen Fall. Aber ich kann nicht aufhören, daran zu denken. Denn diese [erotischen] Dinge sind wesentlich leichter vorstellbar als die Ewigkeit.
Aber sobald ich sie mir vorstelle, versteift sich ein gewisser Teil meines Körpers so sehr, als wäre er Teil einer unanständig geformten Marmorfigur. Mein erigierter Penis fühlt sich grässlich an in den engen Jeans. Wenn er nicht schnell in seinen Normalzustand zurückkehrt, ist es fraglich, ob ich überhaupt aufstehen kann.

Die Allegorese liegt auf der Hand. Das Korsett als die bewegliche Mauer, das einzige Tor durch die Mauer als weibliches Geschlecht, die Bibliothekarin als geheimes Begehren, der Fluss als die feuchte, lebensspendende Lust und die Einhörner als unbändige Libido, die vertrieben werden muss, um die Reinheit des Begehren zu garantieren und hierfür der gesellschaftlich etablierte strenge Torwächter als Über-Ich. Murakami nimmt in Die Stadt und ihre ungewisse Mauer exakt das Topos von Alfred Kubin aus Die andere Seite (1909) auf, in der es ebenfalls um eine Stadt hinter einer Mauer, um einen Fluss, um Begehren, das wissenschaftsferne Leben, um Stampeden von Büffeln (statt Einhörnern) geht, und auch um Lust, die plötzlich aus dem gesellschaftlich Verdrängten hervorbricht und alles aus den Fugen geraten lässt:

Ein Schrecken ergriff mich! Das war wie der jähe Ausbruch einer geistigen Krankheit. — Und wie wenn mit einem Male ein Sturm heranbraust, fielen die Geschlechter übereinander her. […] Stöhnen und Ächzen war ringsumher, dazwischen schnitten schrille Schreie und vereinzelte tiefe Seufzer; ein Meer von nacktem Fleisch wallte und zitterte. Kühl und unbeteiligt empfand ich das sinnlos Mechanische des krassen Vorgangs. Ich konnte nicht umhin, etwas insektenhaft Groteskes in dem konvulsivischen Schauspiel zu finden. Ein Blutdunst durchdrang die ganze Gegend; der Schein der Lagerfeuer zuckte über den Fleischtaumel hin, einzelne Gruppen besonders hervorhebend.  

Alfred Kubin aus: „Die andere Seite“

Karte wie Anlage wie Erzählkonzeption bis hin zur Erzählinstanz bleiben ähnlich bis gleich. Murakami erzählt klar aus der Tradition der Phantastischen Literatur heraus, nur mit reduziertem Semantikverlangen, da im Gegensatz zu Kubins Die andere Seite nicht der ganze Kosmos, die menschliche Kultursituation thematisiert wird, sondern lediglich das private, unbefriedigte Einzelbedürfnis.

Eine Frau Mitte dreißig, die allein einen namenlosen Coffeeshop betrieb, die sich in ein enges Korsett zwängte, um sich vor hypothetischen, vermeintlich in ihrer Umgebung lauernden Dingen zu schützen, und die aus ihr selbst nicht bekannten Gründen keinen Geschlechtsverkehr zulassen konnte. Ich mochte sie, und sie mochte mich. Daran gab es keinen Zweifel. Wir hatten uns (wahrscheinlich) in diesem kleinen Bergort gesucht und gefunden. Und doch trennte uns etwas – etwas von harter Konsistenz. Wie eine hohe Backsteinmauer zum Beispiel.

Die Allegorie versteckt sich keineswegs. Die Stadt und ihre ungewisse Mauer handelt von der Frau, die Nein sagt, obwohl sich der Mann mehr wünscht, das Nein aber akzeptiert und, um es zu verarbeiten, fiktionalisiert. Fast schon überzeichnet und deutlich kommt Murakami 51-mal auf das Ohrläppchen zu sprechen, das nach Desmond Morris in Der nackte Affe (1967), ein für die menschliche Spezies ausgezeichnetes und ihn von anderen Tieren unterscheidendes Sexualmerkmal sei:

In Anatomiebüchern liest man oft, [Ohrläppchen] seien bedeutungs- und zwecklose »Auswüchse«; manchmal hat man sie auch als »Überbleibsel« aus der Zeit gedeutet, als wir noch größere Ohren hatten. Aber gerade das kann nicht stimmen. Denn wenn wir uns daraufhin die anderen Primaten ansehen, werden wir feststellen, daß sie gar keine fleischigen Ohrläppchen haben. So sind diese also höchstwahrscheinlich keine »Überbleibsel«, sondern Neuerwerbungen; und wenn wir außerdem wissen, daß sie sich bei sexueller Erregung mit Blut füllen, anschwellen und übersensibel werden, dann kann es eigentlich kaum noch einen Zweifel daran geben, daß ihre Ausbildung einzig und allein der Schaffung einer weiteren erogenen Zone gedient hat.

Desmond Morris aus: „Der nackte Affe“

Nun liegt alles auf der Hand und Murakami lässt in Die Stadt und ihre ungewisse Mauer keine Zweifel mehr daran aufkommen, was die Stadt, was die Mauer symbolisiert, wenn die Café-Besitzerin die Ohrläppchen des Ich-Erzählers inspiziert:

»Könntest du, wenn es dir nichts ausmacht, mit dem Finger ein wenig über mein Ohrläppchen streichen?«
»Natürlich, gern.« Sie griff über die Theke, nahm mein Ohrläppchen und strich ein paarmal sanft darüber.
»Du hast große, weiche Ohrläppchen«, sagte sie bewundernd. »Ich beneide dich. Meine Ohrläppchen sind ganz klein und hart. Irgendwie armselig.«
»Danke«, sagte ich. »Jetzt fühle ich mich schon viel besser.«
Und das war nicht gelogen. Nachdem sie mich sanft mit den Fingerspitzen gestreichelt hatte, war der Schmerz an meinem Ohr – sein schwacher, traumverlorener Rest – spurlos verschwunden. Wie Morgentau im neuen Sonnenlicht.

Murakamis Sanftmut in Die Stadt und ihre ungewisse Mauer gibt ihm ein Alleinstellungsmerkmal. Selten wurde so viel über Sex geschrieben, ohne explizit, eindringlich auf ihn einzugehen. Selten wurde das Nein so freundlich und höflich verarbeitet. Selten so viel Aufwand um Sublimierung betrieben wie bei ihm. Allein das gibt seinem Roman etwas Friedliches, Freundliches und sehr Empathisches. Das Phantastische wie in Michael Endes Die unendliche Geschichte kommt jedoch zu kurz und verbleibt im rein Allegorischen, und das zugrundeliegende Drama, nicht über das Nein hinwegzukommen, scheint für einen über sechshundert Seiten langen Roman doch etwas klein und wenn nicht gar engstirnig.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Ab dieser Woche beginnt auf Kommunikatives Lesen:
die Besprechungen der Shortlist des Das Debüt-Literaturpreises.

Noch andere aktuelle Kurzrezensionen finden sich hier

6 Antworten auf „Haruki Murakami: „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer““

    1. Ich habe nur drei Bücher von ihm gelesen, aber jetzt, wo du es sagst. Stimmt. Die verschwinden immer … aus der Perspektive lässt sich Murakamis Versuche, sie an sich zu binden, auch lesen. Ein vergebliches Locken … hehe … Viele Grüße!

  1. Guten Tag, Alexander!
    Nur vor dem Hintergrund einer rationalen Welt ist sinnvoller Weise eine phantastische Literatur vorstellbar … ja, wie du es abgrenzt von Märchen etc., wird diese Aussage wirklich sinnvoll. Darüber habe ich bisher nicht nachgedacht, das hast du nun dankenswerter Weise für mich erledigt.
    Dies ist wieder eine so lesenswerte Buchkritik. auch dein Fazit kann ich gut mitvollziehen: auf 600 Seiten sollte etwas mehr möglich sein, als über eine Verweigerung sexueller Praxis in der Jugend hinwegzukommen. Dass gerade das Nichtausleben sexueller Wünsche und die Akzeptanz dessen zu einer besonders friedvollen und freundlichen Atmosphäre in diesem Buch führt, finde ich überraschend. Ich würde gerne hören, was Herr Freud dazu gesagt hätte.

    1. Liebe Ule, du hast recht. Ich habe den Begriff der Sublimierung hier völlig ausgeklammert. Das hätte etwas den Rahmen für mich gesprengt, da ich mich an die Längenbeschränkung halte (ich belasse es bei 4 Wordseiten Calibri 11). Schön, dass dir die Ausführung dennoch gefallen haben – die Pastelltöne passen. Es ist ein freundliches Buch, sehr himmelzart, lesbar, schwelgend, aber dem wahren Schmerz so ziemlich ausklammernd, nämlich sich als Figur in Frage zu stellen, sich in die Waagschale zu werfen, sich fragen, was mit einem eigentlich los ist. Diese Intensität kennt er in diesem Buch nicht wirklich. Er verkriecht sich in Büchern, aber das ist nicht die schlechteste Konsequenz aus dem Unwillen heraus, an sich arbeiten zu wollen 🙂 Viele Grüße und Danke fürs Kommentieren!!

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