Sanatorien üben scheinbar ob der Exklusivität und Zurückgezogenheit, der Ähnlichkeit zu einer Klausur, auf die Literaturwelt eine besondere Faszination aus. Immer wieder kehrt dieser Topos von Thomas Manns Der Zauberberg zurück: in der US-amerikanischen Literatur bspw. in Sylvia Plaths Die Glasglocke oder in Ken Keseys Einer flog übers Kuckucksnest; in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur dagegen in Dieter Fortes Auf der anderen Seite der Welt oder ganz neu in Rhea Krčmářovás Monstrosa oder Heinz Strunks Zauberberg 2. International hat die Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk mit Empusion kürzlich das Thema bearbeitet. Nach seinem Erfolgsroman Die Welt im Rücken (2016), der bereits auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, kehrt Melle zu dem Thema bipolare Erkrankung in Haus zur Sonne zurück. In dem neuen Roman will der von seiner Bipolarität ausgelaugte Ich-Erzähler vorzeitig aus dem Leben scheiden und findet vom besagten Haus ein vielversprechendes Prospekt:
„Thomas Melle: „Haus zur Sonne““ weiterlesenVerarschung, Verarschung, Verarschung, so sortierte ich einen [Flyer] nach dem anderen aus […] und die größte Verarschung war schließlich, so schien es, der letzte Flyer. »So nicht weiter?«, stand da in fetten Lettern, und darunter gleich: »Wir machen es anders! [..] Das Pilotprojekt zur Lebensverbesserung, Traumverwirklichung, Selbstabschaffung […] Auf unserem Wellness-Gelände können Sie in aller Abgelegenheit Ihre Lebensträume verwirklichen. Gefragt sind lediglich Sie als Person, mit allem, was Sie mitbringen – und mit allem, was Sie hinter sich lassen wollen. Sprechen Sie einfach Ihren Fallmanager an.«
Thomas Melle aus: „Haus zur Sonne“
