Charlotte Gneuß: „Gittersee“

Gittersee
Lebendig, frech und unübersichtlich … “aspekte”-Literaturpreis 2023

Gittersee von Charlotte Gneuß steht im Zusammenhang der DDR-Vergangenheitsbewältigung. Mit  Bettina Wilperts Herumtreiberinnen (2022) teilt es die Beschreibung der Jugend von in der DDR aufwachsenden Mädchen und die Sehnsucht nach den Sternen. Vergleichbar u.a. Jan Weiler in Der Markisenmann (2022) beschreibt Gneuß, wie die Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für die Staatssicherheit das Privatleben der Betroffenen zerstört. Zusammen mit Anne Rabes Die Möglichkeit von Glück (2023) geht die Protagonistin auf die Suche nach der Familienvergangenheit, insbesondere ihres Opas Emil, und wie Hari Kunzru in Red Pill (2021) wird psychologisch differenziert beschrieben, wie die Akquise einer Minderjährigen für die IM-Tätigkeit gelingt. Im Gegensatz zu all den genannten Romanen bleibt Gneuß‘ Ton in Gittersee aber derb, humorvoll, lebendig und dreist und erinnert so an Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. Im Zentrum des Romans steht die sechzehnjährige Karin Köhler, die den Minenarbeiter Paul liebt:

Als Paul am Freitag mit seiner Schwalbe in den Hof geknattert war, hat Oma schon die Augen verdreht. Ich bin schnell hochgerannt, um nach der Kleinen zu schauen, aber die schlief noch feste. Also hab ich eilig die Lippen rotgemalt, die Haare durchgewuschelt, das Kleid glattgestrichen und bin runtergerannt. Paul hatte die Schwalbe mittlerweile ausgeschaltet und stand breitbeinig an den Sattel gelehnt. Lust auf ein Abenteuer, hat er gefragt und gezwinkert. Klar hatte ich Lust, aber die Kleine könnte jede Minute aufwachen, und dazu war heute Waschtag.

Charlotte Gneuß aus: „Gittersee“

Inhalt/Plot:

Karin lebt in der Nähe von Dresden auf dem Land. Durch eine Nebennotiz, als von einem ausgebürgerten Sänger gesprochen wird, lässt sich die Handlung zeitlich lokalisieren. Es ist das Jahr 1976, und der Sänger heißt Wolf Biermann. Politik liegt Karin jedoch fern. Sie hat andere Sorgen. Ihr Vater trinkt. Ihre Mutter sorgt sich nicht um die kleine Schwester, und die Oma führt ein strenges Regiment im Hause Köhler. Entmutigen lässt sie sich nicht. Voller Tatendrang und Mut, Intensität und Fröhlichkeit stellt sie sich den Herausforderungen, schließlich ist sie von Kopf bis Fuß verliebt:

Oma war stinksauer. Was mir einfiele. Ob ich verrückt geworden sei. Was der Lümmel gewollt habe. Dass ich doch nicht einfach mit jedem Dahergelaufenen mitfahren könne. Ich nahm ihr die Kleine ab, die durchgehend plärrte, und erklärte, dass Paul kein Dahergelaufener sei. Was sie eigentlich glaube. Als ob ich mit jedem Dahergelaufenen mitfahren würde. Dass ich nur kurz weg gewesen sei, dass sie das jetzt bitte nicht an die große Glocke zu hängen brauche. Bis hinten in den Hof konnte ich sie brüllen hören.

Nun, trotz großer Lust fährt sie nicht mit Paul Forster und Robert Emmanuel Rühle, Pauls bestem Freund, zum Klettern in die Tschechoslowakei. Sie bleibt zurück und kümmert sich um die kleine Schwester, dann verschwindet Paul und Rühle sowie Karin geraten in den Verdacht, Beihilfe zur Republikflucht geleistet zu haben. Der Haussegen hängt schief, und der zuständige Mitarbeiter von der Staatssicherheit namens Wickwalz drängt sich immer mehr auf. Mehrere Handlungsfäden spannen nun die Handlungsebene von Gittersee auf: die Familienproblematik der Köhlers und die Vergangenheit des Großvaters; die Freundschaft Karins zu Marie und deren Homosexualität und Pläne, nach Berlin zu ziehen und Kosmonautin zu werden; Karins Verhältnis zu Wickwalz und hiermit einhergehend die Verarbeitung ihrer Trennung von Paul und dessen Freundschaft zu Rühle, der irgendwie überall mitmischt und mehr zu wissen scheint: 

Rühle schrie jetzt auch, woher, schrie er, und dann fluchte er und kurbelte sein Motorrad an und erklärte, Paul ist tot. Gestorben. Finito. Ende. Aus. Wollte ich dir eigentlich nicht sagen. Wollte dich schonen. Aber verstehe schon, mein Fehler, mein Fehler, schrie er, und dann fuhr er fort.
Da war natürlich alles los in mir. Paul ist nicht tot, schrie ich, laut und immer lauter schrie ich, ist nicht tot, ist nicht, und rannte Rühle hinterher, ist nicht tot, ist nicht, immer und immer hinter ihm her, und obwohl er bald nicht mehr zu sehen war, rannte ich weiter, ist nicht tot, ist nicht. Das Gesicht, der Hals, die Hände, das Kleid, die Knie, alles war nass, ist nicht tot, ist nicht.

Nicht nur geht die Beziehung zu Paul in die Brüche, alle sozialen Verhältnisse geraten in Gittersee ins Wanken. Pauls Flucht reißt nur ein Loch in den tristen Alltag voller Sauferei und Heimlichertuerei und bringt eine Lawine ins Rollen. Vor allem behagt Karin nicht das Lügen, das Geheimhalten. Je mehr sich Wickwalz in ihr Leben schiebt, desto weniger will sie über den Verbleib von Paul und alle verdächtigen Aktivitäten ihrer Mitmenschen wissen. Karin wird nämlich durchweg als impulsiv und ehrlich beschrieben, die ihre Gefühle bei jeder Gelegenheit herausposaunt:

Jetzt lächelte er dümmlich. Was lächelst du so dümmlich, fragte ich.

und sich auch nicht vorschreiben lässt, was sie zu sagen hat und was nicht:

Ich nahm den Pappkarton mit Pauls Zeichnungen, seinen seltsamen Steinfunden von der Ostsee, seinem Hemd und seinem Hühnergott, aus dem nie mehr eine Kette würde, und gab ihn Marie. Was hast du hineingetan, fragte sie.
Gebrauchte Unterhosen, was sonst.

Unfreiwillig gerät sie in die Rolle des Mitwissers, als ihr Rühle und Marie Dinge sagen, die sie besser nicht wissen sollte, will sie weiterhin in der Lage sein, mit Wickwalz eine ehrliche Unterhaltung zu führen. Im Fortgang der Handlung bricht alles nach und nach zusammen. Am Ende weiß sie weder, wer sie betrogen und wen sie hintergangen hat. Sie versteht, dass sie weder ihren eigenen Vater, noch ihren eigenen Großvater, noch ihre Mutter, ihren Freund, ihre beste Freundin, noch den besten Freund ihres Freundes versteht oder je verstanden hat, und den Vaterersatz Wickwalz sowieso nicht, der mit ihr raucht, vertraulich redet, aber stets hinter vorgehaltener Hand die Drohgebärde des System aufrechterhält.

Über unseren Beruf werden viele Witze gemacht, und es läuft auch wirklich vieles nicht so gut. Aber denk doch mal den Staat wie ein erstes Kind. Da sehen die Eltern doch überall Gefahren, da denken die, sie müssen es vor allem Möglichen beschützen. Verstehst du das, verstehst du. Ich nickte und sagte, natürlich. Aber Wickwalz sah mir sehr ernst in die Augen. Die Wahrheit zu sagen, das ist das Wichtigste, verstehst du, das Wichtigste. Du darfst nicht alles glauben, was man dir erzählt. Jedes System ist fragiler, als du denkst. Jedes System ist mächtiger, als du glaubst. Noch eine Zigarette?

Die Undurchschaubarkeit der Vorgänge findet ihre Darstellung, aber in Gittersee keine ästhetische Lösung. Am Ende bleibt sehr viel unklar. Klar jedoch bleibt, dass die quirlige, tolldreiste, fröhlich-robuste Protagonistin lebendig und frisch aus der ganzen Sache hervorgehen wird.

Stil/Sprache/Form:

Gittersee erzählt die Begebenheiten klar begrenzt aus der Sicht der jungen Karin. Keine reflektierende Ebene schaltet sich ein. Kein Vorausblick, kein überpersönliches Abschweifen in die Vergangenheit wird gewagt. Die Erzählinstanz versenkt sich in die Welt Karins und macht sich lediglich durch die Zeitsprünge bemerkbar, die stattfinden, denn in Echtzeit wird die Geschichte nicht erzählt. Die erzählte Zeit vergeht unverhältnismäßig schneller als die Erzählzeit:

Was soll ich denn tun, sagte Mutter, du steckst [die Kleine] doch nur ins Gitterbett. Und Oma gleich, dann bleib doch zu Hause. Darauf Mutter, sag das deinem Sohn. Darauf Oma, du bist die Mutter. Und Mutter, er ist der Vater. Na aber, fand Oma. So ging es hin und her, bis ich schließlich beauftragt wurde. So hätte ich wenigstens etwas Sinnvolles zu tun, da waren Oma und Mutter sich einig. Dann waren die Sommerferien vorbei, und es regnete so sehr, dass die Tomaten schimmelten, bevor sie reif waren. Das war eigentlich alles.

Sichtbar wird an dem Zitat die Lust an der Wiederholung, die Betonung des Rhythmus und die einfache Wortwahl. Die Sätze imitieren die Alltagssprache. Sie sind kurz und schnell zu überschauen und erlauben ein hohes Lesetempo, gesteigert noch durch die Ellipsen und Auslassungen, ja die fast stenographischen Abkürzungen sinnlicher Wahrnehmung, die während einer Autofahrt übers Land zu Protokoll gegeben werden:

Draußen Heideschanze, Rehe am Feldrand, Fördertürme, Rauch aus den Schächten, Gewusel von Arbeitern, Halden, Deponien, Hunde an Ketten, die Weißeritz wie wild geworden, der Bahndamm, die Schienen, Fernzüge, ein von Kabeln geschnittener Himmel. Das müde Herbstlicht, die Silhouetten dürrer Bäume. Die erleuchteten Fenster einzelner Häuser im Spiegel des Flusses, Dampf der Dampfer, braches Feld, nasses Holz.

Zeitweise wirken eingeübte Rahmenwirkungen gewollt und allzu einstudiert. Sie ergeben sich nicht aus der Situation. Sie runden die Situation sprachillustrativ nur ab, wie Gneuß es im ersten Kapitel an einer Klassensituation literaturschulmäßig vorexerziert. Sie beginnt mit:

Würdest du dich bitte melden, fragte die Betzler. Marie schrieb in mein Heft: Wie nervig alle sind. Ich schrieb darunter: Du erst. Lass mein Heft in Ruhe. Draußen lief eine Katze über den aufgerissenen Beton. Marie malte einen Strich: Lass mein Heft in Ruhe. Dann beugte sie sich zu mir hinüber und flüsterte, wie läuft es mit Paul.

Das Kapitel endet daraufhin ein paar Seiten später mit:

Betzler klappte die Tafel auf. Im Zimmer wurde es laut, Anna schlug mit der Tür, Babsi rief etwas, Marlene sprach von ihrer Oma. Draußen schlich eine Katze über den aufgerissenen Beton. Marie beugte sich zu mir hinüber, und ich flüsterte, mit Paul läuft es gut.

ohne dass die Klassensituation deshalb lebendiger und detaillierter geworden wäre. Hier zeigt sich die Ich-Erzählerin als kreativ in ihrer Erinnerungsführung, aber nicht überzeugend. Ihr Fokus bleibt bei der bloßen Rekapitulation, der ästhetisch gebrochen im Konflikt mit der äußerst naturalistischen Sprache steht:

Warum hatte ich Vater nichts gesagt. Ich legte die Kleine auf den Wickeltisch und wischte die Kacke vom Hintern, während ich überlegte, wie ich um drei viertel sechs am Waldplatz sein könnte.

[…] Du hast da Schokolade, sagte Marie. Ich fuhr mir mit dem Handrücken übers Gesicht, er war braun, er glänzte wie Scheiße.

[…] Ich kickte einen Zigarettenstummel vom Bordstein, setzte mich auf die unterste Stufe, legte die Ellenbogen auf die Knie und den Kopf auf die Unterarme. Schließlich pulte ich Dreck unterm Zehennagel hervor.

Das Sprachsetting erinnert überhaupt eher an derbe Barockdichtung, ländlichen Schwank und fröhlichen Spielgesellen-Gesang spätmittelalterlicher Pastorellen oder bspw. an den Der Abenteuerliche Simplicissimus von Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen:

Dieses ließ ich mich um so viel desto ehender überreden, weil mich hungerte, und nicht darum, daß ich hiebevor schon selbst gesehen, wie teils Menschen säuischer als Schwein, grimmiger als Löwen, geiler als Böck, neidiger als Hund, unbändiger als Pferd, gröber als Esel, versoffener als Rinder, listiger als Füchs, gefräßiger als Wölf, närrischer als Affen, und giftiger als Schlangen und Kröten waren, welche dennoch allesamt menschlicher Nahrung genossen und nur durch die Gestalt von den Tieren unterschieden waren, zumalen auch die Unschuld eines Kalbs bei weitem nicht hatten.

Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen aus: Der Abenteuerliche Simplicissimus

Am überzeugendsten gelingen deshalb die Szenen, die ablaufen, kohärent nacherzählt, also erinnert werden, wie das Essen mit der Familie am Tisch oder der viel zu grobe Sex mit dem älteren Paul:

Beim Zusehen dachte ich an Paul. Wie aufregend das gewesen war, die Küsse am Ohr. Doch dann hatte es weh getan, er war so schnell, so gierig. Ich hatte nie etwas gesagt, immer hatte ich nur gekeucht und geschrien, weil ich glaubte, Schreien und Keuchen würde ihm gefallen. Und weil er glaubte, es gefiele mir, wenn ich keuchte und schrie, wurde er schneller und heftiger, ich keuchte und schrie, bis er fertig war.

Die Protagonistin verliert an keiner Stelle Glaubwürdigkeit. Nur ihre Erzählung erscheint ihr nicht gemäß. Ihr Naturell würde im Nachgang viel klarer, viel einfacher und deutlicher die Abläufe nachzeichnen, pointierter und dreist, mit Witz und unverhohlener Direktheit statt verschwobelt, implizit eine Art Thriller aufzuziehen, ohne am Ende den Vorhang zu lüften.

Kommunikativ-literarisches Resümee:

Wie in Bettina Wilperts Herumtreiberinnen liest sich auch in Gittersee die Mädchenfreundschaft der Protagonistinnen am dichtesten. Sie wird voller Schwung und Intensität nacherzählt, mit Pausen, mit Rhythmus, mit einer alles durchdringenden Wärme und Fröhlichkeit nur mit diesem und keinem anderen Menschen die wichtigsten Geheimnisse des Lebens teilen zu wollen. Zudem besitzen die Freundschaften starke Parallelen. Bei Wilpert liegen die Freundinnen auf dem Dach eines verschrotteten Lada Nivas mitten im Wald:

Maxie konterte, es sei ihr sehr wichtig, und man müsse auch Träume haben und ich, Manja, müsse sie als Freundin dabei unterstützen, ihren Traum zu verwirklichen: Die erste Kosmonautin der DDR zu werden. Ich sagte: Du bist viel zu schlecht in Mathe. Während ich das sagte, freute ich mich, dass Maxie mich Freundin genannt hatte […]

Bettina Wilpert aus: „Herumtreiberinnen“

Bei Gneuß spielt sich eine sehr ähnliche Situation in der Küche der abwesenden Mutter von Marie ab:

[Marie] rollte die Augen. Als wir dann bei ihr zu Hause waren, wollte sie mir Mathenachhilfe geben und über unsere Zukunft reden. Marie, du bist nicht meine Mutter. Na, Gott sei Dank.
Sie stellte Kekse auf den Tisch und malte Zahlen, Striche, Zeichnungen auf ein liniertes Blatt, sie erklärte und erklärte, und ich meinte, dass sie vielleicht Diplomlehrer studieren sollte, wo sie doch so gern Sachen erklärte, aber sie sagte, nein, ich werde auf den Mond fliegen. Stell dir vor, wenn du erst auf dem Mond bist, sind die Probleme auf der Erde furzklein.

Die Situationen zwischen Manja und Maxie, resp. zwischen Marie und Karin verlieren im Text nicht an Lebendigkeit. Sprache, Komplexität, Stil fügen sich ineinander und geben ein getreues Abbild der Jugendfreundschaft ab. Beide Bücher, sobald sie die Komplexität der je herrschenden sozialen Verhältnisse abzubilden beginnen, verlieren jedoch an Übersichtlichkeit und Intensität. Die Sprache, das Kesse, das Derbe passen nicht mehr, zu den angestrebten Differenzierungen.

Ich öffnete die Augen, sah die Falten meines Kissens und hatte schon vergessen, welche Farbe der Schal gehabt hatte, und als ich mich aufsetzte, die nackten Füße auf die Dielen stellte, hatte ich auch den Schreck vergessen und damit auch den Schal, das Haus und den strickenden Paul, und selbst dass ich das Haus, den Schal und den strickenden Paul vergessen hatte, hatte ich gleich vergessen, stattdessen erinnerte ich mich jetzt an die letzte Nacht.

Romane wie Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. oder J.D. Salingers Der Fänger im Roggen geben eine undurchsichtige Welt aus einer fröhlich-naiven Stimmung heraus wieder. Als Jugendbuch überzeugt Gittersee genau auch dort, wo das Thema auf Jugendproblematik beschränkt bleibt (erster Sex, Kuss, Ärger mit den Eltern, zu spätes nach Hause Kommen, Spielen mit den Nachbarskindern). Dort, wo der jugendlich-kindliche Bereich aufhört, beginnt Charlotte Gneuß‘ Roman undurchsichtig zu werden. Die Ich-Erzählerin und ihre Selbstdarstellung passen nicht zusammen. Dass es sich dennoch leicht und beschwingt liest, liegt an Karin Köhler selbst. Ihre Weise, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, hätte schlicht keinen und schon gar nicht diesen Plot benötigt.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Nächste Woche am 12. September 2023 auf Kommunikatives Lesen:
Bespreche ich von Anne Webers Deutschen-Buchpreis-Roman von 2020Annette, ein Heldinnenepos.

3 Antworten auf „Charlotte Gneuß: „Gittersee““

  1. Du machst die Qualitäten dieses Buches ganz deutlich und damit die Entscheidung deiner Leserin einfach, ob dieses Buch in ihr Beuteschema passt. Zwar mag ich Bücher mit einem leichten Touch von Jugendbuch manchmal ganz gerne, aber meistens sagen sie mir nicht viel (Neues). Hier klingt aber durch, dass in Gittersee spürbar wird, was die Republikflucht aus der DDR für das soziale Umfeld der Flüchtenden bedeutet hat. Das finde ich interessant.

    1. Ja, dieses Buch beleuchtet exakt die Seite der DDR-Flucht, das Chaos, das zurückbleibt, leider aber wirkt es übers Knie gebrochen und völlig skizzenhaft teilweise. Es ist schade, da die Hauptfigur und die Freundschaft zu mehr taugen und erlauben würden, diesen Mikroskosmos aufzuspannen. Aber mir scheint es, dass die Hast ein Buch zur Welt zu bringen, größer ist, als es zu beenden, wachsen, ja reifen zu lassen. Es wirkt teilweise zu grobschlächtig, schnell und hastig, und das entspricht zwar einer sehr wankelmütigen Protagonistin, aber erlaubt keinen detailreichen Zugang zum Erlebten. Ich war enttäuscht. Ich habe deshalb Plenzdorf “Die neuen Leiden des jungen W.” wieder gelesen und mich darin etwas erfrischt gefühlt 🙂 Ich stimme dir zu, Ule, dass der Aspekt des hinterlassenen Trümmerhaufens im Zentrum steht. Viele Grüße und Danke für den Kommentar, unter diesem Aspekt ließe sich eine neue Besprechung und ein Vergleich zu Woolfs “To the lighthouse” ziehen, wo die Leerstelle der Mutter thematisiert wird.

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