
Interpretationsmodelle (5): Im Rahmen der Reihe Interpretationsmodelle, von denen es bereits einen ersten Teil mit Theodor W. Adornos Skoteinos, einen zweiten mit Jacques Derrida Gesetzeskraft und einen dritten anhand Franz Kafkas Der Prozess auf diesem Blog gibt, beschäftige ich mich heute mit einem viel besprochenen und weltweit rezipierten Philosophen, Byung-Chul Han, und die Weise, wie er in seinem Text Die Krise der Narration mit Texten, Zitaten, Referenzen und Inhalten umgeht.
Hans Text steht in enger Verbindung mit Francois Lyotards Das postmoderne Wissen, in welchem vor mehr als vierzig Jahren bereits Ähnliches diagnostiziert wurde, nämlich dass wir uns in einer Zeit nach dem Ende großer Erzählungen befänden und nur noch sich selbst transparente, oder untote kleine Erzählungen existierten voller verwobener und irrelevant gewordener Details, die niemandem mehr hinter dem Ofen hervorlocken könnten. Im Gegensatz zu Lyotard, der seine Diagnose an den Naturwissenschaften entlang argumentiert, bemüht sich Byung-Chul Han selbiges in der Literatur und im Mangel des modernen Erzählens nachzuweisen. Im Folgenden, weshalb Hans zehn Kapitel umfassendes Büchlein mehr zum Symptom als zur Diagnose beiträgt.
Argumentationslogik:
1. Von der Erzählung zur Information. Han beginnt Die Krise der Narration mit der Differenz zwischen Kunde und Information, zwei Erscheinungsformen der Mitteilung. Die Kunde enthält etwas Fremdes, Unbekanntes, Rätselhaftes. Die Information hingegen klärt auf und führt zurück. Sie erklärt, wohingegen die Kunde verklärt. Im Gefolge der Moderne, die vor allem im Abbau von Distanz und Ferne besteht, entsteht, so eine These Walter Benjamins, eine Zerfallsform der Erzählung: der Roman, der von einzelnen gelesen wird, wo vormals eine gemeinschaftliche Erfahrung mitgeteilt worden ist. Zur Erzählung, so Han, gehört das selbstvergessene Lauschen in der Erzählgemeinschaft, deren Schicksalsmacht ein Wir im Geheimnis kreiert.
Die Kunde hingegen zeichnet sich durch eine unverfügbare Ferne aus. Sie verkündet ein geschichtliches Ereignis, das sich der Verfügbarkeit und Berechenbarkeit entzieht. Wir sind ihm wie einer Schicksalsmacht ausgeliefert.
Byung-Chul Han aus: “Die Krise der Narration”
Die Information vereinzelt jedoch im Zuge der Konkurrenzgesellschaft. Die Individuen verlernen das Lauschen. Sie vereinzeln und verlieren im beschleunigten Informationsaustausch die bewusste Kontrolle und tauchen ab in einen von außen gelenkten, über Algorithmen gesteuerten Kommunikationsprozess.
Wir sind der algorithmischen Blackbox ausgeliefert.
Eigenartigerweise besteht also in Hans Argumentation kein Widerspruch zwischen der Kunde und der Information, die beide, in gewisser Rezeptionsform, entweder durch Lauschen oder rasantes Klicken, zur blinden Hörigkeit führen. Der Unterschied bestünde lediglich darin, dass das eine, die Kunde, einen religiösen, eschatologischen Telos, die Erlösung, die Information aber ein säkulares Ereignis, den Erfolg, etabliert. Byung-Chul Hans begrifflicher Apparat, den er undialektisch von Walter Benjamins Schrift Der Erzähler ableitet, vermag zwischen beidem nicht eindeutig zu differenzieren. Eine
2. Erfahrungsarmut tritt ein. Im nächsten Kapitel spielt Han Problemlösungsstrategien gegen Weisheit aus. Weisheit benötigt eine Erzählung, eine Überlieferung, Problemlösung nicht. Weisheit bedarf eines geschichtlichen Kontinuums, von der sich aber die Technik, die Kultur des neuen Barbaren, emanzipiert:
[Der neue Barbar] ist vom Pathos des Neuen beseelt. Er macht erst einmal reinen Tisch. Er versteht sich nicht als Erzähler, sondern als ‚Konstrukteur‘. Benjamin [in seinem Aufsatz Erfahrung und Armut] generalisiert das neue Barbarentum zum Prinzip des Neuen.
Die Hoffnung auf das Neue geht nach diesem Zitat in der verwalteten Welt verlustig. Aufbruchsstimmung hat sich in Konsum verwandelt. Alternativlosigkeit breitet sich aus. Aus Weisheit wird Technik. Han diagnostiziert eine Beschleunigung:
Informationen zerstückeln die Zeit. Die Zeit verkürzt sich zu einer Schmalspur des Aktuellen. Ihr fehlt die temporale Weite und Tiefe. Der Aktualisierungszwang destabilisiert das Leben. Die Vergangenheit ist nicht mehr wirksam in der Gegenwart.
Es wird nicht klar in Bezug auf was, die Zeit sich laut Han in der Postmoderne verkürzt. Wie vermag Information Zeit zu zerstückeln? Welche Zeit? Er schreibt, die Vergangenheit sei nicht mehr wirksam in der Gegenwart, aber inwiefern unterscheiden sich dann Vergangenheit und Gegenwart? Han spielt auf Gedächtnislosigkeit an.
3. Das erzählte Leben. Nach einer kurzen von Marcel Proust über Walter Benjamin zu Martin Heidegger hinüberschweifenden anthropologischen Skizze, nach der der Mensch kein Augenblickswesen sei, unterscheidet Han sein Gedächtnis von einer Datenbank. Das menschliche Gedächtnis selegiere, die Datenbank nicht.
Die Erinnerung ist keine mechanische Wiederholung des Erlebten , sondern eine Narration, die immer wieder neu erzählt werden muss. Erinnerungen sind notwendig lückenhaft. Sie setzen Nähe und Ferne voraus. Wenn alles Erlebte abstandslos gegenwärtig, das heißt verfügbar ist, verschwindet die Erinnerung. Eine lückenlose Wiedergabe des Erlebten ist auch keine Erzählung, sondern ein Bericht oder Protokoll.
Wie eine lückenlose Wiedergabe des Erlebten möglich sein soll, klärt Han nicht. Selbst eine Filmkamera besitzt eine Perspektive oder Beobachtungsebene – und Frequenzen werden ebenfalls in der Audioverarbeitung weggeschnitten. Jedes Datenfragment resultiert aus einer Entscheidung, einer Selektion heraus. Es stellt sich lediglich die Frage, inwieweit die Entscheidung bewusst vollzogen wird oder nicht. Für Han erzwingt die moderne Informationstechnologie ein bewusstloses Dahindämmern:
Auf digitalen Plattformen ist eine reflexiv-narrative Verarbeitung und Verdichtung des Gelebten nicht möglich und auch nicht erwünscht. Schon das technische [von Michel Foucault eingeführte] Dispositiv der digitalen Plattformen lässt keine zeitintensive, narrative Praxis zu.
Als Hilfsmittel bieten Informationstechnologien nur Verhaltensweisen an. Sie können nur bestimmte Praxen erleichtern oder erschweren, aber erzwingen können sie nichts, dennoch schließt Han, in Verknüpfung von Smart-phone und homo sapiens:
Der Phono sapiens lässt offenbar den erlösungsbedürftigen Homo sapiens hinter sich.
4. Das nackte Leben. Han wiederholt das Motiv, dass nur Erzählung eine Ordnung in die Welt bringt und alles, was nicht als Teil einer Erzählung, also einer grundlegenden Ordnungsstruktur wahrgenommen wird, nackt erscheint. Für ihn entblößt die Information die Welt. Sie bietet sie den gierigen Blicken unverhohlen dar, während die Erzählung verschleiert, verbirgt und so das Leben schützt:
Die Information ist als solche pornografisch, denn sie ist ohne Hülle. Beredt, erzählend ist allein die Hülle, der Schleier, der sich um die Dinge webt. Verhüllung und Verschleierung sind wesentlich für die Erzählung.
Verhüllen oder Verschleiern impliziert jedoch eine Instanz, die nicht alle Karten auf den Tisch legt, die sich nicht in dieselben schauen lässt, also ein Machtmotiv. Nur aufgrund einer Deutungshoheit, die filtert, entscheidet, was gesehen, gesagt, gehört werden darf, entsteht, so Han, Erzählung, Kunde, Geheimnis und Bedeutung und lenkt so das Beobachten, Erleben und Reflektieren der einzelnen. Das wird im nächsten Abschnitt anhand einer von Han gewählten Metapher deutlich.
5. Entzauberung der Welt. Es wird von einer Geschichte eines Jungen berichtet, der nicht erzählen kann und deshalb von seinen Eltern zu einer alten Frau geschickt wird, um es dort zu lernen. Diese überträgt ihm eine unmögliche Aufgabe, die er nicht lösen kann. Sie schimpft ihn aus und schickt ihn zurück. Erst durch das Scheitern, durch die Zurechtweisung, durch das Erleben der Niederlage wird die Phantasie des Jungen beflügelt und so imstande gesetzt, seinen Eltern etwas zu erzählen.
Paul Maars Erzählung liest sich wie eine subtile Gesellschaftskritik. Sie scheint anzuklagen, dass wir es inzwischen verlernt haben, Geschichten zu erzählen. Für den Verlust des Erzählvermögens wird die Entzauberung der Welt verantwortlich gemacht.
Die Verzauberung gelingt hier jedoch einzig durch eine Instanz, die der geheimnisvollen Frau, die den Jungen wie bei der Hase und Igel-Fabel an der Nase herumführt. Die alte Frau schickt den Jungen in die Irre. Sein Scheitern ist kalkuliert und im Vorhinein entschieden. Die Unmöglichkeit, die Situation einzuschätzen und zu verstehen, motiviert eine Ersatzhandlung: die Erzählung. Wieder spielt Han Information gegen Erzählung aus.
Wir nehmen die Welt heute in erster Linie auf Informationen hin wahr. Informationen haben weder Ferne noch Weite. Sie können weder rauhe Windstöße noch den glitzernden Sonnenschein in sich bewahren. Ihnen fehlen auratische Räume. So entauratisieren und entzaubern sie die Welt. Die Sprache verliert in dem Moment ihre Aura ganz, in dem sie zu Informationen verkümmert. Die Information stellt die absolute Schwundstufe der Sprache dar.
Han führt die Information als Wahrnehmungspraxis ein, die sich jedoch von den Wahrnehmenden entkoppelt und durch diese Entkopplung eigenartigerweise den Zauber der Sprache vernichtet. Wie die Ebenen miteinander in Verbindung stehen, bleibt verborgen. Es wird lediglich gesagt:
Der Haufen ist die Gegenfigur der Narration. Ereignisse verdichten sich nur dann zu einer Geschichte, wenn sie auf eine bestimmte Art und Weise geschichtet werden. Der Daten- oder Informationshaufen ist ohne Geschichte. Er ist nicht narrativ, sondern kumulativ.
Das Gegenüberstellen verliert sich im Leeren. Daten werden nicht irgendwie erzeugt und fallen von irgendwoher vom Himmel. Daten entstehen aus Messungen. Wer jedoch die Messungen nicht kennt, nicht weiß, wie sie vollzogen werden, der versteht den Zusammenhang der Daten nicht. Da aber laut Han das Nichtverstehen zu Sinnstiftungsprozessen führen müsste, wäre der Datenhaufen ein idealer Ausgangspunkt für eine Geschichte. Die Unterscheidung geht nicht auf, führt aber:
6. Vom Schock zum Like. Die Zerstörung des Geheimnisses und die Wahrnehmung der Welt als Informationshaufen liest Han parallel mit dem Siegeszug des Smartphones, das er mittels eines psychoanalytischen Parforce-Ritts von Sigmund Freund zu Jacques Lacan als re-imaginiertes Spiegelstadium der Menschheit betrachtet:
Das Smartphone beschleunigt die Austreibung des Anderen. Es ist ein digitaler Spiegel, der eine postinfantile Neuauflage des Spiegelstadiums herbeiführt. Dank Smartphone verbleiben wir in einem Spiegelstadium, das ein imaginäres Ego aufrechterhält.
Han spricht im Gefolge der Informationstheorie sogar von einer „Veränderung unseres psychischen Apparates“, die zu einer Abstumpfung und einem Hinabgleiten ins Anorganische führt. Dagegen hilft nur ein Zurück zur Erzählung:
7. Theorie als Erzählung. Big Data und künstliche Intelligenz reichen nicht aus, um eine narrative Ordnung, ein Sinngebilde zu schaffen. Wirkliche Theorie, so Han, erklärt die Welt:
Die Theorie als Erzählung entwirft eine Ordnung der Dinge, die diese in Beziehung setzt und dadurch erklärt, warum sie sich so verhalten. Sie entwickelt begriffliche Zusammenhänge, die die Dinge begreifbar machen.
Hier vollzieht Han in Die Krise der Narration einen salto mortale zum Anfang seines Textes. Zu Beginn schreibt er, dass Erzählen ohne Erklären vor sich geht, ja nachgerade in der Abwesenheit von Erklärungen besteht, um am Ende zu behaupten, dass eine Theorie nur dann Wissen darstellt, wenn sie erzählt, also erklärt. Da passt weder das Ende zum Anfang noch der Anfang zum Ende. Da hilft auch der Offenbarungseid des als Philosoph tätigen Byung-Chul Hans nicht weiter:
So erfasst die gegenwärtige Krise der Narration auch die Philosophie und bereitet ihr das Ende. Wir haben keinen Mut zur Philosophie mehr, keinen Mut zur Theorie, das heißt keinen Mut zur Erzählung.
Gedächtnislos der eigenen Widersprüche uneingedenk beschwört er dennoch die:
8. Erzählung als Heilung. Ein Grund der narrativen Krise liegt im schlechten Zuhören. Als gute Zuhörerin führt Han Momo aus Michael Endes gleichnamigen Roman an. Wie in einer psychoanalytischen oder tiefenhermeneutischen Therapiesitzung dürfen sich die Sprechenden freierzählen:
Zuhören ist kein passiver Zustand, sondern ein aktives Tun. Es inspiriert sein Gegenüber zum Erzählen und eröffnet einen Resonanzraum, in dem der Erzählende sich gemeint, gehört, ja geliebt fühlt.
Tatsächlich jedoch fehlt der Wille zum Zuhören und steht der grassierenden Logik der Effizienz entgegen. Erzählen und Zuhören verlieren jede gemeinschaftsstiftende Wirkung:
Im Zeitalter von Storytelling als Storyselling sind Erzählung und Werbung ununterscheidbar. Darin besteht die gegenwärtige Krise der Narration.
Darin besteht auch die Krise von Byung-Chul Hans Büchlein, denn es besitzt ja nur das Ziel, beides auseinanderzuhalten, nämlich in der gelungenen:
9. Erzählgemeinschaft. Han evoziert eine Gemeinschaft ohne Kommunikation in stiller Eintracht, die erzählt, aber nicht meint, die hört, aber nicht kommuniziert, die aus einem nicht exkludierenden Identitätsnarrativ geformt wird, und zitiert Novalis:
Das Individuum lebt im Ganzen und das Ganze im Individuum. Durch Poesie entsteht die höchste Sympathie und Coactivität, die innigste Gemeinschaft.
Novalis aus: “Kunstfragmente” [Link]
Es gilt eine neue gemeinschaftsbildende Kraft in der Narration zu schüren, die eingangs erwähnte ‚Schicksalsmacht‘, die der Zukunft gegenüber gewappnet ist, und sich von ‚wuchernden Privatmeinungen‘ nicht bange machen lässt, die nur aus
10. Storyselling bestehen. Die Privatmeinungen und schnelllebigen Informationen stabilisieren, so Han, das Leben nicht. Sie geben keine Orientierung und keinen Halt. Das herrschende Gesellschaftssystem unterdrückt auf diese Weise jedwede kritische Reflexion von vorneherein und raubt dem Menschen seine Natur als animal narrans, die ihn vom Tier unterscheidet.
Kommunikatives Resümee:
Schlüssel zu Hans Text Die Krise der Narration liegt in der Unterscheidung zwischen Information und Kunde, Erzählung und Story, Geschichte und Daten, Ordnung und Haufen, Individuum und Gemeinschaft, Mensch und Tier. Er stellt diese Differenzen auf, permutiert sie durch, aber gibt ihnen keine Unterscheidbarkeit. Beispielsweise bezeichnet er Information als etwas, das die Zeit zersetzt, an anderer Stelle aber Geschichte als ein in sich Abgeschlossenes und Information als etwas Kontinuierliches, so dass beide jedes Erkennungsmerkmal voreinander verlieren.
Oder aber, er bezeichnet Erzählung als Selektionsprozess, da eine Erzählung nicht alles erzählt, findet aber, dass Daten nichts besagen, da ihnen die Erklärung fehlt. Erklärung nun wieder muss in einer Erzählung fehlen, das zeichne sie laut Han, Walter Benjamin zitierend, aus. Trotzdem sind Daten noch lange keine Erzählung, und Datenbanken kein Gedächtnis, und Big Data kein Wissen. Es läuft darauf hinaus, dass alles eins ist, sogar das gefürchtete Storyselling und Storytelling, wie das obige Zitat belegt. Es scheint, als habe sich Han mit seiner so verfemt-verurteilten Moderne so lange beschäftigt, dass Friedrich Nietzsches geflügeltes Wort zutrifft:
Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, daß er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. [Jenseits von Gut und Böse, Aphorismus 146]
Friedrich Nietzsche aus: “Jenseits von Gut und Böse” (§146)
Was Byung-Chul Hans Text Die Krise der Narration nämlich ironischerweise fehlt, ist seine so oft be- und eingeklagte Ordnung. Auf nur 96 Seiten finden sich 92 Zitate. Es werden in rasanter Megalomanie Walter Benjamin, Martin Heidegger, Niklas Luhmann, Immanuel Kant, Sigmund Freud, Jacques Lacan, Hannah Arendt, Gershom Scholem, Novalis und Andreas Reckwitz besprochen, ohne diese miteinander und in ihrer Begriffsbildung in Beziehung zu setzen, bspw. den völlig anders gearteten Zeitbegriff eines Benjamin und Kant, oder eines Novalis und Luhmann. Von der jeweiligen Sprachphilosophie gar nicht zu sprechen.
Was also Hans Die Krise der Narration fehlt, ist ein Selektionskriterium, etwas, was die Differenzen, von denen Han ausgeht, motiviert, aber auch dynamisch weiterführt und entfaltet. Er fügt seinen Zitaten nichts hinzu. Im Grunde verunklart er lediglich, indem er Information und Mitteilung, also Information und Kunde, Erzählung und Daten begrifflich nicht voneinander unterscheidet. Sie gehen deckungsgleich ineinander über. Ein mögliches Kriterium wäre Anschlussfähigkeit gewesen, das Erzählung und Information eben darin unterscheidet, inwieweit dieses oder jenes geschriebene oder gesprochene Wort Anlass zum Weiterdenken, Weiterimaginieren, Weiterkommunizieren gibt. Radikale Urteile wie ‚das ist gut‘ oder ‚das ist schlecht‘ beenden das Gespräch. Sie öffnen keine neuen Spielräume.
Hieraus und mit diesem Kriterium im Rücken ließen sich nun Narration, Information, Daten und Fakten miteinander in Verbindung bringen und auf Kommunizierbarkeit untersuchen. Byung Chul-Hans Die Krise der Narration hat sich mit einer Kritik an gegenwärtigen Verhältnissen zufriedengegeben und eifert diesen absurderweise laut seiner eigenen Beschreibung doch zu beklagenden Strategien und Praxen erfolgreich in Wort und Gestus nach.
tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.
Außerplanmäßig werde ich ab und zu Besprechungen zu Klassikern oder theoretischen Texten posten. In diesem Zuge soll nach und nach mein ein Kanon an Leben und Inhalt und Verständlichkeit gewinnen.
Andere aktuelle und Klassiker-Kurzrezensionen findet sich vorab bereits hier.
2 Antworten auf „Byung-Chul Han: „Die Krise der Narration““