Tijan Sila: „Radio Sarajevo“

Radio Sarajevo von Tijan Silas … Entraumatisierungsversuch

Literatur gegen das Vergessen, Sprache als Enttraumatisierungsversuch, Erzählen als Vergangenheitsaufarbeitung steht im Zentrum von vielen Gegenwartsromanen, die Einzelschicksale im autofiktionalen Rahmen behandeln, durchdringen und narrativ erforschen. In diese Reihe gehört Tijan Silas Radio Saravejo, in welchem über den Bosnienkrieg in den 1990ern berichtet wird, auf eine Weise, die an Necati Öziris Vatermal erinnert, szenisch-kompositorisch verwandt mit Ivo Andrić‘ Die Brücke über die Drina und sich auf seine Weise an den hintergründigen Humor Tatjana Gromačas in Die göttlichen Kindchen versucht. Der Ich-Erzähler aus Radio Sarajevo lässt sich nicht ins Bockshorn jagen:

In den ersten Wochen hatte mir jede Detonation das Herz aussetzen lassen, inzwischen musste etwas Außerordentliches passieren, damit ich einen Schreck bekam. Einmal saß ich etwa abends in unserer Küche am Esstisch und las Comics, als eine Gewehrkugel die Balkontür zerschmetterte und funkensprühend in dem Schnellkochtopf auf der Küchenzeile stecken blieb – da war ich unter den Tisch gekrochen! Doch sonst? Sonst hörte ich die Explosionen gar nicht mehr.

Tijan Sila aus: „Radio Sarajevo“
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Louise Glück: „Winterrezepte aus dem Kollektiv“

Weder zu laut noch zu leise, eine Poesie des Zwischenraumes … Nobelpreis für Literatur 2020.

Der Gedichtband von Louise Glück: „Winterrezepte aus dem Kollektiv“, Nobelpreisträgerin für Literatur aus dem Jahre 2020, erzählt von einer fernöstlichen Ding- und Sprachsanftheit. Die Gedichte werden im Zusammenhang mit dem „Tao-Tê-King“ von Laotse, mit Karl Kraus‘ Text „Die Sprache“ und Bertolt Brechts „Svendborger Gedichte“ gelesen und besprochen. Weder schweigen noch schreien, sondern sagen und hören scheint die poetologische Devise von Glück zu sein.  

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