
Die Kunst, die Sprache, die Poesie bietet ein Medium, um in der Fremde ein Selbstverständnis zu erringen. Zeugnisse dieser Befreiung besitzen eine eigene Intensität und Leuchtkraft. Die Dringlichkeit der Sprache bricht eingefahrene Denkmuster. Sie eröffnet Spielräume, und in diesen bewegen sich neue Motive, Stile, Ausdrucksweisen. Dinçer Güçyeters Unser Deutschlandmärchen verarbeitet eine solche kulturelle Abstands- wie Inbesitznahme. In seinem Roman, der nur mit viel gutem Willen ein Roman, mehr ein Prosagedicht ist, läuft alles auf den Zauber und Freude der geretteten Zunge hinaus. Nichts als das Eigene, nichts als das Empfundene soll bleiben und das eigene Leben besingen:
Mit Versen noch den Intellekt beweisen zu wollen, das erschreckt mich jedes Mal. Wenn du als Gastarbeiterkind die gesamte Jugend damit verbracht hast, deinen Lehrern, den Vorarbeitern, Dozenten etwas zu beweisen, dann steckt irgendwann diese Kerbe tief im Fleisch, und für den Rest des Lebens kämpfst du damit, die Wunde zu heilen, dich zu befreien. Das Resultat meines kleinen Widerstands: Nichts kommt auf das Blatt, was auf meiner Haut keine Spuren hinterlassen hat.
Dinçer Güçyeter aus: “Unser Deutschlandmärchen”
Güçyeters Unser Deutschlandmärchen kommuniziert mit Emine Sevgi Özdamars Ein von Schatten begrenzter Raum, mit Fatma Aydemirs Dschinns, die beide die kulturell-individualistische Bewegung hin und von der Türkei weg beschreiben. Es verwendet stilistische Merkmale einer Eva Christina Zeller aus Unterm Teppich aufgrund des Lyrisch-Aphoristischen, und Slata Roschals 153 Formen des Nichtseins aufgrund der aufgelockerten, buntgesprengten Prosastruktur, und besitzt viel von der verwurzelten erdverbunden Poesie Wolfgang Schiffers aus Dass die Erde einen Buckel werfe. In diesem lebendigen Sprach- und Ausdrucksfeld findet Güçyeter einen eigenen Zugang zwischen Fabrik- und Kulturarbeit, die als Zentrum die Liebe zu seiner sich aufopfernden Mutter Fatma hat:
Aber auch im späteren Alter habe ich mich immer wieder unverhofft bei diesem Gedanken ertappt, und weißt du, ich hätte es dir gewünscht, ich hätte es dir wirklich gewünscht, dich wie diese Frauen auf dem Bildschirm zu fühlen, frei von Scham, nah dieser obszönen Lust. Einmal in deinem Leben nicht die schweigende Ehefrau, nicht die aufopferungsvolle Mutter, nicht die funktionierende Fabrikarbeiterin zu sein, das hätte ich dir wirklich gewünscht. Alle Verpflichtungen, jede Moral in den Müll zu kippen und jeden, der einen Teil deines Lebens für sich beansprucht hat, zu enttäuschen, alle in die Pfanne zu hauen.
Inhalt/Plot:
Unser Deutschlandmärchen gibt die Geschichte einer türkischen Familie aus der Sicht eines Ich-Erzählers hautnah wieder. Die Ereignisse werden hauptsächlich aus der Sicht Hanifes, der Großmutter, und Fatmas, der Mutter, und des Ich-Erzählers selbst berichtet. Das Buch beginnt mit den Worten der Großmutter:
Hanife ist mein Name. Ich bin die Tochter der Nomadin Ayşe.
Hanife erzählt von dem kurzen beschwerlichen Leben der Urgroßmutter des Ich-Erzählers. In nur wenigen Sätzen werden die brutalen, unzumutbaren, fürchterlichen Bedingungen beschrieben, denen die Tochter einer Nomadin vom eigenen Ehemann ausgesetzt war.
Bald war ich [Hanife] selbst reif, um das Schicksal meiner Mutter zu teilen. Osman Bey kam und nahm mich mit. Ich wurde sein Weib, sein Spucknapf, einfach so …
Früh verliert Hanife ihre Mutter, die namenlos, grablos aus ihrem Leben verschwand. Als Osman Bey auf nicht geklärte Weise stirbt, nimmt die Großmutter ihre drei Kinder, zwei Söhne, eine Tochter und zieht in die nächste Stadt, um sich dort allein durchzuschlagen. Bald schon tritt der Onkel vor die Familie und überzeugt Hanife ihre Tochter Fatma einem Verehrer zu übergeben, der in der Bundesrepublik Deutschland arbeitet, Yılmaz, der Vater des Ich-Erzählers. Fatma hat Glück. Ihr Ehemann ist zwar faul, trinkt, lässt sich übers Ohr hauen, erzeugt Schulden nach Schulden, lügt und betrügt, wälzt die ganze Arbeit auf sie ab, aber er ist nicht gewalttätig.
[Meine Brüder] raten mir, mich von Yılmaz zu trennen. Aber ohne ihn wären wir noch alle in der Türkei, er hat es doch möglich gemacht, dass wir hier sind. Meine Worte will keiner hören. Nein, wegen Geld werde ich meinem Mann nicht den Rücken kehren. Er ist faul, bequem, aber im Vergleich zu anderen Männern lieb zu mir. Nein! Nein! Keiner will meine Worte hören, die Ohren sind taub, die Ohren sind taub.
Yılmaz erlaubt ihr, ein eigenständiges Leben zu führen. Mit härtester Disziplin und größter Kraftanstrengung schafft sie es, ihre zwei Söhne groß zu ziehen, eine Kneipe zu führen, auf dem Feld Rüben zu stechen. Sie organisiert alles, kümmert sich um alles, während ihr Mann säuft und Schulden anhäuft, aber ihr wenigstens keine Vorschriften macht, noch ihr körperliches Leid zufügt. Der Ich-Erzähler weiß ob der Entbehrungen, versteht die Härte, doch eine gewisse Distanz, je älter er wird, ergibt sich. Er will und kann bei aller Liebe nicht dem Männerbild entsprechen, das seiner Mutter für ihren Sohn vorschwebt.
Deine Worte waren der Beweis, dass der Mensch der Erde ähnelt, auf der er geboren ist. Da, wo wir gerade waren, hatte diese Art der Sensibilität keinen guten Ruf, der Mann war ein Mann. So war die Regel der Steppe. Um ein Kalb zu weinen, gehörte sich nicht, es war mehr als peinlich. Die schonungslose Natur, die Selbstgefälligkeit der Steppe hatte auf dein Wesen abgefärbt. Vielleicht warst du immer schon so gewesen und ich hatte es aus Liebe ignoriert. So hatte ich vielleicht mich, meine Liebe zu dir, dich, das Bild meiner Mutter schützen wollen. Aber dieses Mal konnte ich den Riss nicht verhindern, der Riss lag breit und hilflos wie die Kuh zwischen uns.
Der Ich-Erzähler, Dinçer, geht einen eigenen Weg. Er arbeitet, bildet sich, setzt sich dem Kultur- und dem Arbeitsbetrieb aus, arbeitet wie seine Mutter nahe an der totalen Erschöpfung, aber hat einen Traum. Der Berichterstatter möchte sich selbst finden, sich selbst entsprechen, keinen fremden Vorstellungen hinterher rennen. Er wird Dichter, findet seine eigenen Worte, seine eigenen Bilder, die ihn bekräftigen seinen, aber auch den Weg der Mutter, der Großmutter, fortzusetzen:
Wie Großmutter vor Jahren auf einer Pferdekutsche alles an Heimat, Besitz, Beziehungen verloren hat, das Gleiche wünsche ich mir. Wie du dich nach deiner Einreise in Deutschland verloren gefühlt hast, so will ich mit meiner Geschichte auch beginnen. Ich möchte allen fremd bleiben, die von Sicherheit reden, für diese Welt habe ich keine Zugehörigkeit übrig.
Dinçer Güçyeters Unser Deutschlandmärchen erzählt diesen Werdegang, die Vorgeschichte zu der eigenen Geschichte des Ich-Erzählers.
Ich wollte meine Gedanken, Gefühle so formulieren wie Dinçer, alles vergessen und etwas Neues erfinden. Hier kommt die Dichtung ins Spiel. Dazu werde ich später schreiben, vielleicht auch nicht …
Stil/Sprache/Form:
Unser Deutschlandmärchen ist kein Roman. Dass alles, was Prosa ist, auch Roman heißt, verfehlt das narrative, sich bindende, hermetische Element eines Romans. Ein Roman setzt eine eigene Welt, die ihr eigenes, selbstreferenzielles Zentrum besitzt. Güçyeters Text gleicht eher einer Performance, einem Skript, einem Bühnenstück. Es lässt sich als Theateraufführung lesen, mit vielen verteilten Stimmen, mit Tanz, mit Gesang, mit Dichtung, Saus und Braus. Die Kapitel umfassen stets nur wenige Seiten. Sie werden durch Fotos aufgelockert. Es gibt Gedichte mittendrin, und auch der Druck wechselt vom horizontalen zum vertikalen Satz, so dass das Buch beim Lesen gedreht werden muss. Hier zeigt sich, dass Güçyeter mit seinem Medium arbeitet. Er wühlt darin herum. Er kompiliert, persifliert, kollagiert wie die Muse es ihm eingibt:
die Kälte der Bahnhöfe: die verrostete Schere
die glimmende Zigarette: die rebellierende Heftnaht
die tagträumenden Waggons: die hinterlassene Nabelschnur
hier beginnt die Erkundung einer neuen Sprache
hier häutet sich das gezupfte Gedicht einer Taube …
Diese Form der unterbrochenen, ihrer Hermetik beraubten Prosa erinnert an Roschals 153 Formen des Nichtseins, die jedoch anders als bei Güçyeters ganz in der Prosa verbleibt und niemals lyrisch wird. Das Aufbrechen der Hermetik geschieht in beiden Fällen aber aus dem geteilten Wunsch nach einer unmittelbaren Öffnung zum Neuen und Ungewohnten hin. Die Glaskugel der Selbstinspektion soll durchbrochen, das ewigwährende, sich reproduzierende Spiegelbild des Spiegelbildes unterbrochen werden. Ein gewisser Ruf der Wildnis durchraunt diese Zeilen.
Fatmas Augenbrauen spielten wie Geigensaiten eine Melodie für die gerade erst ausgebrochenen Stoppeln. Ihre Geschichte verbarg eine blutende Liebe, die sie seit Jahren unter ihrer Seidenhaut trug, ihre Lieder hörte man aus dem Radio in der Nacht. Zwischen den Gardinen sah man sie tanzend vor dem Spiegel, in einer Hand das Anisglas, in der anderen die Scherben einer verlorenen Verbundenheit.
Die Wortwahl, die Rhythmik, die Allegorien und Metaphern, die Güçyeter verwendet, entstammen einer sehr eigenen Erfahrungswelt. Hochkulturelle Themen und Arbeiterslang vermischen sich. Das kurze, hiatushafte Atmen formt eine eigene Epopöe. Unser Deutschlandmärchen lässt sich also als eine moderne Odyssee verstehen und lesen, die dem Brachialen, Ungeschlachten, ohne mit der Wimper zu zucken, in die Augen zu sehen vermag. Das Wilde, Nackte erscheint aber im Gegensatz zu Kim de l’Horizons Blutbuch nicht gewalttätig, abschätzig. Schon die Form differenziert diese ansonsten sehr ähnlichen Bücher komplett voneinander. In Blutbuch heißt es über die Großmutter und Mutter:
Ich wusste immer, dass du und Meer Monster seid, auf der Suche nach einem Ort, wo ihr eure Samen, eure Sämlinge hineinlegen könnt. Ich wusste immer, dass ich eine Tasche bin, ein Aufbewahrungsort, das ist meine Aufgabe hier. Ich wusste es nicht in diesen Worten natürlich, ich wusste es mit der Meersprache, bevor ich es verstand. Der Satz »Du bisch es Möbu« sagte es mir. Ich wusste, dass du Magie kannst, und wenn ich dich nicht genug liebte, würdest du mich zum Verschwinden bringen. Du würdest mich winzig machen und in eins deiner Truckli stecken, und dort würde ich zur Leere werden.
Kim de l’Horizon aus: “Blutbuch”
Kim de l’Horizon schreibt in einfachen Hauptsätzen, die stets mit „Ich“ beginnen. Das Ich steht in keinem wirklichen Kontext zu den Angeredeten, und es reiht in reduzierter Syntax, über die Angst, nur die Fortsetzung, nur ein Abkömmling der Mutter und Großmutter bleiben und sein zu müssen. Die Angerufenen werden jedoch nicht involviert. Sie werden auf Distanz gehalten, was im Vergleich zu Güçyeters Schreibstil mehr als deutlich wird:
Tu mir das nicht an, Mutter … Siehst du nicht, ich liege hier wie ein müdes Tier und höre das Brennen der Wälder, überall brennt es … Bitte, Mutter, tu mir das nicht an … Siehst du nicht das Geschwulst der Vergangenheit auf meinem Rücken, die Schnittwunden auf meiner Brust, wie lange soll ich das noch mit mir tragen? Ich wollte dich verstehen, ich wollte dir näherkommen und fiel dabei immer tiefer in den Brunnen, so tief, dass manchmal kein Lichtstreifen mehr zu sehen war. Dich wollte ich entlasten, nun spüre ich eine Fracht in mir, die unmöglich zu tragen ist.
Der Unterschied könnte nicht größer sein. Güçyeter schreibt über eine Szenerie, einen brennenden Wald, in welchem sie beide sind, seine Mutter und er. Er geht auf sie ein, will sie entlasten und wird in seinem Schmerz und seiner Hoffnung über die Worte zu neuen Bildern getragen. Bei Kim de l’Horizon bleibt es reine Anrede, wörtliche, trennende Paraphrase eines Vorwurfes. Bei Güçyeter gibt es das Licht, das Hoffnung birgt, den Versuch, die Vergangenheit gemeinsam wie ein neugeschaffener Atlas von den Schultern zu werfen.
Blutbuch und Unser Deutschlandmärchen behandeln dieselben Themen: Sozialer Aufstieg, Unterdrückung, sexuelle Differenz und Diversität sowie Fremd- oder Kultursprachenerwerb, das Anderssein im Gleichsein, wobei Blutbuch den Gesprächsabbruch sucht und deshalb in eine für die Mutter und Großmutter fremde Sprache wechselt (Englisch). Unser Deutschlandmärchen strebt dagegen die Nähe an, stellt dem Verständnis und dem Schweigen Fotos und Gedichte zur Seite. Güçyeter bleibt in seinem emanzipatorischen Verdichtungsversuch durchweg der Mutter gegenüber empathisch:
Du hast deine Sehnsüchte immer in Schweigen gehüllt, hast gedacht, so könnte dich niemand durchschauen, niemand verletzen. Du siehst, nach Jahren versucht dein Sohn, aus deinem Schweigen Literatur zu machen, grübelt, wütet, sucht, verliert …
Kommunikativ-literarisches Resümee:
Neben den bereits genannten offensichtlichen Anknüpfungspunkten gibt es vielleicht noch eine weniger auf der Hand liegende Nachbarschaft von Güçyeter Unser Deutschlandmärchen, nämlich der 1908 erschienene Roman Martin Eden von Jack London. In diesem Buch arbeitet sich, Martin Eden, ein aus der Arbeiterschicht stammender Matrose in die Welt des Kulturbetriebes auf und erlebt auf dieser Reise Hoffnung, Glanz, Enttäuschung und Desillusion. In einer Schlüsselszene sagt Martin zu seiner Verlobten Ruth:
Zwing mich dazu – mach mich wie die andern Männer, laß mich dieselbe Arbeit wie sie tun, dieselbe Luft wie sie atmen, ihre Ansichten teilen, und du hast den Unterschied ausgelöscht, hast mich zerstört, hast das zerstört, was du liebst. Der Wunsch zu schreiben ist der innerste Nerv meines Wesens. Wäre ich nichts als ein Lehmklumpen, so hätte ich nicht den Drang zu schreiben, und du hättest mich nie zum Mann haben wollen.
Jack London aus: “Martin Eden”
Wie Dinçer in Unser Deutschlandmärchen wird Martin erfasst von der wunderbaren Kraft des Schreibens, der befreienden jubelnden Energie der Literatur:
Und da kam, in Glanz und Pracht, der große Gedanke. [Martin] wollte schreiben. Er wollte eines der Augen werden, durch die die Welt sah, eines der Ohren, durch die sie hörte, eines der Herzen, durch die sie fühlte. Er wollte schreiben – alles – Poesie, Prosa, Romane, Beschreibungen und Dramen, wie Shakespeare sie geschrieben hatte.
Jack London aus: “Martin Eden”
Für Martin Eden endet der Erfolg im Misserfolg. Die Welt der hohen Kulturwelt enttarnt sich als heuchlerisch und verlogen. Was einmal als schlecht empfunden wird, ist plötzlich weltbewegend neu und auf dem nächsten Niveau; was einmal als nichtig abgeurteilt wird, ist aus unerfindlichen Gründen von horizonterweiternder Bedeutung. Die Liebe zu Ruth zerbricht, und Martin Eden geht auf eine Weltreise, von der er nicht mehr zurückkehrt. Der Ich-Erzähler aus Dinçer Güçyeters Unser Deutschlandmärchen heftet seinen Blick dagegen auf das unaufhebbar Neue. Er schreibt:
So, Mutter, lernt man, dass innerhalb von Minderheiten wieder andere Minderheiten existieren. Zwischen Friedenssprüchen, Predigten versteckt sich hinter dem Zaun wieder ein neues Gefecht, eine andere Art der Unterdrückung, Unterwerfung. So verstehst du, dass du allein geboren bist, allein sterben wirst. Deshalb sucht du weiter nach deiner eigenen Sprache, denn nur mit Hilfe der Sprache wirst du dich retten können.
Dinçer lässt sich, anders als Martin Eden, seine Sprache nicht durch Politik verderben. Er spricht, dichtet frank und frei wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Dieser Optimismus durchweht Unser Deutschlandmärchen von Anfang bis Ende; der Optimismus einer Sprache, die nicht zu wachsen und tönen aufhören kann und vom Land der Utopie in Versen spricht.
tl;dr … eine Kurzversion der Lesebesprechung gibt es hier.
Nächste Woche am 20. Juni 2023 auf Kommunikatives Lesen:
Bespreche ich Eugen Ruges neuesten Roman Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna.
Eine Kurzversion der Besprechung und noch andere aktuelle Kurzrezensionen findet sich vorab bereits hier.
Ganz herzlichen Dank für diese feine, tiefe Besprechung. Ich habe mir erlaubt, sie zu teilen. Herzliche Grüße, Wolfgang
Das freut mich sehr. Noch mehr hat mich die Lektüre gefreut. Möge “Unser Deutschlandmärchen” ein zahlreiches Publikum finden. Es hat sehr verdient. Viele Grüße und nochmals Danke!
Vielleicht gibt es das Buch ja schon in der Bibliothek. Es klingt nach einem sehr inspirierenden Buch
Die Aneinanderreihung in dem Zitat erinnert an Reimann. Dieses Ablichten des Moments
Diese Tätigkeitsbeschreibungen in der Fabrik besitzen Ähnlichkeit – Güçyeter schreibt aber roher, stärker ins Unmittelbare, härter. Reimann besitzt mehr Abstand, Melodie. Es sind schon sehr andere Bücher – ich habe viel Theater, viel Performance, viel Tanz in “Deutschlandmärchen” gespürt und gelesen, allein der Umstand, dass Dialoge, Fotos mit dem Text sich mischen, zeigt, dass es sich eher ein multimediales Kommunizieren handelt. Reimann dagegen beschränkt sich aufs Verdichten und rein Sprachliche. Dennoch, diese Stellen ähneln sehr. Das stimmt.
Danke für diese überzeugende Leseempfehlung, Alexander. Nicht nur eine, die des “Deutschlandmärchens”, sondern als zweite auch Jack Londons “Martin Eden”, der sich bisher vor mir versteckt hat. Die Liste der zu lesenden Bücher wächst schneller als ich lesen kann, auch dank deiner tollen Rezensionen.
Das freut mich sehr. “Martin Eden” von Jack London lohnt sich sehr, aber aus meiner Sicht ist es ein Buch, das ich am Strand, im Urlaub, in der Fröhlichkeit, in einer blühenden Stimmung lesen würde, denn es ist ein harter Brocken. Ein sehr harter. Das Bild, das dort von der “gehobenen” Gesellschaft gezeichnet wird, zieht einen sehr herab. Ich las es mit Grippe im Bett, mitten im dunklen schlotternden Winter und war auf Jahre von diesem Buch mitgenommen. Brilliant in seiner Intensität, aber Vorsicht! “Deutschlandmärchen” baut auf! Ich empfehle es aus ganzem Herzen!
Theodore Dreisers “Eine amerikanische Tragödie” von 1925 fand ich ähnlich düster und erschütternd. Auch die Geschichte eines gescheiterten Aufstiegs.
Ich habe es mir als “zu lesen” angemerkt. Danke für den Tipp. Dreiser habe ich nur von gehört, am Rande, habe gar keine klare Vorstellung, eher in Richtung Sinclair und Babbit verortet. Bin gespannt!!
“Die amerikanische Tragödie” bezieht sich stärker auf die moralische Verantwortung des Einzelnen, obwohl die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch sehr deutlich zum Tragen kommen. Vielleicht unterscheidet es sich in diesem Schwerpunkt von Sinclair.