Fragment gebliebene Manuskripte faszinieren, aber verstören auch. Die Kommunikation bricht mitten im Satz ab. Der Text verstummt. Es bleiben Lücken, die gewollt oder ungewollt sein können. Im Nachhinein lässt sich, auch bei ausgeklügelster Editionsrecherche, nicht mehr feststellen, wie der Text fertig gestellt worden wäre. Franz Kafkas Das Schloß, Werner Bräunigs Rummelplatz, Friedrich Hölderlins Der Tod des Empedokles, Hermann Brochs Bergroman, Fernando Pessoas Das Buch der Unruhe gehören zu solchen Texten. Je umfangreicher jedoch das Manuskript, desto mehr stellt sich ein Eindruck, eine Tendenz ein. Beim Der Tod des Empedokles, oder Franz Kafkas Der Proceß wirkt die Kürze nach. Gabriel García Márquez‘ Wir sehen uns im August stellt eine Ausnahme dar. Unvollendet und knapp im Umfang wirkt die Struktur nichtsdestotrotz fest und entschlossen:
Es hatte zwei Uhr geschlagen, als ein Donner das Haus bis ins Fundament erschütterte und der Wind den Riegel des Fensters aufdrückte. Schnell schloss sie es wieder, und im plötzlichen Mittagslicht eines weiteren Blitzes sah sie die aufgewühlte Lagune und, durch den Regen hindurch, den riesigen Mond am Horizont und die blauen Reiher atemlos im Sturm flattern.
Gabriel García Márquez aus: „Wir sehen uns im August“
Inhalt/Plot:
Wir sehen uns im August handelt vom Liebesleben der sechsundvierzig Jahre alten Ana Magdalena Bach (nicht zu verwechseln mit Johann Sebastian Bachs Ehefrau Anna Magdalena Bach, denn der Roman spielt im späten 20. und nicht im 18. Jahrhundert). Ana ist bereits seit siebenundzwanzig Jahren mit ihrem Ehemann glücklich verheiratet, hat eine Tochter und einen Sohn und fällt plötzlich aus der Routine. Ein Blitz schlägt in ihr Leben ein, und der Roman beschreibt, wie sie die Fenster vor dem Sturm wieder zu schließen versucht. Es beginnt in einem Hotel auf einer nicht näher beschriebenen Insel in der Karibik, auf der sich ihre Mutter trotz familiärer Widerstände begraben lassen hat. Nun kehrt ihre Tochter jedes Jahr, jeweils am 16. August, zurück und besucht das Grab ihrer Mutter, pflegt es und hinterlässt einen Strauß Gladiolen auf dem Grab:
Vor allem aber verstand sie den Wunsch der Mutter, als sie das Leuchten der Welt von der Höhe des Friedhofs aus sah. Es war der einzige einsame Platz, an dem sie sich nicht einsam fühlen konnte. Da fasste Ana Magdalena Bach den Vorsatz, die Mutter dort zu lassen und jedes Jahr einen Gladiolenstrauß auf ihr Grab zu legen.
In García Márquez‘ literarischem Werk konnotiert ‚Einsamkeit‘ die Abwesenheit von intimer Liebe. Beispielsweise beschreibt Hundert Jahre Einsamkeit das Auf und Ab der Leidenschaft im Kampf gegen die Einsamkeit, der meist, zumindest in diesem frühen Roman von García Márquez, erst mit dem Tod endet. In Wir sehen uns im August geht alles friedlich zu. Nach dem Besuch des Grabes und nach der Lektüre von Bram Stokers Dracula erwacht sie in ihrem Hotelzimmer heißhungrig. Sie kehrt zurück in die Bar, bestellt sich etwas zum Essen und gönnt sich einen Gin mit Eis und Soda:
Die Welt veränderte sich mit dem ersten Schluck. Sie fühlte sich frech, fröhlich, zu allem fähig und verschönt durch die heilige Mischung von Musik und Gin. Sie meinte, der Mann gegenüber habe sie nicht gesehen, ertappte ihn, als sie das zweite Mal hinsah, aber dabei, wie er sie betrachtete. Er errötete. Sie hielt seinem Blick stand, und er sah auf seine Taschenuhr. Beunruhigt steckte er sie wieder ein, schenkte sich noch ein Glas ein, schaute zur Eingangstür, verwirrt, sich bereits dessen bewusst, dass sie ihn erbarmungslos beobachtete.
Aus einem nicht näher erläuterten inneren Aufruhr heraus verbringt sie die Nacht mit dem unbekannten Mann, selbstbewusst, ausgelassen und selbstbestimmt beim Küssen und Sex. Als sie am nächsten Morgen alleine im Hotelzimmer aufwacht, begreift sie, dass der unbekannte Mann ihre Initiative missverstanden hat und sie für eine Prostituierte hält, denn sie findet in ihrem Buch einen Zwanzigdollarschein. Wie die Tür sich öffnet, so schlägt sie abrupt wieder zu. Ana Magdalena fühlt sich beschmutzt, verärgert:
Sie brauchte jedoch mehrere Tage, bis ihr bewusst wurde, dass sich nicht die Welt verändert hatte, sondern sie selbst, die immer durchs Leben gegangen war, ohne es sich näher anzuschauen, und es erst in diesem Jahr, bei der Rückkehr von der Insel, wie nach einem Denkzettel deutlich vor Augen hatte. Auch wenn ihr die Gründe für diesen Wandel nicht bewusst waren, der Zwanzigdollarschein auf Seite hundertsechzehn ihres Buches hatte etwas damit zu tun. Sie hatte mit einem unerträglichen Gefühl der Demütigung darunter gelitten, ohne einen Augenblick der Ruhe. Sie hatte vor Wut und Enttäuschung geweint, weil sie nicht wusste, wer dieser Mann war, den sie hätte töten müssen, weil er die Erinnerung an ein glückliches Abenteuer verdorben hatte.
Diese initiale Verletzung, als Ana Magdalena das erste Mal über den Tellerrand der verordneten Ehe blickt, wirkt nach. Ihr wird klar, dass ihr Ehemann sie schon seit längerem betrügt, und in einer Nacht gibt er dies auch unumwunden zu. Ihre Tochter, zunächst promiskuitiv, will plötzlich ins Kloster, indes ihr Sohn eine aussichtsreiche Karriere als Cellist im Nationalen Sinfonie Orchester anstrebt. Ana Magdalena erlebt eine weitere intensive Nacht auf der Insel, die sich zunehmend ändert und modernisiert. Mit dem Tourismus wandelt sich ihr Charakter. Wo früher Wildnis und Lebendigkeit herrschen, macht sich die Tristesse des Massentourismus breit:
Im Inselhafen angelegt, ging sie von Bord und sah ihr Taxi in einem noch kläglicheren Zustand als je zuvor und entschied sich für ein anderes, das neu und klimatisiert war. Da sie außer ihrem alten Hotel kein anderes kannte, wies sie den Fahrer an, sie zum neuen Carlton zu bringen, eine Steilwand aus vergoldetem Glas, die sie bei den letzten drei Reisen zwischen Eisengestänge hatte hochwachsen sehen. Es war mitten im August nicht möglich, ein Zimmer für ihr Budget zu finden, aber es wurde ihr ein ordentlicher Rabatt auf eine der eisigen Suiten im achtzehnten Stock gewährt, die den kreisförmigen Horizont der Karibik überblickten und die riesige Lagune bis hin zur Silhouette der Sierra.
Es wird von Jahr zu Jahr schwerer, sich auf der Insel wohlzufühlen, und auch, die Gladiolen, Schwertliliengewächse, für das Grab der Mutter zu ergattern. Das Kämpferische, Wilde der Insel geht verloren und lässt sich auch nicht mehr wiederfinden. Als letzten Akt und Ratifizierung des unwiederbringlich Verlorenen lässt Ana Madgalena die Leiche ihrer Mutter exhumieren und bringt sie, in einem Sack, zu sich nach Hause:
Um sechs, als ihr Mann sie ins Haus kommen sah, den Knochensack ohne großes Getue hinter sich her schleifend, konnte er seine Überraschung nicht verbergen. »Das ist das, was von meiner Mutter übrig ist«, sagte sie und kam seinem Entsetzen voraus.
»Erschrick nicht«, sagte sie. »Sie versteht es. Mehr noch, ich glaube, sie ist die Einzige, die es bereits verstanden hatte, als sie beschloss, auf der Insel begraben zu werden.«
Hier zitiert sich García Márquez selbst, denn eine der Hauptfiguren aus Hundert Jahre Einsamkeit, Rebeca, kommt in das Haus der Buendías ebenfalls mit einem Sack voller Knochen:
In der Tat kam am Sonntag Rebeca. Sie war kaum elf Jahre alt. Sie hatte die beschwerliche Reise von Manaure mit etlichen Fellhändlern zurückgelegt, die zwar den Auftrag erhalten hatten, sie mit einem Brief im Hause José Arcadio Buendías abzuliefern, aber nicht genau erklären konnten, wer sie um diesen Gefallen gebeten hatte. Ihr ganzes Gepäck bestand aus der kleinen Wäschetruhe, einem hölzernen, blumenbemalten Schaukelstühlchen und einem Segeltuchsack, der dauernd klock-klock-klock machte und die Knochen ihrer Eltern beherbergte. Gabriel García Márquez aus: „Hundert Jahre Einsamkeit“
Es bleibt dann zu hoffen, dass Ana Magdalena Bach nicht dasselbe Schicksal erfährt, wie Rebeca, deren Heiratspläne familienintern zunichte gemacht werden, bevor sie den Draufgänger und Spieler José Arcadio Buendía heiratet, und die nach dessen Tod einsam und verlassen in einem abgeschotteten Haus auf den Tod wartet, abgemagert und sich von Erde und Kalk nährend.
Stil/Sprache/Form:
García Márquez komponiert in Wir sehen uns im August alles auf den Zerfall und den Niedergang der Emotionen in der fortschreitenden Modernisierung hin. Sinnbildlich steht hierfür die Entwicklung der Insel, die anfangs ein wildes Paradies darstellt, in der Anas Mutter ihr Liebesglück fernab der Ehe finden durfte. Sie ließ sich dort begraben, zwischen Vögeln, in der Nähe des Meeres und des Dschungels, als die Insel vor Lebendigkeit und brachialer Intensität nur so strotzte. Ana Magdalena erinnert sich an die erste Überfahrt zur Insel, als es noch keine Fähre gegeben hat:
Die fast vier Stunden dauernde Überfahrt in einem Kanu mit Außenbordmotor auf einem durchgehend aufgewühlten Meer versetzte sie in Angst und Schrecken. Sie bewunderte die Strände aus goldenem Mehl gleich am Rand des unberührten Urwalds, das Gekreisch der Vögel und den gespensterhaften Flug der Reiher über dem ruhigen Wasser der inneren Lagune. Traurig machte sie das Elend des Dorfes, wo man auf Hängematten, die an zwei Kokospalmen befestigt waren, im Freien schlafen musste […]
Von dort aus geht es bergab mit der Insel und den Leidenschaften. Die Liebe wird zur Prostitution. Die Phantasie fehlt. Massentourismus hält Einzug, und diesen Niedergang symbolisiert García Márquez mit der realistischer werdenden Lektüre seiner Protagonistin. Liest sie anfangs noch Dracula, so liest sie bald die Mars-Chroniken von Ray Bradbury, um am Ende Die Pest von London von Daniel Defoe zu lesen. Mystik, Erotik technologisieren sich hin zum Massenelend und Massentod und Zivilisationsversagen. Sie verliert zunehmend die Lebensfreude:
Sobald sie mit dem Nachtisch fertig waren, brachte er sie zurück ins Hotel, er fuhr schweigend, die Blicke gebannt vom schlafenden Meer unter einem unwirklichen Mond. Sie brach das Schweigen nicht. Es war zehn nach elf, und die Bar ihres Hotels wohl geschlossen. Am meisten verbitterte sie, dass sie ihrem Gastgeber nichts vorzuwerfen hatte, denn sein einziger Fehler war, dass er nicht einmal versucht hatte, sie zu verführen: kein Kompliment für ihre strahlenden Augen einer Löwin, für ihr anregendes Erzählen noch für ihr musikalisches Wissen.
García Márquez verwendet in Wir sehen uns im August wenige Momente seines magischen Realismus. Bis auf ein paar Metaphern, bspw. „die in Unkraut ertrunkenen Grabhügel“ oder „das schlafende Meer“, bleibt alles wirklichkeitsnah und realitätsdurchtränkt. Die Desillusion und Entzauberung der Welt zermalmt die erzählerische Phantasie, über deren Abwesenheit das Erzählen sich nur zaghaft mittels sexuellen Explizitheiten hinwegzutrösten versucht:
Sie staunte über die Könnerschaft eines Salonmagiers, mit der er sie Stück für Stück entblößte, als häute er eine Zwiebel, während seine Fingerspitzen sie kaum berührten. Bei dem ersten Stoß glaubte sie vor Schmerz zu vergehen und erfuhr die schreckliche Erschütterung einer Färse, die zerlegt wird.
Neben der hier und da überraschend durchbrechenden Vulgarität, die den sanften Erzählgang empfindlich zu stören droht, erscheint das musikalische Schema abstrakt und im Text nicht wirklich aufgehoben und eingewoben. Die Erwähnung der klassischen Musikstücke und des familiären Hintergrundes fügt Wir sehen uns im August symbolisch nichts hinzu und wirkt sogar hineinmontiert und so aufgesetzt.
Kommunikativ-literarisches Resümee
Von der gewollten Analogie zu Anna Magdalena Bach, der Gattin von Johann Sebastian Bach, und die Verschmelzung mit Maria Magdalena, die als Symbolfigur für Prostituierte und gefallene Mädchen fungiert, abgesehen, die den Text wie einen Heiligenschein umgeben, ohne ihn zu berühren, zeichnet Wir sehen uns im August eine desillusionierte Emanzipationsgeschichte nach. Konnte die Mutter der Protagonistin noch kämpferisch ihr Leben gestalten und durfte über ihren Tod hinaus den Ort ihres Grabes gegen den Familienwunsch durchsetzen, so können die Protagonistin und erst recht ihre Tochter offensichtlich nicht in ihre Fußstapfen treten. Die Tochter der Protagonistin geht ins Kloster, um sich zu entziehen und der strengen, restriktiven Obhut des religiösen Lebens zu übergeben; indes Ana Magdalena trotz Wunsch nicht rebelliert, keine Konsequenzen aus den Seitensprüngen ihres Ehemannes zieht und am Ende sogar auf die Erfüllung ihrer eigenen Sehnsüchte verzichtet:
Ein sich wiederholender Albtraum ihrer dunklen Stunden begann sie zu verstören, als sie von einem leichten Klopfen an der Tür geweckt wurde. Das Licht brannte noch, und sie lag bäuchlings auf dem Bett, hatte nicht darauf geachtet, dass sie noch angekleidet war. Sie blieb so liegen, biss in das tränendurchweichte Kissen, um nicht zu fragen, wer da war, bis derjenige, der klopfte, aufgab. Dann machte sie es sich, ohne das Licht auszumachen oder sich zu entkleiden, im Bett bequemer und schlief weinend vor Wut über sich selbst und das Unglück, eine Frau in einer Welt von Männern zu sein, wieder ein.
Ana Magdalena erinnert an eine invertierte Emma Bovary aus Gustave Flauberts Madame Bovary, die aus Luxussucht und Neugier heraus das Eheglück in Gefahr bringt, wohingegen García Márquez‘ Protagonistin zurück in eine wilde Freiheit möchte. Dieses Zurück, die Träume von der Löwin, das Kämpfen gegen die Müdigkeit lässt an ein anderes, letztes, Alterswerk denken: Ernest Hemingways letzter vollendeter Text Der alte Mann und das Meer. Beide Texte schließen das jeweilige Gesamtwerk ab. Bei Hemingway jedoch träumt der Fischer Santiago weiter, von eben den Löwen, denen sich auch Ana Magdalena verschwistert nahefühlt:
Er träumte nicht von den Löwen, sondern statt dessen von einem riesigen Schwarm von Tümmlern, der sich über acht oder zehn Meilen erstreckte, und es war die Zeit ihrer Paarung, und sie sprangen hoch in die Luft und kehrten in dasselbe Loch, das sie beim Springen im Wasser gemacht hatten, wieder zurück. […] Danach begann er, von dem langen gelben Strand zu träumen, und er sah den ersten der Löwen in der frühen Dunkelheit herunterkommen, und dann kamen die andern Löwen, und er stützte sein Kinn auf die Planken der Back des in der abendlichen Landbrise vor Anker liegenden Schiffes und wartete darauf, ob noch mehr Löwen kommen würden, und er war glücklich.
Ernest Hemingway aus: „Der alte Mann und das Meer“
Gabriel García Márquez war laut eigenen Anmerkungen und Aussagen gegenüber seinem Lektor nicht zufrieden mit dem Ende von Wir sehen uns im August. Ana Magdalena bleibt kein Aufatmen vergönnt, zwischen Betrug und Rache, zwischen Widerstand und Selbstaufgabe bleibt sie gefangen wie Buridans Esel, und so fühlt sie sich wahrscheinlich auch. Bleibt zu hoffen, dass García Márquez ein Abschlusskapitel im Sinne gehabt hat, in der sie sich diesem und anderen Gefühlen verweigert und ihren eigenen, selbstbestimmten Lebensweg zu gehen beginnt.
tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.
Nächste Woche am 09.04.2024 auf Kommunikatives Lesen:
bespreche ich von Bodo Kirchhoff den neuesten Roman Seit dem er sein Leben mit einem Tier teilt.
Eine Kurzversion der Besprechung und noch andere aktuelle Kurzrezensionen findet sich demnächst hier.

Das klingt gar nicht so uninteressant. Der letzte Roman zu Lebzeiten, „Erinnerung an meine traurigen Huren“, war meines Erachtens unerträglich, eine rasch heruntergeschriebene Altherrenphantasie auch sprachlich ohne viel Imagination.
Ich habe „Hundert Jahre Einsamkeit“ danach gelesen, und fand es viel schlechter als „Wir sehen uns im August“ – hier ist die Idee klar verdichtet vorgetragen und auch hier und da poetisch verdichtet. Es hätte sogar länger sein können. „Erinnerungen an meine traurigen Huren“ habe ich schon seit Jahren hier herumliegen, habe es aber schon allein wegen des Titels nicht mal aufgeschlagen. Ich weiß mit Marquez noch nicht wirklich etwas anzufangen, muss ich zugeben. Das waren meine erste Romane von ihm. Hast du Empfehlungen?
Ja. Wenn du Hundert Jahre Einsamkeit schwächer fandest, solltest du es nochmal lesen.
Wie gehabt: Danke für die Rezension! Habe „100 Jahre… und „die traurigen Huren“ gelesen, Marquez scheint mich auch nicht wirklich gepackt zu haben, ich haette mir sonst mehr von ihm angeeignet. Frage: Marquez ist zweifellos ein begabter Erzaehler, warum bevorzuge ich Conrad, vor allem „Nostromo“, Bolano, Kureishi oder auch Rushdie? Irgendwas scheint mich bei Marquez nicht gepackt zu haben….Muss mir mal den „…August“ vornehmen 🙂
Andere Frage (mehr humoristisch): Das packende Stückwerk von unvollendeten Sachen (auch Musik): waeren gar nicht verfasste Sachen nicht noch vollkommener? 🙂
Also, ich bin da eher auf deiner Seite. Conrad und Bolano lese ich mit viel Gewinn, mit viel Schwung. Ich habe „Hundert Jahre Einsamkeit“ nachgeschoben und weiß gar nicht, was das Buch soll. Ich habe nicht einmal große Lust, etwas dazu zu schreiben. „August…“ fand ich in vielerlei Hinsicht besser. Ich werde auch nur „Erinnerungen an meine traurigen Huren“ lesen, und dann werde ich wohl meine sieben Sachen packen und Marquez abhaken. Er komponiert, synthetisiert, kreiert weniger, als dass er anekdotisches ein Kessel Buntes aneinanderreiht. In dieser Hinsicht scheint mir „Wir sehen uns im August“ kompakter.
Und unvollendete Sachen sind selbstredend die Vollkommensten! Sie enthalten alles, selbst das Nicht. Sie stehen über den Dingen, denn sie sind noch im Werden, wie wir alle 🙂 Viele Grüße!
Puh….“Nostromo“….Ich traeume davon 🙂
Werde ich demnächst lesen. „Lord Jim“ war eines meiner absoluten Lesehighlights überhaupt.