Abdulrazak Gurnah: „Das versteinerte Herz“

Das versteinerte Herz von Abdulrazak Gurnah. SWR Bestenliste 07/2024.

Der neunte von den bislang zehn veröffentlichten Romanen des Nobelpreisträgers für Literatur aus dem Jahre 2021 erschien im Original 2017 und trägt den Titel Das versteinerte Herz, das sowohl auf Shakespeares Drama Maß für Maß und auf Wilhelm Hauffs Das kalte Herz anspielt, weniger auf Arno Schmidts Das steinerne Herz, mit welchem es beinahe den Titel teilt und auch das Thema, nämlich Ehe und Affären, nur ohne Nachwuchs bei Schmidt, ohne Hedonismus bei Gurnah. Das versteinerte Herz Abdulrazak Gurnahs steht ganz im Zeichen von Entfremdung, Entwurzelung, ja persönliche Dissoziierung in Folge fraglich gewordener kultureller Zusammenhänge, hier im postkolonialen Sansibar Tansanias:

Das Foto im Büro des Direktors war auf den Dezember 1963 datiert und damit am Ende des Schuljahres entstanden, kurz vor der Revolution. Kurze Zeit später würde Maalim Yahya seinen Job verlieren und nach Dubai gehen. Seine Frau und die beiden Töchter folgten ihm, mein Vater blieb allein zurück. Sie kamen nie wieder, nicht einmal für einen kurzen Besuch, und so konnte ich mir abgesehen von dem Gruppenfoto kein Bild von der Familie meines Vaters machen. […] Meine Welt bestand aus mir, meiner Mutter und meinem Vater. Die Gesprächsfetzen, die ich als Kind aufschnappte, waren unterhaltsam, aber die darin erwähnten Menschen blieben mir fremd.
Abdulrazak Gurnah aus: „Das versteinerte Herz“

Inhalt/Plot:

Im Zentrum des Geschehens in Das versteinerte Herz stehen Salim und seine Eltern Masud und Saida Yahya sowie Saidas Bruder Amir, beide Nachkommen von Ahmed Musa Ibrahim, ein anti-kolonialer Intellektueller aus Sansibar, der im Zuge der Revolution 1963 verschwindet. Kurz darauf stirbt auch Saidas Mutter und hinterlässt Amir, zehn Jahre, und sie mit vierzehn Jahre als Vollwaise ihrer Tante Bibi, die kurz nach der Geburt Salims stirbt. Bibi, die Großtante und Ersatzmutter, steht im Hintergrund, wie auch Masuds Vater, Maalim Yahya, als ruhender Pol, als die, die die Fäden ziehen und die Familie zusammenhalten.

Bibi zeigte es uns immer wieder, auf ihre ganz eigene, beruhigende, zurückhaltende Weise. Meine Mutter bewunderte Bibi sehr. ›Wallahi‹, sagte sie, ›die Frau ist ein Engel.‹ Bibi schärfte uns ein, dass wir nach dieser langen Reihe von Schicksalsschlägen keine Zeit zum Herumjammern hätten. Irgendeine höhere Macht würde schon wissen, was das alles zu bedeuten hatte; man selbst könne nur alhamdulillah sagen und weitermachen. Während wir laut schluchzten, weinte sie stumm, wärmte Wasser für unser Bad auf und überließ uns ihr Bett.

Stoff von Das versteinerte Herz bildet das Generationen-Verhältnis sowie die Liebes-Problematik. In Bewegung gebracht wird die Situation durch den Plot der Unerfüllten Liebe/Eifersucht, hier im Speziellen die Ehekrise von Saida und Masud, die sich in der Kindheit von Salim abspielt und darauf hinausläuft, dass Masud sich ein Zimmer nimmt, seine Arbeit aufgibt, zu vagabundieren und zu verwahrlosen beginnt. Auslöser scheint der karriere-orientierte Bruder Saidas, Amir, zu sein, dessen Aufstieg nach und nach im Roman vom Ich-Erzähler rekonstruiert wird. Inhaltlich strukturiert Gurnah den Roman in drei Kapitel: Salims Kindheit, sein Studium in London und seine Rückkehr nach Sansibar, und wie die Ehekrise, die Eheproblematik, vor allem der Verlust des Vaters sich auf das Leben Salims auswirken. Exemplarisch hier die Szene, als er seine Mutter anruft, aber deren Geliebter oder Partner an den Apparat geht:

»Hallo?«, sagte er. Er war es tatsächlich. Ich schwieg, und er fragte: »Nani huyu? Wer ist da? Hallo, ist das ein Ferngespräch? Können Sie mich hören?«
Ich legte auf. Seine Stimme war so stark und fest, wie man es von einem Mann mit einem solchen Stiernacken und so großen Händen erwarten würde. Ich hätte den Mund aufmachen und nach ihr fragen sollen. Ich hätte für mich einstehen sollen wie ein erwachsener Mensch, der mit der Realität zurechtkommt, stattdessen hatte ich mich verkrochen wie ein Kind. Ich versuchte, den Vorfall zu vergessen, aber die Scham saß zu tief. Ich konnte tagelang an nichts anderes denken.

Salim diffundiert durchs Leben, vaterlos, orientierungslos, ohne innere Konstanz durch die Welt, nachdem die Rebellion gegen die Zustände in seinem Elternhaus gescheitert sind. Als Jugendlicher, nach der Geburt seiner Halbschwester, zertrümmert er die Besitztümer seiner Mutter, aber ohne Konsequenz. Seine Aggressionen verpuffen und kehren nicht wieder. Er bleibt fortan passiv, passt sich an, zeichnet sich höchstens durch Faulheit und fehlendem Mut aus. Literatur und Sex stehen im Zentrum seiner Aufmerksamkeit und Lebenspraxis, sein Glück bleibt aus. Er findet es weder im Studium noch in der Liebe.

So regelte [Rhonda] die Dinge – abrupt, schroff, mit jeder Menge Raum für Missverständnisse, und alles nur, um ihre Unabhängigkeit zu beweisen. Ich nahm sie vor allem als traurig wahr. Bei jedem unserer Abschiede hatte ich geglaubt, es sei das letzte Mal, aber an diesem milden Samstagmorgen saß ich schon wieder auf Rhondas Terrasse und wartete darauf, dass sie endlich aufwachte. Ich musste lächeln, und während ich mich fragte, wer von uns beiden der bedürftigere Mensch war, wurde mein Lächeln plötzlich traurig und selbstmitleidig.

Nach seiner Rückkehr erzählt der Vater die Ehekrise aus seiner Sicht. Das, was unerklärlich schien, erscheint nun im neuen, aber erwarteten Licht, und Masud erhält Züge von Heinrich Bölls desolat eifersüchtigen Hans Schnier aus Ansichten eines Clowns, der um seine Geliebte trauert, selbst aber passiv und leidend bleibt.

Stil/Sprache/Form:

Das passive Verhaltensweise Salims, der enttäuscht durch die Welt schreitet, keinen Anschluss findet, nicht bei der Familie Amirs, der zum einflussreichen Diplomaten aufsteigt, noch in der akademischen Welt, wiewohl er sein Literaturstudium erfolgreich absolviert, noch in Liebesdingen, denn die Frauen bleiben ihm nicht treu, speist sich aus einer verdrängten, verschobenen Aggression, die er auf die Sprache, auf die Mutter, gegen sich selbst richtet. Formal schieben sich unverschickte Briefe an die Mutter in die Handlung, die er kathartisch, im Geheimen, zu Papier bringt, bspw. nachdem er von ihrem Tod hört:

Ich glaube, ich habe auf deinen Tod gewartet (stört es dich, wenn ich das Wort in Zusammenhang mit dir verwende?). Nicht, weil ich es mir gewünscht hätte, sondern weil ich fürchtete, ich könnte dir niemals sagen, dass die Mühen überstanden sind und ich es endlich zu etwas gebracht habe. Wenn du es verlangt hättest, wäre ich nach Hause gekommen. Es gibt hier nicht viel, wovon ich dir hätte berichten können, nur banale Kleinigkeiten, die zusammengenommen ein Leben ergeben. Es ist nicht ganz hoffnungslos, aber es ist zu wenig.

Die Briefe wirken grob, dissoziierend, fahrig, wie die ganze Sprache in Das versteinerte Herz. Sie wirkt wie ein Steinbruch, Brocken, lose Worte, Tempi, Modi, die nicht zusammenpassen, Satzanschlüsse, Logiken, Folgerungen, die nicht zueinanderfinden, Erzählstimmen, die nicht aufeinander antworten. Im genannten Beispiel: Der Ich-Erzähler empfindet den Tod der Mutter als Erlösung, denn nun muss er sich nicht mehr bemühen, sie auf sich stolz zu machen. Aber das sagt er nicht. Er sagt etwas sprachmateriell Widersprüchliches und Verquastes, wenn er schreibt „weil ich fürchtete, ich könnte dir niemals sagen, dass die Mühen überstanden sind …“ – zu dem Zeitpunkt hat er es ihr bereits niemals gesagt. Sie ist gestorben, ohne von ihm gehört zu haben, dass ihre Geduld, ihre Nachsicht mit ihm sich für ihn ausgezahlt haben. Von solchen zerfahrenen, kaum verständlichen Sätzen gibt es einige:

Arbeit in einer Behörde hieß, dass ich jeden Tag ein sauberes Hemd tragen und es nie ausziehen musste, um mit nacktem Oberkörper in der Sonne zu schwitzen. Nie war ich den Launen eines Bauherrn ausgeliefert, ich musste auch keine gebrüllten Befehle entgegennehmen oder mich vor Passanten demütigen lassen.

Das Beispiel hier zeigt einen seltsamen Kurzschluss zwischen instrumenteller und explikativer Funktion von „um“ an. Die Erzählstimme empfindet es als Privileg, auf einer Behörde zu arbeiten, statt sich auf einer Baustelle mit nacktem Oberkörper abplagen und von einem Bauherrn demütigen lassen zu müssen. Auch im Original liest sich der Satz schwammig kondensiert, obgleich etwas präziser:

Working in a government office meant that I wore a clean shirt every day and did not have to take it off because my work made me sweat bare-chested in the sun. I did not have to wait on the caprice of a contractor or put up with shouted commands while passers-by laughed at me.
Abdulrazak Gurnah aus: “Gravel heart”

Hier kommt der Zusammenhang klarer heraus, denn das Ausziehen des T-Shirts bezieht sich auf die harte Arbeit (die im Deutschen nicht erwähnt wird), aber auch hier muss er das T-Shirt nicht ausziehen, weil ihn die Arbeit mit nacktem Oberkörper in der Sonne schwitzen lässt. Er zieht sich das T-Shirt aus, weil er in der Sonne und durch die harte Arbeit das T-Shirt sonst durchschwitzen und als Hindernis oder einfach nur unangenehm empfinden würde. Das Schwammige und Unpräzise der äußerst kargen, nüchternen, fast emotionslosen Sprache scheint Programm von Das versteinerte Herz. In Salims Welt gibt es keinen Platz für Poesie. Die Literatur, die Worte, bewirken nichts:

Der Segen als Anfang der Liebe – oder war es andersherum? Es spielte keine Rolle mehr, das waren nur Worte, und auf lange Sicht machten Worte niemanden unglücklich. Nein, das übernahmen die Erinnerungen, jene dunklen, unabänderlichen Momente, die einfach nicht verblassen wollten.

Das Trauma sitzt zu tief. Der abwesende Vater hinterlässt eine Spur der Zerstörung in Salims, der er machtlos gegenübersteht, fast sprachlos, stammelnd, radebrechend sucht er sich dem Zentrum des Bösen zu nähern und findet es in dem Onkel, der nichts als die eigene Karriere im Sinn hat und dafür auch, scheinbar, über Leichen gehen würde.

Kommunikativ-literarisches Resümee:

Das versteinerte Herz thematisiert ein Kindheitstrauma und stellt sich in die Reihe der Werke, die prekäre Kindheitserfahrungen bearbeiten wie Radio Sarajevo, Kaspar oder Vatermal. Dieser Plot favorisiert klar die gebrochene, hakelige Ich-Erzählweise, die den Alpdruck, der auf der Psyche lastet, illustrieren soll und auf diese Weise dokumentarische, reportagenhafte Züge einer Zeugenaussage (meist aus Sicht eines Kindes) erhält. Authentisch, ungeformt parallelisieren sie Ereignisse, die sich nicht durchdringen noch durchdringen können, was in der Tat im Zusammenhang mit traumatischen Ereignissen plausibel ist.

Über Europas Wissenschaften und ihre Triumphe wusste er wenig bis gar nichts. Sie waren ihm egal, genau wie die europäische Geschichte mit ihren wahnsinnigen Kriegen und zerstrittenen Nationen. Folglich war er nicht imstande, die Welt, in der wir lebten, aus dem Blickwinkel eines Historikers zu erklären. Er kannte nur die Folgen von Europas Willenskraft und Gewaltbereitschaft.

Diese Sichtweise der Geschichte, die von den Siegern geschrieben zu werden droht, wird auch in Das versteinerte Herz nicht angenommen. Hier wird nichts erklärt. Hier werden in der Tat nur die Folgen aufgezeichnet, und zwar hier die einer psychischen Verrückung, einer mentalen Dissoziation. Salim und sein Vater taumeln. Sie ziehen sich in die Literatur zurück, finden dort kurzweilig Trost, aber keine Mittel, ihre desaströse Situation zu durchschreiten. Hier konfligiert die Erzählweise, die denen, die nicht können, auch noch zumutet, von ihrer Unfähigkeit aktiv zu berichten und ihre Selbstbezichtigungen, ihren Unmut über sich selbst, aufzuzeichnen. Ihnen fehlt der Zusammenhang, die Übersicht, die Klarheit, die innere Entschlossenheit, sich gegen die übermächtig erscheinende Gewaltmenschen zu wehren, und sei’s nur in der Fiktion:

Hakim musterte mich ausgiebig. Seine Miene war ernst und gelassen. Als er die Hand ausstreckte, trat ich vor und schüttelte sie. Ich berührte ihn nur kurz, aber seine Hand fühlte sich fleischig und überraschend glatt an. Wie ich mir vorstellte, verwendete er teure Seifen und Cremes. Hakim deutete auf einen Sessel und versank dann wieder in dem Ungetüm. Während wir es uns bequem machten, füllte Munira den leeren Raum zwischen uns mit Gerede. »Salim, endlich«, sagte Hakim sanft. Er lächelte. »Deine Mutter würde lachen, wenn sie uns jetzt sehen könnte.«

Die Parallellesung von William Shakespeares Maß für Maß stellt den allegorischen Höhepunkt von Das versteinerte Herz dar. Geht bei Shakespeare für fast alle alles gut aus, wird der böse Angelo bestraft, Claudio befreit und mit Juliet verlobt und Isabella die Herzogswürde angeboten, so siegen in Das versteinerte Herz die Bösen und kommen allesamt ungestraft davon und genießen die Früchte ihrer finsteren Taten. Die abendländische Tradition, auch in Das kalte Herz von Wilhelm Hauff, sehnt sich nach und gibt sich, zumindest fiktional, dem Happy End hin, das Salims Sansibar ausbleibt, ja zum hohlen Spuk verpufft. Gurnahs Roman erscheint aus der Tradition weniger als ein Märchen denn als Tragödie, als ein Schaustück, ein Drama, das auf der Bühne durch wörtliche Rede belebt wird, und besitzt viele Ähnlichkeiten zur resignativen Geste, die Jean-Paul Sartre in Die Eingeschlossenen von Altona angeschlagen hat, wo Vater und Sohn sich am Ende gemeinsam das Leben nehmen:

Der Vater: Gut. (Pause). Ich habe dich gemacht, ich werde dich vernichten. Mein Tod wird den deinen einhüllen, und endlich werde ich allein sein zum Sterben. […] Seltsam, ein Leben, das unter offenem Himmel zerbirst. Das … Das will nichts heißen. (Pause). Ich werde keinen Richter haben. (Pause). Weißt du (zu seinem Sohn Franz), auch ich habe mich nicht geliebt.
Jean-Paul Sartre aus: „Die Eingeschlossenen von Altona“

Der Himmel ist offen, also leer. Keine Religion, kein Richter, kein Gottvater in Sicht. Auch bei Gurnah scheint die verlorene Religion im Hintergrund ihre Fäden zu ziehen, denn der Großvater Salims, religiös und Religionslehrer in Kuala Lumpur und Dubai, schafft es, seine Familie zusammenzuhalten, das, was Masud, dem säkularen und ungläubigen, nicht gelang. Tradition und Religion erscheinen in Das versteinerte Herz als mögliche Retter, die aber ihre Macht über die Menschen und die menschlichen Herzen verloren haben und keine Ordnung mehr, auch nicht innerhalb der Familien zu stiften vermögen. Ohne die Religion, aber mit selbiger Geste schließt auch Sartre sein Stück über die dem sich Verhängnis nicht mehr entziehen könnenden Nachkriegsdeutschen:

Das Jahrhundert wäre gut gewesen, wenn dem Menschen nicht aufgelauert worden wäre von seinem grausamen Feind, seit Menschengedenken, von jener fleischfressenden Spezies, die ihm den Untergang geschworen hat, von dem reißenden Tier ohne Fell, vom Menschen […] Glückliche Jahrhunderte, ihr kennt unseren Hass nicht, wie solltet ihr die grausame Macht unserer tödlichen Leidenschaften verstehen? Liebe, Hass, eins und eins …
Jean-Paul Sartre aus: „Die Eingeschlossenen von Altona“

Abdulrazak Gurnah endet in Das versteinerte Herz unversöhnlich. Die Welt, die Sprache, alles ist falsch, erlogen, ausgedacht, und was bleibt, ja, nach Zerstörung auch des letzten Funken Hoffnung, der in die Kommunikation gesetzt ward, der Rest, wie in Shakespeares Hamlet, ist Schweigen.

tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.

Nächste Woche am 16.07.2024 auf Kommunikatives Lesen:
vielleicht das neue Buch von Marc-Uwe Kling Views.

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13 Antworten auf „Abdulrazak Gurnah: „Das versteinerte Herz““

  1. Ich habe den Eindruck, von keinem Nobelpreisträger haben die Bibliotheken so wenig Bücher gekauft wie von Gurnah. Ich kenne immer noch nur die, die schon in den frühen Nullerjahren erhältlich waren. Selbst diesen hier könnte ich jetzt nur dank Overdrive lesen.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Seltsam, ich müsste das bei mir in der Bibliothek mal nachprüfen. Die Bücher kamen aber auch eher schleppend auf dem Buchmarkt insgesamt. Vielleicht ändert sich das. In der Kritik steht er ja ziemlich hoch im Range.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      An „Die Eingeschlossenen von Altona“ muss ich immer wieder denken – passt zu sehr vielen Immunisierungsstrategien, historisch wie individualpsychologisch. Shakespeare hat Gurnah selbst klar referenziert, aber es passte gut – eines der Shakespeareschen Stücke mit Happy End, das hier ungut ausgeht. Danke fürs Lesen, Myriade! Viele Grüße!

  2. gkazakou – Griechenland – Humanwissenschaftlerin (Dr. phil). Schwerpunkte Bildende Kunst und Kreative Therapien. In diesem Blog stelle ich meine "Legearbeiten" (seit Dezember 2015) vor und erläutere, hoffentlich kurzweilig, die Bezüge zum laufenden griechischen Drama und zur Mythologie.
    gkazakou sagt:

    Ich möchte mal wieder meine Bewunderung für deine Rezension(en) loswerden, lieber Alexander. Immer meine ich, wenn ich sie lese, mehr von der heutigen Literatur zu verstehen. Diese hier rückt mir das Drama des durch Kolonialismus und Moderne entwurzelten und geradezu entkernten Menschen vor Augen, der in der ihn umgebenden Welt keinen Anknüpfungspunkt, kein sein Denken, Fühlen und Wollen strukturierendes Prinzip findet (selbst die Sprache ist entfremdet und voller Fallstricke), und so aus sich selbst heraus einen Sinnzusammenhang spinnen muss. Das kann nicht klappen. Der „Vater“, stellvertretend für eine Leitkultur oder Religion, ist tot (Mitscherlich: die vaterlose Gesellschaft). Kräftigend wirken nur ein paar ältere weibliche Figuren, die sich einen in der Familienkultur wurzelnden Kern bewahren konnten (die Tante).
    Mir scheint, in unseren westlichen Kulturen lässt sich dieser Vorgang, der in den kolonialisierten Ländern gewaltsam durchgesetzt wurde, ebenfalls erkennen, Besonders in Deutschland, das seine kulturelle Identität und die sprachliche Kontinuität durch den Faschismus zerrüttet hat.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Danke liebe Gerda! Gurnahs Buch verhandelt exakt diese Form des familiären Schismas – die Sohnesliebe bleibt im Nirgendwo stehen, sowohl beim Vater zum Großvater, wie bei Salim zu Musad … der Erwartungsdruck selbst ist auch zu hoch. Hieran zerbrechen die zartbesaiteten Schultern der gehörnten Ehemänner auch. Es kommt viel zusammen, aber im Hintergrund zieht Bibi, die Großtante ihre Kreise und hält irgendwo doch alle zusammen, auf mysteriöse Art und Weise. Wäre schön, wenn er auch über sie noch schriebe. Ich würde es lesen. Mitscherlich habe ich vor Jahren angelesen, ein paar Bücher über den Frieden, vielleicht schaue ich mal wieder rein. Gute Idee! Vielen Dank und besten Gruß!!

  3. Immer wieder spannend zu lesen, deine Rezensionen. Ich möchte an dieser Stelle nur der Vollständigkeit anmerken, dass Arno Schmidt, einen Roman: „Das steinerne Herz“ geschrieben hat, das offenbar leider etwas in Vergessenheit geraten ist.
    Liebe Grüße; Joachim.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Lieber Joachim, schön, dass du Arno Schmidt erwähnst, ich habe auch deiner Empfehlung Folge geleistet und den Roman in der Einleitung sogar erwähnt mit Beschreibung 😀 … hast du wahrscheinlich überlesen, aber das passiert. Mir hat Schmidts Version auch viel viel besser gefallen, ein tolles Buch. Habe mir sein Gesamtwerk zugelegt in der Bargfelder Ausgabe. Viele Grüße!!

  4. Wie immer spannend in sich und durch deine Vernetzung, Alexander. Auch wenn ich nicht auf der Suche nach einer Lektüre bin, lese ich deine Gedanken sehr gerne. Oft bleibt davon doch eine Art Empfehlung im Gedächtnis, die sich zu einem späteren, geeigneten Zeitpunkt wieder meldet.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Liebe Ule, ich versuche hauptsächlich Literaturbegeisterung zu kommunizieren, die Welt der Literatur selbst zu beleben. Es freut mich, dass du Freude an den Gedanken findest und sie sogar ein wenig nachbeben dürfen. Ich freue mich auch stets über deine Leseeindrücke!! Viele Grüße!!

  5. Und mir geht es so wie so oft: ich lese deine Rezension und will das Buch lesen. Obwohl Missbilligung herauszulesen ist. Die von dir zitierten Textstellen finde ich stimmig. Ich bräuchte keine Erklärung für das T- Shirt, fand es auch nicht radebrechend, sondern von einer eigenen Poesie.
    Ich werde mal sehen ob die Bibliotheken etwas vorrätig haben. Deine Rezensionen sind so oft gehaltvoller als das von dir rezensieren Buch.

    1. Alexander Carmele – Ich lese gern, reise viel, laufe Langstrecken, studiere, lerne und bin wissbegierig und interessiert an neuen Erfahrungswelten. Studiert, am Arbeiten, Hobbydenker, Freizeitsportler, offen für moderne Unterhaltung aller Art. Germanistik, Physiker, und blogge herum.
      Alexander Carmele sagt:

      Danke Xeniana, wenn ich eines mit meinem Blog vorhabe, dann Lesebegeisterung zu teilen. Ich freue mich, wenn dich das Buch interessiert, und ich würde mich noch mehr freuen, wenn du mir in Bezug auf Gurnahs Roman neue Sichtweisen eröffnen könntest. Gemeinsames Lesen macht mehr Spaß und ist noch reichhaltiger. Schön, dass es dich erreichen konnte. Viele Grüße!

      1. Ich beginne es zu lesen und bin gespannt

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